»Warum diese stille einfache Hütte mir werth und theuer ist und zwar werther als alle königlichen Schlösser mit ihrem Glanz und hohlen Prunk, brauche ich dem Theuren wohl kaum zu sagen…«, dies schrieb Ludwig II 1868 in einem Brief an Richard Wagner. Daran mag man schnell ermessen, wie viel dem fantasiereichen Märchenkönig, dem »menschenscheuen Träumer« Berge und Wanderungen, alpine Panoramen und luftige Höhen bedeutet haben, mehr als die Politik allemal. Von BARBARA WEGMANN
Rund 20 Jahre war er König von Bayern und machte sich einen Namen mit dem Bau hinreißender Schlösser und seiner Förderung der Musik Richard Wagners. Der wunderbare Bildband entführt nicht nur in die Geschichte, sondern nimmt mit in die bayerischen Alpen. Zu Hütten, die Ludwig II. als Orte »großer Kraft« ansah und erlebte.
Was für eine ausgesprochen attraktive Idee: da ist die Leidenschaft eines Herrschers für »Orte und Landschaften von besonderem Zauber«, viele liebevoll recherchierte Details, herrliche Fotografien, die die Gewaltigkeit der Alpen widerspiegeln, historische Quellen, alte Bilder, die das Gestern in das Heute einbinden.
Fast 200 Seiten, die nicht nur zum Augenschmaus werden, Geschichten sind es rund um die Hütten, die es einmal gab, oder die tatsächlich noch existieren. Wanderwege, die an jenen Orten enden, die Erholung, Entspannung und großartige Panoramen versprachen und den Weitblick fürs Politische gaben.
Orte, die die Autorin zu Fuß oder mit dem Rad erkundete. »So war es für mich ein großes Glück, als mir einer, der mehr als sein halbes Leben auf der Alm verbracht hat, Einlass in seine Hütte, einen Schnaps und eine Erzählung schenkte.« Und manche Geschichten von einst haben da tatsächlich überlebt, sind nicht vergessen.
Mehr als 12 Hütten habe Ludwig II. regelmäßig besucht, über viele Jahre. So war er ein kleines Stückchen auch ein »König der Berge«, der das Majestätische der Alpen über alles schätzte.
Maurischer Baustil mitten in den Ammergauer Alpen? Das Marokko-Haus war ein Beleg dafür, dass alles Exotische zur damaligen Zeit gefragt war, »ein Haus aus Tausendundeiner Nacht auf einer Alpenwiese«. Heute kann man es im Park von Schloss Linderhof besichtigen.
In atemberaubender Umgebung gelegen auch das Pürschlinghaus. »Eine königliche Lage«. Heute kümmert sich der Deutsche Alpenverein um die Erhaltung jenes Ortes, an dem Ludwig 1886 erste Anzeichen der Melancholie zeigte. An Wagner schreibt er: »Wenn ich hinter Wolken mich zurückzog, so bin ich doch der Alte, nicht so elend, nicht so machtberaubt, wie es scheinen mag. O mein Freund, rosig erschien mir damals die Welt … ich habe seitdem so unsäglich bittere Erfahrungen gemacht, dass es mir ganz unmöglich wurde, diese namenlos elende Welt in Liebe zu umfassen.«
Das Buch wird zu einer wahren Schatzgrube: Es sind die spannenden Erfahrungen der Autorin auf ihren Touren, die sie manchmal bis an ihre Grenzen bringen, ein Buch, das den Leser neugierig werden und teilnehmen lässt an der Recherche, es ist die Bewunderung und Faszination der Region überhaupt, und wer angesteckt wird von Ludwigs Sehnsucht nach den Berghütten, »wo die Freiheit lebt«, für den gibt es Hinweise: Verlauf der Route, Höhenmeter, Wanderzeiten, Anforderungen. Sachlich und schwärmend gleichzeitig ist das Buch, und vielleicht gewinnt es seinen tatsächlich so ganz eigenen Charme durch ein großartig aufgeblättertes ganz spezielles Kapitel eines großen Herrschers.
Titelangaben
Sandra Freudenberg / Stefan Rosenboom: In den Bergen lebt die Freiheit
Wandern auf den Spuren von König Ludwig II
München: Knesebeck 2020
192 Seiten, 30 Euro
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