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»fort mit dem schritt« – tomas schmit

Kulturbuch | S.D. Sauerbier: Revue-Rendez-vous – Korrespondenzstück

Revue Rendez-vous. Ein Korrespondenzstück – gelesen von DIDIER CALME

Cover»Fluxus«, was das denn überhaupt sei, fragte in einer städtischen Kunsthalle während einer sich um die Moderne drehenden Gesprächsrunde unlängst eine Mittdreißigerin. Unter dem überwiegend jüngeren Publikum herrschte allgemeine Ratlosigkeit. Da meldete sich wie aus dem Jenseitigen die Stimme eines Präachtundsechzigers, die klang wie die des Fluxers Robert Watts:

»Das Wichtigste an Fluxus ist, daß niemand weiß, was es ist. Es soll wenigstens etwas geben, das die Experten nicht verstehen.« Des Geistes Stimme ergänzte noch: Er sehe Fluxus, wo er auch hingehe.

Das könnte zum Beispiel der am Straßenrand installierte digitale Großbildschirm sein, auf dem Partnerschaftsvermittler um die Gunst von Kunden buhlen, indem sie Heraklits in Kontaktanzeigen gerne verknappt zitierte Feststellung ›Pantha rei‹ oder auch ›Alles fließt‹ zu Hilfe nehmen.

Fluxus persifliert allerdings weniger den schnöden Alltag, als dass diese Gattung zeitloser interdisziplinärer Kunst direkt auf den bisweilen bitteren Ernst des Lebens verweist. Die Epoche der Romantik schwingt dabei mit: ›Kunst ist Leben, Leben ist Kunst‹. Den Romantikern zuzuordnen ist auch der in den politisierten und polarisierenden Zeiten der Achtundsechziger geradezu verfemte Begriff ›L’art pour l’art‹. In der Übertragung ins Deutsche kam der häufig missverständlich an, da ihm mangels historischer Differenzierung allein die Bedeutung einer Kunst um der Kunst willen zugeschrieben worden war. Den damit unverbrüchlichen Zusammenhang mit dem Leben klammerten die politisierten Interpretatoren einfach aus.

1993 erschien im ›Laubacher Feuilleton‹, einer nach fünfjährigem Erscheinen 1996 eingestellten ›Vierteljahreszeitung‹, ein Aufsatz titels ›Die Gemeinschaft der Künstler und die Gemeinschaftsarbeiten in den Künsten‹. Autor war S. D. Sauerbier, der von 1993 bis zu seiner Emeritierung 2007 an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee unter anderem Wahrnehmungstheorie sowie die Lehre von den Zeichen, die Semiologie, unterrichtete. Mit Auslöser dieses Essays war die seinerzeit heftig aufflammende Diskussion um ein geeintes, vereintes Europa. Zuvor war die Mauer zum Ostblock gefallen, während man in Südspanien nahezu gleichzeitig einen neuen Wall zu errichten begann, hier gegen vermeintliche Wirtschaftsflüchtlinge aus Afrika. Zeitgleich wurde die Globalisierung – wahrhaftig nicht die erste dieser Erde, aber wohl die zum ersten Mal tatsächlich, weil in den wirtschaftlichen Folgen auch für den den einzelnen Arbeitnehmer deutlich spürbare, auch für den sogenannten Otto Normalverbraucher exorbitant wahrgenommene – bzw. deren Expansionstreiben heftig debattiert; dass es sich dabei lediglich um eine neuerliche internationale Vereinheitlichung des Mehrwertgedankens handelte, wurde weniger erörtert. Sauerbier führte, gleichwohl in einer für die Zeit und diese Art typischen ironischen oder auch teilweise polemisierenden Diktion, den Nachweis, innerhalb der Künstler habe sich eine solche Gemeinschaft längst formiert, dabei allerdings ohne jedes wirtschaftliche Bestreben; der sich seinerzeit entwickelnde, ab den achtziger Jahren über die Ufer tretende, ähnlich den Finanzgeschäften kaum mehr zu kanalisierende Kunstmarkt wurde ausgeklammert, als schlichtweg nicht existent erachtet.

