/

Eine Hommage an den Meisterdetektiv

Kinderbuch | Hannes Binder: Sherlock Holmes

Am 22. Mai feiern Fans weltweit den internationalen Sherlock-Holmes Tag und damit jenen genialen Ermittler, den Sir Arthur Conan Doyle 1886 erschuf. Die Zielgruppe waren und sind erwachsene Leser*innen, die Graphic Novel bietet einen tollen Einstieg für die jüngeren, findet ANDREA WANNER, selbst bekennende Holmes-Anhängerin.

Das Buchcover zeigt eine Zeichung von Sherlock Holmes, pfeiferauchend vor einem Bergmassiv›Das letzte Problem‹ ist die letzte Kurzgeschichte aus dem Band ›Die Memoiren des Sherlock Holmes‹ von 1893. Conan Doyle hatte keine Lust mehr auf weitere Fälle und mit diesem vermeintlich letzten Fall und dem scheinbaren Tod des Meisterdetektivs am Ende wollte er ihn sich vom Hals schaffen. Er hatte nicht mit der Reaktion seiner Fans gerechnet, die um ihren Helden trauerten und Conan Doyle diesen Coup wirklich übelnahmen. So wurde das Rätsel um den Sturz von Holmes und seinem Widersacher in die Reichenbachfälle bei Meiringen in der Schweiz zehn Jahre später gelöst: Ein munterer Sherlock machte sich an das Lösen weiterer verzwickter Fälle. Aber zurück zu seiner vorläufig finalen Aufgabe: Seinen gefährlichsten Gegner zur Strecke zu bringen.

Erzählt wird aus der Sicht von Doktor Watson. Der berichtet, dass Holmes und er sich etwas aus den Augen verloren hätten, nun aber Holmes plötzlich bei ihm auftaucht und ihn um eine gemeinsame Reise auf den Kontinent bittet. Zum ersten Mal fällt der Name Moriarty und Sherlock schildert nicht ohne Bewunderung die Gefährlichkeit dieses Bösewichts, der ihm ebenbürtig scheint. Er sei kurz davor ihn aufgrund eines gemachten Fehlers zur Strecke bringen zu können. Allerdings sei Moriarty bei ihm aufgetaucht und habe ihn gewarnt … So kommt es zur Reise, die in die Schweiz führt. Idyllische Wanderungen und unbeschwerte Momente werden von der drohenden Gefahr überschattet. Und schließlich kommt es zum grandiosen Finale …

Hannes Binder erzählt diese spannende Story mit relativ kurzem Text nach und ergänzt ihn um fein ziselierte Strichzeichnungen in tintigem Dunkelblau. Schon auf dem Cover zeigt sich seine raffinierte Kunst, wenn der Rauch aus der Pfeife des Detektivs mit seiner typischen Deerstalker-Mütze sich als Weg auf den Gebirgskamm windet. Die Illustrationen gibt es als ganzseitige Bilder oder als Panels, die die Stimmung widerspiegeln, Beunruhigendes andeuten, Ahnungen und Gefahr vorwegnehmen. Die entstehende Spannung ist gewaltig, die Bilder sind eindrücklich und jedes einzelne lädt zum genauen Betrachten ein.

Binder ist ein Meister seines Fachs. Wunderbar, wie ein Schlag auf das Dessert im Hotel Eiweiß und Zucker, der Meringue nach allen Seiten explodieren lässt, ist Watsons Schrei am Wasserfall nach seinem Freund eine unvergessliches Darstellung von Kummer und Leid, ein Schlund und Abgrund wie das Gewässer, das ihm den Gefährten scheinbar geraubt hat. Gewaltig und beeindruckend, für die Kleinen wie die Großen, für die das Buch auch eine bibliophile Kostbarkeit ist, bei dem es immer wieder Neues zu entdecken gibt. Der Showdown am tosenden Reichenbachfall, so wie Binder in inszeniert, kann der Beginn einer großen Begeisterung und lebenslangen Faszination an der Figur Sherlock Holmes sein.

| ANDREA WANNER

Titelangaben
Hannes Binder: Sherlock Holmes
Das letzte Problem
Nach einer Geschichte von Sir Arthur Conan Doyle
Zürich: Nord-Süd 2022
56 Seiten, 16 Euro
Kinderbuch ab 7 Jahren
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Reinschauen
| Leseprobe

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Eine Frage der Ehre

Nächster Artikel

Nur im Kopf gibt es keine Grenzen

Weitere Artikel der Kategorie »Kinderbuch«

Staunen, was Kunst kann

Kinderbuch | Sigrid Eyb-Green: Kunst! Forschen

»Was genau ist eigentlich Kunst?« Mit dieser Frage startet das ebenso ungewöhnliche wie faszinierende Sachbuch eine Reise in die Welt der Kunst. Der verblüffende Ansatz ist die Forschung und man darf sich auf Überraschungen gefasst machen, freut sich ANDREA WANNER

Slapstick, Zuckerguss und – moralisch wackelig

Kinderbuch | Ute Wegmann: Hoover / Birgit Schlieper: Eine Macke kommt selten allein   Für andere da sein, aus Liebe handeln, etwas aufs Spiel setzen für andere, das sind Beweggründe, bei denen einer warm wird ums Herz. Wenn die dazugehörigen Geschichten zudem witzig, voller Tempo und Liebe sind, muss einfach alles in Ordnung sein! Bis man genauer hinsieht und entdeckt, dass der Zweck hier ganz selbstverständlich die Mittel heiligt. Da wackelt die Moral dann doch deutlich unter all dem Zuckerguss. Von MAGALI HEISSLER

Nimmermüde

Kinderbuch | Kjersti Annesdatter Skomsvold: Alle schlafen (bis auf Bo)

Zugegeben: Bilderbücher, in denen die kleinen Heldinnen oder Helden keine Lust haben ins Bett zu gehen, gibt es wie Sand am Meer. So wie es auch vermutlich unzählige Kinder gibt, die das gut nachvollziehen können. Und trotzdem macht die Geschichte von Bo einfach Spaß, findet ANDREA WANNER

Einfach schauen

Kinderbuch | Aaron Becker: Die Reise Eine Geschichte ohne Text zu präsentieren und trotzdem eine vollgültige Geschichte erzählen, spannend, mitreißend, mit sich überschlagenden Ereignissen, voll Gefühl und mit einer Heldin, die man rundum liebt, das ist große Kunst. Um eine solche Geschichte zu bekommen (und große Bilderkunst zu erleben) muss man nur Aaron Beckers Buch aufschlagen und einfach schauen. Von MAGALI HEISSLER

Zusammenfinden

Marjaleena Lembcke: Eva im Haus der Geschichten / Maja Hjertzell: I love you, Viktoria Andersson Beziehungen unter Menschen sind alles andere als einfach, diese Erfahrung müssen schon kleine Kinder machen. Manchmal liegt es daran, dass man ein Bild von den anderen hat, das mit der Wirklichkeit wenig zu tun hat. Wenn man dieses Bild geraderückt, kann man zusammenfinden. Davon erzählen Marjaleena Lembcke und Maja Hjertzell auf ihre jeweils ganz besondere Weise überzeugend und wunderschön. Von MAGALI HEISSLER