/

Jazz und Malerei: Matteo Pastorino

Musik | Kunst | Matteo Pastorino und Amedeo Modigliani

Jazz stilsicher, frei und experimentell, aber auch moderat und kontemplativ: Von Matteo Pastorino fällt die ›Suite For Modigliani‹ unter anderen Alben auf. TINA KAROLINA STAUNER hat hingehört und -gesehen.

Matteo Pastorino

SUITE FOR MODIGLIANI - Matteo PastoriniEr ist Klarinettist und Komponist und sein ›Quartet‹ besteht aus Matthieu Roffè an Piano, Damien Varaillon an Double Bass, Jean Baptiste Pinet an Drums und Gilad Hekselman an Gitarre als Gastmusiker. Der auf Sardinien geborene Jazzer Pastorino ließ sich in Paris musikalisch ausbilden. In Saint-Germain-des-Prés heimste er dann 2012 erste Erfolge ein auch mit seinem Quartett.

Er ist Teil mehrerer Formationen und wird als Sideman zahlreicher Jazzer und Jazzformationen gelistet. Ist aber einem breiten Hörerkreis noch nicht so bekannt. Den 28-Jährigen interessieren vermutlich durchaus auch exklusive Themen und nicht jedermanns Massengeschmack. ›Suite For Modigliani‹ ist dem Maler Amedeo Modigliani gewidmet. Jazz und Kunst als Disziplin, Freiheit und ästhetische Einheit. Auf musikalische Art gibt es eine Passion von Pastorino zu fokussieren: Amedeo Modiglianis künstlerische Arbeit. Modigliani gehörte zu den Künstlern, die auch mich inspirierten, Malerin zu werden, zu einer frühen Zeit, als ich auch einmal damit experimentierte, Puppenmacherin zu werden.

Mit filigranen Jazzstücken nähert sich der Klarinettist Matteo Pastorino mit seinem Quartett dem Leben und Werk von Amedeo Modigliani. Mit etwas zurückhaltender Geste und mit leicht expressivem Touch in Relation zu den Bildern. Mit vielen Facetten, Feinheiten. Eindrücken und Emotionen in der Musik. Klingt elitär und edel.

Ergänzt wird die musikalische Arbeit durch ein Zitat: »One should consider all great works of art just as one does the works of nature. First in its aesthetic reality, then outside of the development and mysteries involved in creation, the very thing which excited and moved its creator.« (A. Modigliani, 1904 or 1905, letter to Oscar Ghiglia)

Amedeo Modigliani

Der Beau und Bohemien Modigliani, jüdischer Abstammung, lebte in Künstlerzirkeln in Paris, wurde aber 1884 in Livorno geboren. Als Dandy liebte es Modigliani Frauenporträts zu malen, die zu seinen Lebzeiten aber kaum gekauft wurden und heute über ein Jahrhundert später hohe Summen wert sind. Schon bei literarischen Teegesprächen im Haus seines Großvaters hatte Modigliani beschlossen Künstler zu werden und frequentierte dann auch in Florenz, Venedig und Paris Intellektuellensphären und Wirkungsfelder. Als Maler ging er Aktstudien nach und als Bildhauer formte er aus Marmor.

Ab Anfang des 20. Jahrhunderts lebte Modigliani arm im Künstlerviertel Montmartre, wo er in der Szene all der kreativen Geister und Gestalten auch Picasso, Soutine und Gris kannte und eine schwierige, tragische Beziehung mit der Dichterin und Journalistin Beatrice Hastings lebte. Er wurde 35 Jahre alt. Sein Gemälde ›Nu couché‹, auch ›Red Nude‹ genannt, soll jetzt das zweitteuerste der Kunstgeschichte sein. Es wurde vor hundert Jahren, 1917, gemalt.

Der typische, eher schlichte Modigliani-Stil der Gemälde wirkt nicht so sehr exaltiert und experimentell, sondern hat weiche und schöne Formen – und ist durch hypnotische Augen und undefinierbaren Gesichtsausdruck der Modelle bekannt. Dem damals modernen Kubismus wandte er sich nicht zu, er kreierte seine schlanken und graziösen Frauengestalten harmonisch in seiner Porträtarbeit. Es gibt etwa 400 Werke. Modigliani führte teils als exzentrische Persönlichkeit sein Malerleben und zeigte in der Farbgebung der Bilder aber eher etwas zurückhaltend die Persönlichkeit der dargestellten Frauen. Wirkt elitär und edel.

| TINA KAROLINA STAUNER

Titelangaben
Matteo Pastorino Quartet: ›Suite For Modigliani‹
(Challenge Records)

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Folter in Blau

Nächster Artikel

Simply touched!

Weitere Artikel der Kategorie »Kunst«

Die Sucht – Das Malen

Ausstellung | Elisabeth Dering. Werke (1950-1970) im Schloss Aschaffenburg Die 1921 in Husum geborene Malerin Elisabeth Dering entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer der prägenden Künstlerpersönlichkeiten der Aschaffenburger Kunstszene. Zu ihrem 90. Geburtstag widmet ihr das Schlossmuseum der Stadt Aschaffenburg die Sonderausstellung Die Sucht, das Malen – Elisabeth Dering. Werke (1950-1970). Von JÖRG FUCHS

Die andere Hälfte der Kunst

Kunst | Kunst sammeln mit wenig Geld Nr. 1 – Wie man Kunstsammler werden kann Die enormen Millionenbeträge, die in jüngerer Zeit bei den Versteigerungen der großen Auktionshäuser in New York und London für herausragende Bilder und Skulpturen erzielt worden sind, unterstützen die gängige Vorstellung, dass Kunst nur etwas für äußerst Wohlhabende ist. Von PETER ENGEL

Die Erfindung der Sehnsucht

Sachbuch | Florian Illies: Zauber der Stille

Er gilt als Inbegriff des romantischen Malers, seine Gemälde haben ikonische Symbolkraft: Caspar David Friedrich. Wer kennt nicht seine ›Kreidefelsen auf Rügen‹, ›Das Eismeer‹ oder die ›Frau am Fenster‹? Im Vorgriff auf seinen 250. Geburtstag, der im kommenden Jahr gleich mit mehreren Sonderausstellungen gefeiert wird, beschwört Florian Illies erneut den ›Zauber der Stille‹ herauf. Von INGEBORG JAISER

Mit dem Apparat die sogenannte Ewigkeit erfassen

Ausstellung | ›Evelyn Hofer, 1922-2009, Retrospektive‹. Museum Villa Stuck, München Endspurt für eine Ausstellung mit Bildern von erratischer Schönheit. Evelyn Hofer, Amerikas berühmteste unbekannte Fotografin, wird noch bis zum 20.09. mit einer großen Retrospektive in der Villa Stuck geehrt. Wer die Ausstellung nicht besuchen kann, dem empfiehlt SABINE MATTHES den begleitenden Bildband

Schule des Sehens

Kulturbuch | Hanns-Josef Ortheil: Kunstmomente

Er zählt zu den erfolgreichsten und produktivsten Schriftstellern Deutschlands, hat bislang über 70 Bücher publiziert, unzählige (teilweise noch unveröffentlichte) Texte der unterschiedlichsten Gattungen verfasst: Romane, Reiseerzählungen, Sachbücher, Essays, Dramen, Drehbücher, Libretti und nicht zuletzt tägliche Notate und literarische Skizzen. Hanns-Josef Ortheils Schaffensdrang – oftmals durch inspirierende ›Kunstmomente‹ angeregt und beflügelt – erscheint unermesslich. Doch welche visuellen Eindrücke haben ihn geprägt? Von INGEBORG JAISER