DCF 1.0»Hier bin ich Mensch?« zweifelte Sauerbier vor gut zwei Jahrzehnten, an der nordafrikanischen Küste sitzend, gen Europa blickend. »Dieselben Kulturbürger und -träger regen sich unziemlich über Muslime im eigenen Land auf, über verschleierte Frauen: ›Die haben sich gefälligst anzupassen!‹ Sie tragen ihre nackten, schwangeren Bierbäuche spazieren und lassen am Strand ihre Busen baumeln. ›Hier bin ich! Mensch!‹«
[…] Da doch schon unsere Ziffern, Bezeichnungen wie Alkohol oder Alchimie arabischen Ursprungs sind, haben es aber die Ölscheichs in Kuwait und in Libyen, Saudi-Arabien und den Vereinigten Emiraten versäumt, uns mit neuerer arabischer und islamischer Kultur vertraut zu machen. Die Scheichs besitzen riesige Anteile an unserer Wirtschaft – nehmen aber keinen Anteil an unserem kulturellen Volksvermögen mehr.
[…] ›Die Hölle – das sind die anderen‹, heißt es bei Jean Paul Sartre. Doch soll uns das nicht als Ablassspruch dienen. Einwohner der BRD als Nachfolgestaat der Schutzmacht des faschistischen Ustascha-Regimes – diffamiert man Deutsche heute von der anderen Seite.
[…] Nation Europa hieß eine rechtsextreme Zeitschrift, unverschämt kryptofaschistisch. Ich erinnere mich an eine Kritik der II. documenta – als wenn in Kassel ›entartete Kunst‹ ausgestellt worden wäre! Sollte denn eine solche Ideologie die Zukunft Europas bestimmen?!

Ende der fünfziger Jahre gab es allerdings auch andere ideologische Positionen zu Europa. Auf dem Programm stand nicht gerade der common nonsense und das ungesunde Volksempfinden der Abendländler.

Durchdringung und Aneignung von Kulturen führten zu Internationalismus und zugleich Regionalismus. Konkrete Poesie in Schwyzerdütsch und Lautgedichte in Wiener Mundart, heute Rockpoesie auf Kölsch … Das Zusammenfließen sehr unterschiedlicher Strömungen zeigte sich in Übertragungen, Verknüpfungen und Anschlüssen von Kontexten.

Nach dem Niedergang des internationalen Stils, nach der Reise in die Innerlichkeit kam es Ende der fünfziger Jahre zu verstärkter Hinwendung zur sozialen Realität. Eine veränderte Auffassung von Wirklichkeit war festzustellen bei ›Nouveau Réalisme‹, ›Zero, Fluxus‹, ›Pop art‹, ›Konkreter Kunst‹, ›Conceptual art‹ … Damit sind nun gar keine gegeneinander abgeschotteten ›Firmen‹ markiert, wo die Künstler liberale Kumpaneien, ›Banden‹, bildeten. […]«

DCF 1.0Auf den wechselseitigen Austausch unter Künstlern verweist SDS, wie er zu und aus Zeiten der sozialrevolutionären Jahre des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes logischer- oder auch konsequenterweise fortan genannt wurde, der finde heute, damit ist 1993 gemeint (!), so selten statt – der Markt isoliere die Künstler. Und das tut er rund zwanzig Jahre danach noch sehr viel erheblicher; Willi Bongards seinerzeitige, im Wirtschaftsmagazins ›Capital‹ seit 1970 umgesetzte Erfindung ›Kunstkompaß‹, einer Art jährlicher Hitparade oder auch neuerdeutsch Ranking der weltweit auf Auktionen und sonstigen Verkäufen preislich höchst bewerteten Arbeiten zeitgenössischer Kunst, findet heutzutage kaum noch explizite Erwähnung. Kunst kommt ohnehin längst von Kaufen. Seit Langem bieten sogenannte Kunstfonds, selbstverständlich unter Beteiligung von Banken, garantierte Wertsteigerungen beim Erwerb der ›Aktie an der Wand‹.

