Sachbuch | David Ulrich: Zen. Der Weg des Fotografen
Da ist die technische Seite bei der Fotografie, sachlich, nüchtern, erlernbar. Aber da ist auch die gefühlsmäßige Seite, bewegend, empfindend, erfahrbar. David Ulrich bringt Fotobegeisterten eben jene Sicht hinter dem Motiv nahe. Auch BARBARA WEGMANN
»Keine Erfahrung ist perfekt, keine Mahlzeit beendet, keine Freundschaft vollzogen, solange wir nicht ein Foto gemacht haben. Das Foto beweist, dass das alles wirklich passiert ist.« Ja, stimmt, ist man schnell versucht zu sagen, aber: Genauso schnell sieht man ein, dass moderne Technik oft ablenkt, unsere Energie, wie der Autor des Buches es beschreibt, aussaugt.
Der Blick durch die Kamera aber soll wie eine Offenbarung sein, eine Erkenntnis, eine Eingebung, soll Dinge klarer machen und auch etwas über den Fotografierenden selbst aussagen, es soll eine Kommunikation entstehen. Das alles klingt schwierig für Menschen, die eher technisch und sachlich, rein faktisch und distanziert arbeiten und denken.
Aber irgendwie ist es wie beim Klavierspielen, wenn man mit einer Sonate richtig beeindrucken will, dann heißt es üben, üben und noch mal üben, aber auch langweilige Tonleitern oder Akkorde, Fingerübungen und Läufe. Erst das intensive Üben wird aus der Tonfolge ein gefühlvolles Stück Musik machen. So ist es auch in der Fotografie.
Zum Studium dieses Buches, so empfiehlt es Ulrich, solle man mindestens 100 bis 200 Fotos pro Woche machen. »Diese werden Ihre täglichen Aufzeichnungen sein, ähnlich einem freien Tagebuch mit Gedanken und Eindrücken«. Aus dem Sammeln werden Erkenntnisse fließen, es wird sich Leidenschaft und Empathie entwickeln und irgendwann wird man Motive mit anderen Augen sehen und sie auch anders fotografieren.
Für die Arbeit mit diesem Buch muss man sich Zeit nehmen, Zeit, die sich sicher lohnen wird. Viel, viel Text und nur wenige Fotografien, das ist eigentlich untypisch für die ausgesprochen tollen Foto-Bücher aus dem ›dpunkt.verlag‹. Aber dieses Buch zeichnet sich aus dadurch, dass das Meiste sich weit hinter der Kamera abspielt, nämlich in uns selbst. Was denken wir, was fühlen wir, was bewegt uns beim Anblick eines Motivs, das wir fotografieren wollen, was macht ein Motiv mit uns im Inneren, was sagt es uns?
Sechs ausführliche Lektionen sind es, die mit der »Beobachtung« beginnen, der Achtsamkeit, der Kommunikation, der Inspiration, Lektionen, die sich an die Zen-Lehren anlehnen.
»Durch viele tausend Stunden des Fotografierens und das damit verbundene Betrachten und Bearbeiten Ihrer Bilder können sie ein erkennbares Bewusstsein für ihre eigene, unverwechselbare Art des Sehens entwickeln.«
Titelangaben
David Ulrich: Zen. Der Weg des Fotografen
Tägliche Übungen für mehr Kreativität in der Fotografie
dpunkt.verlag 2019
222 Seiten, 34,90 Euro
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