Kinderbuch | F.M. Reifenberg: Zimmer frei in der Knispelstraße 10
In der Knispelstraße 10 wohnen ein Känguru, eine Gazelle, ein Faultier und ein Chamäleon. Zugegeben nicht ganz alltägliche Tiere. Umso verständlicher ihr Wunsch, dass in das eine, noch freie Zimmer ein passender Mitbewohner bzw. eine passende Mitbewohnerin ziehen soll. Gar nicht so einfach, findet ANDREA WANNER.
Horst, Isidora, Knut und Mumps sind Individualisten im besten Sinne und trotzdem haben sie eine tolle funktionierende Wohngemeinschaft. Da sollte auch die Nummer 5 dazu passen, klar.
Der Elefant, der sich als erstes vorstellt, ist ziemlich tollpatschig und ruiniert gleich mal die Haustür. Und ob eine ganze Ameisenfamilie die richtigen Hausgenossen sind? Oder so ein stinknormales Tier wie eine Kuh, die gar nichts Besonderes kann?
Frank Maria Reifenberg entwickelt in seiner Geschichte neben wundervollen Slapstickgags ein Gespür für die leisen Töne. Treffend und pointiert beschreibt er Szenen und Figuren: nachvollziehbar und mit viel Sympathie. Und Katja Jäger inszeniert die Wohnungsbesichtigung in kräftigen Farben mit jeder Menge Action. Alle sind in Bewegung, überall passiert etwas. Und um alles zu entdecken, muss man wirklich genau hinschauen.
Das Haus in der Knispelstraße ist nämlich sozusagen seinen Bewohnern auf den Leib geschneidert. Es wird gelacht und geweint, getobt und geradelt, Karten gespielt und geschlafen. Alles, was Horst, Isidora, Knut und Mumps tun, tun sie richtig und aus vollster Überzeugung. Und sie haben allesamt ein großes Herz. Eines, das im Idealfall dafür sorgt, dass keiner abgewiesen wird.
Dieses Plädoyer für die Akzeptanz von Vielfalt kommt so bunt und verrückt daher, dass an keiner Stelle eine pädagogische Absicht durchschimmert. Die Story überzeugt einfach. Leben und leben lassen. Selber der oder die sein, der oder die man ist. Tolerant gegenüber den anderen und deren Toleranz genießend. Und wenn dann andere dazukommen, ist das überhaupt kein Problem.
Was heißt schon zusammenpassen. Jeder ist anders, jede kann etwas. Und wer das einmal verstanden hat, findet für vieles die passende Lösung. So wie die vier Freunde die absolut passenden Mitbewohner. Und man darf sich sicher sein: wären andere vor der Haustür gestanden, hätten sie auch für die das passende Plätzchen gefunden.
Und natürlich erinnert die Geschichte sehr an Leah Goldbergs schon vor 60 Jahren erschienenes Bilderbuch A flat to Let, das Mirjam Pressler übersetzt hat, und das als ›Zimmer frei im Haus der Tiere: Vier Tiere suchen einen Nachmieter‹ zu den wunderbaren Klassikern zählt, die auch heute noch frisch und unverbraucht daherkommen.
Titelangaben
Frank Maria Reifenberg: Zimmer frei in der Knispelstraße 10
Mit Illustrationen von Katja Jäger
Grevenbroich: Südpol 2019
32 Seiten, 13 Euro
Bilderbuch ab 4 Jahren
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