»Etliche Amerikaner informierten sich Ende der fünfziger Jahre«, so Sauerbier weiter in seinem Aufsatz von 1993, über die Internationale der Künstler, »eingehend über die Poesie des Konkretismus (der Name des Tirolers Heinz Gappmayr taucht in den Notaten des Fluxus-Künstlers George Brecht um 1958 auf).« Die verändere die Auffassung vom tätigen, produktiven Leser/Betrachter, die konkretistische Poesie finde sich beispielsweise in den Stücken der konzeptuellen Kunst wieder.

»Die Amerikaner eigneten sich europäische Philosophie an (Sätze, Aussagen, Theoreme«, etwa die von Ernst Mach, seien zu Stücken des Fluxers Robert Barry geworden. Die Hinwendung zur low and popular culture, der Massenkultur, beeindrucke und beeinflusse nicht wenige europäische Künstler.

»Selten gehörte Musik führten als Gemeinschaftsstücke Wiener Aktionskünstler und -poeten auf, Kumpaneien wie die von Roth, Rainer, Wewerka und Hamilton produzierten gemeinschaftlich.«

In den Künsten setzte sich durch Verknüpfung, Zusammenarbeit, Gleichberechtigung der Arten und Gattungen Internationalismus und Vielsprachlichkeit durch – gegen die Vorherrschaft stilistischer Muster, die später aber ungemein erfolgreich von Handel und Vermittlung zu ›Trends‹ hochstilisiert wurden.

»Viele Fluxus-Stücke waren so angelegt«, so SDS vor zwanzig Jahren weiter, »daß sie in einer Sprache nach Wahl ausgeführt werden konnten, wie ›Alphabet Symphony‹, ›Son of Man Trio‹ von Emmett Williams.

Etliche Montagen der Wiener Gruppe sind Gemeinschaftsarbeiten, nahmen zum Beispiel ein Lehrbuch der tschechischen Sprache als Material.

Revue deux600Nicht selten gab es auch Missverständnisse, die dann aber produktiv genutzt wurden; und besonders interessant waren, wenn sie rückübertragen wurden. Der Witze-Dichter Ernst Jandl verfertigte Zwangsübersetzungen: Den Wortlaut gesprochener englischer Wörter schrieb er als deutschen Text auf. Viel-Sprachen-Dichtung sind Hans G. Helms‘ triparametrische Texte, die bereits einen Mehrsprachen-Titel tragen: ›Fa:m Ahniesgwow‹, erschienen 1959. Das Material besteht aus zwei als einem Dutzend (nicht-)europäischer Sprachen – von ›freien‹ Assoziationen des Lesers/Hörers noch ganz abgesehen. Komponiert ist das Werk in den Parametern Phonematik, Graphematik und Semantik. J. M. Kraußes Dichtmaschine ›Poetor‹ ist in Teil-Programmen auch für andere als die deutsche Sprache eingerichtet; er verwendete eine japanische Spielkarten-Mischmaschine. Dichtapparate von George Brecht, ›Universal Machines‹ genannt, sind für prinzipiell alle möglichen Sprachen angelegt. Zur Abschaffung der Sprache hat schon Jonathan Swift interessante Vorschläge gemacht.

In Objekt-Gedichten seit Ende der fünfziger Jahre wurden Dinge an die Stelle von Sprache gesetzt. Ein Gleiches geschieht in Ereignis-Gedichten etlicher Fluxus-Künstler, die Events notierten – sie konnten ebenso wohl (nach-)gelesen, als Ereignis aufgeführt oder in den Aggregatzustand von Objekten dargeboten werden. »Vor Gebrauch gut schütteln«, empfahl Tomas Schmit für seine Gedichte in Gläsern. Eventual-Poesie nannte ich jene potentielle Dichtung, die erst vom Seher/Hörer/Leser/Zuschauer/Ausführenden … realisiert wird oder bloßes Material bleibt.

