Textfeld | Wolf Senff: Gesundheit Die Ärzte jener Moderne, sagt Gramner, würden invasiv operieren, die Schäden, die sie anrichteten, seien beträchtlich. Der Ausguck rieb sich die Augen. Er verstehe nicht ein einziges Wort, sagte er. Gramner erzähle Schauergeschichten aus der Moderne? Auch in jener Moderne werde das vermutlich kaum einer zur Kenntnis nehmen. Doch Gramner solle sich in acht nehmen. Kassandra, sagt man, sei erdolcht worden.
Textfeld | Wolf Senff: Neu und alt Genug!, rief Thimbleman zum Strand hin, wo der Ausguck scheinbar ohne Ende einen Salto nach dem anderen schlug. Pure Lebensfreude, entgegnete der Ausguck, während er gemächlich an seinen Platz zurückkehrte.
Textfeld | Wolf Senff: Mehr von Tambora Weit hergeholt, oder? Daß in Bayern Brotunruhen ausbrechen, weil auf einer Sunda-Insel ein Vulkan ausbricht? Genau. Der Ausguck grub seine Hand in den heißen Sand. Wie gern er tagelang in dieser Lagune ausspannen würde! Die Besatzungen der Schaluppen waren vom letzten Fang noch nicht genesen, das kam ihm zupaß, das Leben kennt Phasen, da geht es großzügig mit uns um.
Textfeld | Wolf Senff: Sut erzählt von Eldin Wir leben in bewegten Zeiten, sagte Sut, da werde es schwierig, die Erinnerung daran zu bewahren, geschweige denn, das Geschehen getreu zu überliefern. Manche unter uns bestünden darauf, daß die Fotografie eine große Hilfe sei, eine sensationelle neue Technologie, sagen sie, die eifrig perfektioniert werde. Sie konserviere, so werde versichert, sagte Sut, die Gegenwart in Bildern, doch das sei falsch, bewahre!, die Fotografie sei eine gefräßige Technologie. Der Mensch verstehe die Welt nicht und müsse argwöhnisch bleiben, absolut.
Sachbuch | Ernst Paul Dörfler: Nestwärme Nun erreicht ihre Not den Boulevard – die Not unserer Spatzen, unserer Stare, des Rebhuhns etc. Es begann vor Jahren mit dem massiven Auftrag von Unkrautvernichtern auf die Äcker, mit den Monokulturen der industrialisierten Landwirtschaft, die die Nahrungsgrundlagen der Vögel zunichte machten, und niemand trat auf die Bremse. Von WOLF SENFF
Textfeld | Wolf Senff: Rückbau Der Leitgedanke der neuen Zeit, sagt Gramner, werde Rückbau sein, die industrielle Zivilisation sei gescheitert, sagte Thimbleman, definitiv, sagte er, Rückbau werde zum Namen der neuen Epoche, er setzte sich aufrecht. Du warst zu lange im Wasser, entgegnete der Ausguck. Wasserkopf!, spottete er, stand auf, nahm Anlauf und schlug einen Salto. Und überhaupt, rief er: Welche neue Zeit? Das dritte Jahrtausend, sagt Gramner.
Bühne | Die Stadt der Blinden: Deutsches Schauspielhaus Hamburg Die Romanvorlage zeichnet das Szenario einer Seuche, einer gefährlichen plötzlichen Erblindung, die auf Infektion zurückzuführen ist. Für die erblindeten Opfer ist ein separates, umzäuntes Lager eingerichtet, zur Außenwelt besteht Kontaktverbot. Von WOLF SENFF
Textfeld | Wolf Senff: Kyudo-Texte. Eine Affaire der Schülcke Tesch fühlte sich im Dojo an das Museum erinnert, das er mit der Schülcke besucht hatte, auch dieses nach japanischem Vorbild entworfen. Ach! eine ausgefallene Idee, zwei Tage nach Zürich zu reisen.
Textfeld | Wolf Senff: Tambora Nein, nicht ich, sagte der Ausguck, ich war nicht dabei. Thimbleman lachte. Du warst noch gar nicht auf der Welt, stimmt’s? Meine Eltern erzählten davon. Sie sagen, es sei schrecklich gewesen. Ich weiß, Gramner erwähnte den Ausbruch. Das Ende der Welt, sagt Gramner. Der Tambora befindet sich auf Sumbawa, einer Insel des Sundabogens östlich von Java. Weit, weit weg von unserer idyllischen Lagune, sagte der Ausguck Endlos weit. Und dennoch – ein nie dagewesener Ausbruch zu Beginn unseres Jahrhunderts, sagt er, folgenschwer wie der des Krakatau, als schon das Jahrhundert zu Ende ging, Jahrzehnte nach
Textfeld | Wolf Senff: Angeschlagen Das Leben gehe an ihnen vorbei, klagen sie, sagte der Ausguck. Da kannst du von Glück reden, daß du unversehrt bist. Habe ich mich beschwert? Nicht daß ich wüßte. Der Ausguck stand auf und machte einen Handstand, dann lief er zum Wasser.