Musik | Daniel Kahn & The Painted Bird: The Butcher’s Share
Daniel Kahn & The Painted Bird mit ›Bad Old Songs‹: Jiddischlandgetönte Mitternachtsträume – »we grew to cross many borders, different roads, different homes« (Daniel Kahn). Von TINA KAROLINA STAUNER
Das Album ›The Butcher’s Share‹ von Daniel Kahn & The Painted Bird ist schon angekündigt. Vorerst zu seiner vorhergehenden Veröffentlichung ›Bad Old Songs‹, die den in Detroit aufgewachsenen enddreißigjährigen Songwriter, der seit Jahren in Berlin lebt, außerhalb der Beliebigkeit zeigt. Avantgarde, Tradition, Proletarisches, Politisches, Romantik und Sophistikation, das ist bei ihm vereinbar. Ein schräger Vogel, der sich auch als Vor-Denker einer Gesellschaft, deren Zukunft wir in der Vergangenheit suchen müssen, präsentieren lässt.
»…where did all your songs go? / all the German folk songs? / we all have our hootenannies / irish sessions, campfire songs / yiddish choral workers anthems / midnight russian singalongs…« (›The Old Songs‹, Franz Josef Degenhardt)
Sein Songwriting aus eigenem Material und Adaptionen ist einerseits noch amerikanisch vorgeprägt, aber auch explizit in Verbindung gebracht zur deutschen Liedermachertradition und zu jüdischen Volksliedern. Kahns vierte CD ›Bad Old Songs‹, eine Sammlung alter und neuer deutscher, englischer und jiddischer grautonig genannter Lieder ist mit theatralischem Ton eingespielt vom ›Painted Bird‹-Quartett, bei dem neben den Musikern Hampus Melin und Michael Tuttle die Geige des New Yorkers Jake Shulman-Ment auffällt.
Die wirklich ganz starken Songs muss man herauspicken aus dem halt einfach ganz interessanten New York-Verfremdungklezmer und nicht Brecht-fremden Punkfolk. Neben poetischen Eigenkompositionen wie ›Love Lays Low‹ gibt es eine Version von Franz Josef Degenhardts ›Die alten Lieder‹: »…Tot sind unsere Lieder, / unsere alten Lieder. / Lehrer haben sie zerbissen, / Kurzbehoste sie zerklampft, / braune Horden totgeschrien, / Stiefel in den Dreck gestampft«, singt Kahn an schrecklichen Faschismus und Faschistoides gemahnend.
Kahn erzählt von unbändigem Leben und auch makaber vom Tod, was manchmal grausam klingt. Die Realität für das Jüdische war zur Zeit des Nationalsozialismus das eigentlich unsäglich Grausame. Kahn kann offenbar trotz harter Themen ein rastlos umtriebiger, multiinstrumentalistischer Lebenskünstler sein. Zwischen von Robert Schumann vertontem Heinrich Heine und »Mitternachtsträumen einer verlorenen Zeit, die noch kommen wird«.
Kahn hält, was er verspricht: »..so don’t look for a final solution here in Berlin / for capitalist prostitution comes from within / don’t worry about revolution we’ll just keep the aesthetic clichés / in this market of fleas, selling Klezmer CDs / for the good old bad old days« (›Good Old Bad Old Days‹)
Bald gibt es die neue CD und Konzerttermine der Yiddish borderland bandistas. Und wieder reinnehmen kann man auch frühere Aufnahmen wie ›Lost Causes‹.
Titelangaben
Daniel Kahn & The Painted Bird
The Butcher’s Share (2017)
(Oriantal Music)
Reinhören
| Franz Josef Degenhardt
| Daniel Kahn