Krawall und Rettung

Film | Neu im Kino: Transformers 5 – The Last Knight

Es gibt mittlerweile so viele Gewalt-Action-Filme für die Teenager-Zielgruppe, dass man sich fragt, warum sie immer noch Milliarden einspielen, wenn sie sich doch alle ähnlich sind. Geht es allein um Action und CGI-Effekte? Oder gibt es tatsächlich eine Message darin? Das ›Transformers 5‹-Poster ist übertitelt mit »Hinterfrage deine Helden«! ANNA NOAH hinterfragt die Absicht des Regisseurs, Heldentum mit derart viel Waffengebrauch zu verknüpfen.

»Die Gejagten werden zu Helden, Helden werden zu Feinden«

Transformers 5 The Last KnightIn ›Transformers 5 – The last Knight‹ befinden sich zwei bereits bekannte Spezies im Krieg: die Menschheit gegen die Transformers. Nur eine ihrer beiden Welten (Cybertron oder die Erde) kann überleben. Der Weltuntergang naht – mal wieder!

Ein bisschen mehr Mühe gaben sich die Macher bei der Erfindung der Vorgeschichte. So startet die erste Szene bei den Rittern der Tafelrunde auf dem Schlachtfeld. Sie warten auf den Zauberer Merlin, der ihnen zum Sieg verhelfen soll. Dieser bringt einen Drachen mit, der aus 12 Transformers besteht. Die Transformers sind also seit den Rittern der Tafelrunde mit der Menschheit verbunden, chapeau!

Im neuesten Film nun bildet der 71-jährige Lord Edmund Burton (Sir Anthony Hopkins) in der Jetzt-Zeit eine Allianz, um den Schlüssel zur Rettung der Erde in den dunklen Geheimnissen der Vergangenheit zu finden. Dazu gehören der Transformers-Freund Cade (Mark Wahlberg), die Geschichtsprofessorin Vivian (Laura Haddock), die Waise Izabella (Isabella Moner) und der Transformer Bumblebee.
Vivian ist die letzte lebende Nachfahrin von Merlin und kann als Einzige ihren Zauberstab reaktivieren. Hinter dem Stab ist auch der ehemals menschenfreundliche Transformer Optimus Prime her. Nachdem er die Erde verlassen hat und im All feststellen muss, dass sein Heimatplanet Cybertron zerstört wurde, setzt er alles daran, ihn wieder auferstehen zu lassen.
Cade hingegen ist der im Titel erwähnte letzte Ritter. Das Artefakt eines sterbenden Transformers wählt ihn aus, um für Frieden zwischen den verfeindeten Parteien zu sorgen. Allerdings steht dieser vermeintliche Held im Schatten von Vivian, die im Endkampf nahezu alles allein erledigt. Als kleine Appetithäppchen sind einige Parallelen zu anderen bekannten Sci-Fi-Filmen eingestreut.

Wirrwarr mit System?

Wenn man noch nie einen Transformers-Film gesehen hat, entsteht schnell der Eindruck, jeder kämpfe gegen jeden: Mensch-Transformer, Transformer-Transformer, Mensch-Mensch. Hauptsache es ist laut, die Munition für die Waffen ausreichend und Hauptsache, es fliegen abgetrennte Körperteile durch die Luft.

Michael Bay inszeniert ein wahres Kriegs-Szenario. Eine drängende Gefahr für die Protagonisten ist von Anfang an präsent. Cade und die Transformers werden von der Regierung bedroht, die Regierung wiederum von Cybertron und der anstehenden Alieninvasion. Vivian und Izabella hingegen ringen mit ihren inneren Wirren, die unausweichlich sind, sobald man erfährt, dass man die gesamte Menschheit retten soll. Der Film ist damit perfekt auf eine actionwillige Zielgruppe zugeschnitten. Ab der 100. Minute ist man von der ganzen Hetze so erschöpft, dass man die wahrlich gelungenen CGI-Effekte gar nicht mehr genießen kann.

