Ferienprogramm

Kinderbuch | Michele Weber Hurwitz: Wie ich die Welt in 65 Tagen besser machte

Die Sommerferien gestalten sich für Nina nicht besonders spannend. Irgendwie ist alles anders, als es sein sollte – bis sie eine Idee hat. Spontan, ein bisschen verrückt und mit ungeahnten Folgen. Von ANDREA WANNER

WeltWahrscheinlich sind Sommerferien keine ganz einfache Zeit, wenn man gerade dabei ist, ein Teenager zu werden und die bisher beste Freundin plötzlich Mode und Jungs im Kopf hat. Nina ist noch kindlicher und verträumter, auf der Suche nach ihrem Platz im neuen Leben, das sich offensichtlich um andere Dinge drehen soll als das bisherige. Und dann geschieht etwas eigentlich ganz Banales: Nina beobachtet die Nachbarin, wie die an Krücken humpelnd vergeblich versucht Ringelblumen zu pflanzen. Und weil Nina nichts Besseres zu tun hat, übernimmt sie den Job. Ungesehen und heimlich. Und freut sich an der Verblüffung von Mrs Chung.

»Das ist der Anfang von allem«

So startet ein 65-Tage-Programm, an dem Nina jeden Tag eine gute Tat vollbringen will. Weit entfernt von jeglicher Pfadfindermoral ist Ninas Interesse an den Veränderungen geweckt, die ihr heimliches Tun mit sich bringt. Zunächst beschränkt sie ihren Einsatz auf die Nachbarschaft, weitet ihn dann auf die Familie und das schulische Umfeld – das, da ja Ferien sind, auf einen Sommerkurs an der neuen Schule beschränkt bleiben muss. Was also geschieht, wenn man jemandem mit etwas Nettem überrascht? Die Reaktionen sind ganz unterschiedlich, reichen von Staunen und Verwunderung über Ärger bis zu Verschwörungstheorien. Das Gute: Die Nachbarn kommen ins Gespräch. In der eigenen Familie mit den viel beschäftigten Eltern und dem Bruder, mit dem Nina schon ewig nicht mehr richtig gesprochen hat, kommen Dinge in Bewegung und auch sonst passiert so manches, mit dem nicht unbedingt zu rechnen war, eine zarte Liebesgeschichte eingeschlossen.

Michele Weber Hurwitz fängt den Sommer in ihrer Geschichte ein. Ihr gelingt ein amüsantes Porträt unserer Zeit und dem Nebeneinanderher von Menschen, die sich nicht wirklich wahrnehmen. Was wäre wenn? Was wäre, wenn jemand wie Nina einfach mal ausprobieren würde, was selbst gebackene Kekse, aufgeräumtes Spielzeug, ein Luftballon mit einem Smileygesicht darauf oder auch nur ein einfaches Lob bewirken können? Bei Nina Erstaunliches. Die Einzige, die sie nicht so ganz mit auf dem Plan hat, ist sie selbst. Ausgerechnet sie profitiert aber am allermeisten. Aber auch das ist bei genauer Betrachtung nicht so sehr merkwürdig. Der Mut, den sie in ihre Taten steckt, lohnt sich für alle und macht die Welt um Nina herum ein kleines bisschen besser. Und wahrscheinlich braucht man für so ein Projekt nicht mal unbedingt die Sommerferien.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Michele Weber Hurwitz: Wie ich die Welt in 65 Tagen besser machte
(The Summer I Saved the World … in 65 Days, 2014)
Aus dem Amerikanischen von Angelika Eisold Viebig
Frankfurt: Sauerländer 2014
302 Seiten. 12,99 Euro
Kinderbuch ab 10 Jahren

Reinschauen
| Leseprobe

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Politik macht’s genauso

Nächster Artikel

Berliner Graffiti

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Sommermärchen

Kinderbuch | Rusalka Reh: Sommer auf Balkonien Sommer, Ferien, in fremde Länder reisen, das scheint längst die unvermeidliche Verknüpfung dreier Faktoren. Zuweilen geht es nicht ganz so glatt. Zwar ist Sommer und die Kinder haben Ferien. Doch das Verreisen fällt aus. Was soll man da anfangen? Mit ein wenig Fantasie entdeckt man ein fremdes Land gerade jenseits der Balkontür. Rusalka Reh erzählt in ›Sommer auf Balkonien‹ ein Sommermärchen und damit zugleich eine ganz wahre Geschichte. Von MAGALI HEISSLER

Warmherzige Geistergeschichte

Kinderbuch | Katarina Genar: Der rubinrote Mantel Herbstzeit – Gespensterzeit, da kommt das spannende Buch der jungen schwedischen Autorin Katarina Genar ›Der rubinrote Mantel‹ gerade richtig. Von MAGALI HEISSLER

Vertrieben, gehetzt und beinah erschossen

Kinderbuch | Rosanne Parry: Als der Wolf den Wald verließ

Erwachsenwerden ist nicht leicht, auch wenn man eine behütende Familie hat. Aber wenn man angegriffen wird, die Familie getötet, und der Halbwüchsige tausende Kilometer allein unterwegs sein muss, ist es lebensgefährlich. So ergeht es auch dem kleinen Flink, der seine Geschichte erzählt. Flink ist ein Wolf. Von GEORG PATZER

Mäuse statt Schnäppchen

Kinderbuch | Thilo Krapp: Émile in Berlin

Anfang des 19. Jahrhunderts ging es los: riesige überdachte Einkaufspassagen in den großen Städten, die Vorläufer der Warenhäuser. Die erlebten, in abgewandelter, weiter entwickelter Form wenige Jahre später einen regelrechten Boom. Das »moderne innerstädtische Warenhaus« hatte um 1900 eine wahre Blütezeit. Und als Maus kann man sich, wie das hübsche Kinderbuch zeigt, in diesen riesigen Hallen ganz gewaltig verlaufen. Von BARBARA WEGMANN

Herzenswunsch mit kleinem Haken

Kinderbuch | Annie Kelsey: Pippas Tagebuch. Eine Freundin muss her Eine beste Freundin zu haben, ist wunderbar. Sie zu finden, nicht leicht. Wer ganz schnell und unbedingt eine haben will, greift manchmal zum falschen Mittel. Wie Pippa. Annie Kelsey durfte Pippas Tagebuch lesen. Von MAGALI HEISSLER