Keine Rettung in Sicht

Jugendbuch | Lindsay Galvin: Abgründige Geheimnisse

Zwei Schwestern, Aster und Poppy, sind nach dem Tod ihrer Mutter auf dem Weg nach Neuseeland. Dort sollen die beiden bei ihrer Tante, einer renommierten Krebsmedizinerin, leben. Was ein neuer Anfang sein könnte, wird zum Alptraum. Von ANDREA WANNER

Abgründige GeheimnisseStatt in die Wohnung der Tante in Gisborne zu fahren, finden sich die Fünfzehn- und die Elfjährige in einem merkwürdigen, abgelegenen Ökodorf, in dem Studenten aus aller Welt ohne Strom mit einfachsten Werkzeugen Gegenstände herstellen, Früchte sammeln und fischen. Wildhaven ist ein Ort ohne Handys, Computer und Fernsehen: Das Projekt soll herausfinden, welche gesundheitlichen Vorteile diese Lebensweise zu bieten hat. Behauptet Iona, die Tante. Was tatsächlich dahintersteckt, finden die beiden Mädchen erst nach und nach heraus.

Lindsay Galvin hat sich einen packenden Thriller ausgedacht, in dem es um Experimente an Menschen, um Profitgier, um Verrat und Vertrauen geht. Erzählt wird zum einen aus der Perspektive von Aster, die sich für ihre kleine Schwester verantwortlich fühlt – aber nicht in der Lage ist, Poppy vor dem zu beschützen, was passiert. Ein anderer Erzählstrang rankt sich um Sam, einen jungen Neuseeländer, den die Mädchen im Flugzeug kennenlernen. Sams Großvater leidet an Krebs und Same würde – fast – alles tun, um ihm zu helfen.

Galvin erzählt präzise und ausführlich, beschreibt Details sorgfältig und erklärt auch komplexe Sachverhalte, von denen es einige gibt, schlüssig und nachvollziehbar. Die Spannung steigert sich Seite um Seite, es gibt viele beklemmende Momente, in denen unheimliche Gefahr droht. Ein tropisches Inselparadies wird zum Ort des Schreckens und der alarmierenden Erkenntnis, um was es wirklich geht. Und die Bedeutung des vorangestellten Zitats von Christina Rossetti »Was ist tief? Der Ozean. Die Wahrheit.« wird klar.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Lindsay Galvin: Abgründige Geheimnisse
(The Secret Deep, 2018). Aus dem Englischen von Fabienne Pfeiffer
Hamburg: Chicken House 2019
352 Seiten, 16 Euro
Jugendbuch ab 12 Jahren
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Reinschauen
| Leseprobe

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Vom Erklimmen des Unbezwingbaren

Nächster Artikel

Grenzenloser Fotoquatsch

Weitere Artikel der Kategorie »Jugendbuch«

Lange Schatten

Jugendbuch | Martha Heesen: Fliegende Steine Die Vergangenheit hat lange Schatten, heißt es. Es gibt Zeiten, die das Gefühl vermitteln, dass man nie mehr aus diesem Schatten herauskommt. Gefühle können aber genauso trügerisch sein wie vorgeblich weise Sprüche. Frischer Wind hilft, sagt Martha Heesen und erklärt mit ihrem charakteristischen schrägen Blick auf die Dinge, wie das funktioniert. Von MAGALI HEIẞLER

Es wird einmal gewesen sein

Jugendbuch | Holly-Jane Rahlens: Future Fairy Tales

Die berühmte Sammlung Kinder- und Hausmärchen haben Jacob und Wilhelm Grimm von 1812 bis 1858 herausgegeben. Anlässlich der 1000-Jahr-Feier der Gutenbergpresse im Jahr 2440 erschien dann eine Ausgabe der 2312 erstmals von Hailey Layne-Arlens gesammelten ›Future Fairy Tales‹, einem bunten Mix verschiedener Textsorten, die zehn der bekanntesten Märchen als Vorlage hatten. Wem jetzt schon der Kopf schwirrt, darf sich auf ein ungewöhnliches Projekt freuen, findet ANDREA WANNER

Fäuste sind blind

Jugendbuch | Phil Earle: Billy sein Billy ist fünfzehn und er hat genug von Worten. Von Worten wie »Mutter«, »Vater«, »Zuhause«, aber auch von »Selbstbeherrschung«, oder »soziale Kompetenz«. Alles Lügen oder Psychogesumms, Billy ist ganz sicher. Die einzige Sprache, die etwas bewirkt, ist die des Zuschlagens. Und das kann Billy – so gut, dass er andere krankenhausreif prügeln kann. Billy ist ungeheuer wütend. Billy ist von Grund auf traumatisiert. Phil Earle hat in seinem Debütroman ›Billy sein‹ eingehend beschrieben, wie es sich anfühlt, mit fünfzehn immer nur wütend und verzweifelt zu sein. Von MAGALI HEISSLER

Von den einsamen Menschen

Jugendbuch | Do van Ranst: Dünn »Nicht schon wieder ein Buch über einen Teenager mit Essstörung«, mag man stöhnen, wenn man den Titel gesehen hat. Besser ist es, wenn man den Namen des Autors in Auge fasst. Dann ist nämlich klar, dass in einem Buch aus seiner Feder ganz bestimmt nicht das Offensichtliche abgehandelt wird. Das war bei ihm doch immer nur Mittel zum Zweck. So auch hier. Unter dem Aspekt der Essstörung erzählt Do van Ranst in ›Dünn‹ sehr berührend von den einsamen Menschen. Von MAGALI HEISSLER

»Buchtitel Nr. 73: Es könnte ein bisschen wehtun«

Jugendbuch | John Corey Whaley: Hier könnte das Ende der Welt sein Die zweite Leiche, die der 17jährige Cullen in seinem Leben zu Gesicht bekommt, ist die seines Cousins Oslo. Ein vorhersehbarer Drogentod. Dabei ist sonst in Lily, einer verschlafenen Kleinstadt in Arkansas, nichts los. Das ändert sich. Von ANDREA WANNER