Revue deux sing550bEntgegen der konservativen bis reaktionären, rückwärtsgewandten Position, die beansprucht, Geschichte gepachtet zu haben, ging es der Avantgarde ums Wachhalten von Erinnerung an historische, aber immer noch nicht erfüllte Forderungen des revolutionären Bürgertums seit 1789 über 1848 bis zur Commune 1871. In der Schrift ›Die Mission der Kunst und die Rolle der Künstler‹ erhob der utopische Sozialist La-Verdant die Einheit von künstlerischer und politischer Aktion zum Programm. Ist denn die Kunst etwa Wirklichkeit geworden? Ganz gewiss – jedoch anders als im Sinne der hehren Absichten von Fluxus.

Widerspruch will ich einlegen gegen eine Auffassung, die weisgemacht hat, wir lebten jenseits oder nach der Geschichte. Das Pendant ist falsche Unmittelbarkeit – vorgespiegelt wird, diese Utopie sei tatsächlich erreicht, wo es Identität gar nicht geben kann –, es sei denn, Geschichtsbewusstsein ist uns abhandengekommen.

Wer mit dem Kopf durch die Wand will, landet nur in der nächsten Zelle. Aus der Geschichte kann man nicht aussteigen, ebenso wenig wie aus seiner Sprache, in der ja Geschichte sedimentiert ist. Ein Gleiches gilt für die Kunst: Wir sind Teil der geschichtlichen Welt – wie könnte man einen Standpunkt jenseits der Geschichte beziehen? Wir befinden uns nicht jenseits des Schaufensters. Der Künstler steht wie wir alle mitten darin, er ist zugleich Teil und Betrachter von Geschichte, zudem bezieht er Position zur Geschichte in seiner Arbeit.

In seinem wichtigen Beitrag zur ›verbesserung von mitteleuropa‹ hat Oswald Wiener einen Automaten entworfen, der an die Stelle des Staates tritt und die Wirklichkeit ersetzt.

Pendant und Komplement dazu: Max Stirners Programm ›Der Einzige und sein Eigentum‹ wurde von Konrad Bayer zu Ende gedacht, dem früh von eigener Hand geendeten Individualanarchisten bester Güte: Bayer proklamierte den Ein-Mann-Staat. Schwierigkeiten sah er vorerst allein in der Außenpolitik.

»Seid in der Zeit! Seid statisch!« lautete die Devise von Jean Tinguely auf einem Flugblatt, das er über Düsseldorf aus dem Flugzeug abgeworfen hat. Nun glauben wir aber an Fortschritt nicht mehr. »fort mit dem schritt!« – Tomas Schmit. Wir können ja nicht gerade behaupten, wir lebten in einer Europa-Euphorie. Vieles spricht da eine ganz andere Sprache.

DCF 1.0Kunst gilt als gesellschaftliches Gedächtnis, sinnlicher Erfahrungen und Wünsche, Hoffnungen und Forderungen, als Wertspeicher von ideellem gesellschaftlichem Reichtum. Erschreckend ist, wie wenig Ahnung, wie viel Vorurteil und unbegründete Deutung ohne Kenntnis und Wissen mit Kunst befasste Leute haben – nicht nur unsere Twens, ob nun mit freier oder angewandter, unfreier oder abgewandter Kunst, mit Planung und Entwurf befasst – sowohl in Bereichen von europäischer, nicht-deutscher oder gar afrikanischer, asiatischer zeitgenössischer Künste. Dem entsprechen Dumpfheit der Erfahrung oder Stumpfheit der Wahrnehmung, von Erlebnisäußerungen zu Ausdeutung und Urteil – sowohl was Zeit, Raum, Form, Gestalt, Inhalt und deren Geschichte angeht. […]«