Es gibt lediglich zwei Verschnaufpausen, die lustig wirken sollen, aber in dem Kawumm untergehen, bzw. ihr Ziel komplett verfehlen. Der filmerfahrene Zuschauer erkannt zudem subtile Bezüge zu anderen Werken: Die 14-jährige Izabella besitzt einen kugeligen Roboter, der BB-8 aus »Star Wars« ähnelt. Cade wird einmal als »der Auserwählte« bezeichnet – bei diesem Wort denkt jeder Science-Fiction-Fan automatisch an ›Matrix‹ und die Krönung bildet Optimus Prime in dem Moment, als er ganz wie sein kleiner außerirdischer Vorgänger E.T. von 1982 »Nach Hause!« sagt.

»Im Leben eines jeden kommt irgendwann der Moment, in dem man dazu aufgerufen wird, alles zu verändern!«

Wirklich bewundernswert ist, dass in all dem Wust noch Platz für eine Prämisse zu sein scheint. »Jeder kann ein Held sein in seinem Leben, wenn er nur den Mut hat, es zu wagen.« Klingt erst mal gut für einen jungen Menschen, der oft unsicher ist und ab und an die falsche Entscheidung trifft. So ein Held macht etwas her. Er ist freundlich, stark und loyal. Aber in diesem Film bedeutet Held sein anscheinend, alle umzubringen. 70 Prozent der Bilder zeigen Männer an der Waffe. Das ist nun keine Herausforderung für die Jugend, sondern ein Dilemma. Man könnte denken, der Regisseur wirbt für eine Karriere bei der Armee. Leider herrschen somit auch in diesem Actionspektakel die üblichen Standards und Konventionen: Schießen, was das Zeug hält!
Viele Dialoge bleiben oberflächlich oder sind schlichtweg nicht vorhanden.
Ein überraschendes Lob gebührt dem Soundtrack. Steve Jablonsky malt so extrem düstere, musikalische Bilder, dass selbst die Unterbrechung durch Maschinengewehre und Feuerwerfer seinem epischen Sound nichts anhaben kann.

Die 1001. Erdenrettung

Abgesehen von den wild aufeinanderfolgenden Actionszenen hat dieser Film doch tatsächlich ein Thema. Es geht um das Phänomen, dass in schwierigen Situationen alle an einem Strang ziehen. Kantige Individuen müssen sich Problemen gemeinsam stellen, aber es geht auch darum, mutig zu sein. Dieses Motiv ist der Grund dafür, dass die Ritter der Tafelrunde eine zentrale Rolle in der Beziehung zwischen Menschen und Transformers spielen. Optimus Prime ist ein autonomer Roboter, kurz Autobot, der sich bemüht, herauszufinden, wo er herkommt. Und er will wissen, wer der Schöpfer der Transformers waren. Die Suche nach den Wurzeln ist ein altbekanntes, menschliches Bedürfnis. Somit werden die Maschinen mit den Menschen auf eine Stufe gestellt. Das passiert nicht nur auf der philosophischen Ebene, sondern auch ganz subtil im Film, denn jeder Autobot hat einen eigenen Charakter und seine gewissen Problemchen.

Der Showdown muss dann zwangsweise noch mal einen draufsetzen, ist besonders wuchtig, laut und hektisch. Natürlich überleben alle und natürlich wird die Erde mal wieder gerettet, um auch in Zukunft die Kulisse für Heldenepen zu geben.

| ANNA NOAH

Titelangaben
Transformers 5 – The Last Knight
Regie: Michael Bay
Drehbuch: Art Marcum, Matt Holloway, Ken Nolan
Darsteller/Cast:
Cade Yeager: Mark Wahlberg
Lord Edmund Burton: Sir Anthony Hopkins
Vivian Wembley: Laura Haddock
Izabella: Isabela Moner
Ritter Arthur: Liam Garrigan
Merlin: Stanley Tucci
u.v.a.
Musik: Steve Jablonsky
Kamera: Jonathan Sela

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