In den sechziger Jahren stand Sauerbier mit den meisten Fluxus-Künstlern weltweit in Kontakt, es entstand ein reger Austausch, der keinen Unterschied zuließ zwischen Kunst und Alltag. Das für die Gattung Fluxus beispielhafte, für diese (Nicht-)Disziplin durchaus als typisch zu bezeichnende Projekt ›Revue Rendez-vous‹ wurde, so Sauerbier in seinem gleichermaßen theoretischen wie unterhaltsamen Vor- bzw. Nachwort, »1965 begonnen, 1966 ausgeführt. Nachzügler kamen noch im folgenden Jahr. 1967 habe ich die Korrespondenz beendet. Bisher wurde das Projekt unvollständig, verstreut und in Teilen veröffentlicht, nur Auszüge und Entwürfe waren in etlichen Ausstellungen zu sehen.« Die Dokumentation dieses ›Korrespondenzstücks‹ ist inzwischen unter dem Titel ›Revue Rendez-vous‹ in einer beeindruckend gestalteten, haptisch-sinnlichen Ausgabe aus dem Haus der Leipziger Hochschule für Buch und Gestaltung erschienen.

Achtzehn Künstler sollten seinerzeit Fragen – an sich selbst – stellen, die wiederum zu beantworten waren von anderen Fluxern; und es gab kaum einen der teilweise auch heute noch, besser vielleicht: Mittlerweile am Kunstmarkt preislich hochgehandelten Artisten, der sich ihnen nicht zugehörig fühlte. Manch einer lieferte Bögen ab, die eine gedankliche Verbindung an den Fragenkatalog von Marcel Proust zulassen, der über lange Zeit von einer führenden deutschen Tageszeitung benutzt wurde, die für sich selbst damit warb, dahinter stecke immer ein kluger Kopf. Im Lauf dieser im einzelnen wie unterhaltsames Geplänkel wirkenden Korrespondenzen sandten die Künstler Sauerbier Postkarten, Briefe oder einfach nur Zettel zu, nachzulesen bzw. anzuschauen im hochwertig ausgestatteten Mittelteil des Buches. Daniel Spoerri etwa notierte auf einem winzigen Blatt: »Beweismaterial über langes Nachdenken. Bitte wegwerfen.«

DCF 1.0Oswald Wiener, Autor des legendären Buches ›Die Verbesserung von Mitteleuropa‹ und in den siebziger Jahren vor der Obrigkeit nach Berlin geflüchtet, telegrafierte aus der österreichischen Hauptstadt in die seinerzeit ehemalige deutsche: »Frage: Ich bin Bundesbahnpensionist und möchte nach Ostdeutschland fahren. Wo muß ich mich hinwenden, um die mir zustehende Fahrpreisermäßigung zu erhalten.« Nonsense – aber wahrhaftiger. So fordert der Südkoreaner Nam June Paik in deutscher Sprache dazu auf, eine Partei gegen die Politik(er) zu gründen. (Inform von gar erschröcklicher Satire – siehe den Untergang des unsinkbaren Luxusdampfers namens ›Titanic‹ bzw. der nach ihr benannten Zeitschrift, deren einstiger Chefredakteur Martin Sonneborn mittlerweile einen Sitz im Parlament der Europäischen Union innehat – realisiertes Utopia?) Collagen, Malereien, Typoskripte, Zeichnungen – unalltägliche Kleinodien des täglichen, immer irgendwie politischen Lebens aus einer Zeit, in der es das soziale Netzwerk, die Community auch ohne Internet längst gab. Man schickte sich eben, wie S(amuel) D(ietrich) Sauerbier diese Kommunikationsform gerne bezeichnet: »mundgemalte Postkarten«.

Als eine solche, als ein eben nichtdigitales Kleinod ließe sich ›Revue Rendez-vouz‹ bezeichnen. Falls trotz ergiebiger Lektüre Fragen unbeantwortet bleiben sollten, gilt zu bedenken:

»Das Wichtigste an Fluxus ist, daß niemand weiß, was es ist. Es soll wenigstens etwas geben, das die Experten nicht verstehen.«

| DIDIER CALME

Titelangaben
Revue-Rendez-vous. Korrespondenzstück
Vor- bzw. Nachwort sowie biografische Hinweise in deutscher und englischer Sprache
Leipzig: Institut für Buchkunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, 2013
264 Seiten, 34 Euro

Reinschauen
Eine kürzere Fassung dieses Textes ist zuerst erschienen in der Leipziger Volkszeitung vom 11.08.2014:

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