Auch ein so bekannter und berühmter Maler wie Claude Monet (1840-1926) hat irgendwann einmal angefangen. Deshalb ist die wichtigste Erkenntnis dieses wunderbaren Kinderbuches: Nie Angst vor Papier, Stift und Farben haben oder gar glauben, es könnte ein »hässliches Bild« werden! Denn das liegt immer im Auge des Betrachters. BARBARA WEGMANN hat die Geschichte von Ella und ihrer ungewöhnlichen Begegnung gelesen.
›Die japanische Brücke‹, die ›Seerosen‹ der ›Sonnenaufgang‹ oder der ›Weg im Garten des Künstlers in Giverny‹ sind Bilder, die verzaubern und voller Emotionalität ewig lebendig erscheinen. Mit dieser Malerei wird die kleine Ella konfrontiert, die mit der ganzen Familie von Amerika nach Paris und dann nach Giverny zieht, weil dort jener Maler lebt, den ihr Vater so sehr verehrt. Als schlecht gelaunt gilt er, erzählt der Vater, man dürfe ihn um Himmels willen nicht beim Malen in der Natur stören. Ella ist neugierig und findet Monet, »mit seinem langen Bart und dem Hut« und sie zeichnet ihn. Prompt entdeckt der Künstler die kleine Nachwuchsmalerin, und schnell erzählt er ihr aus seinem Leben. Davon, wie gerne er immer schon malte, von der Zeit in Le Havre, wo er einen Rahmenhändler kennenlernte, der seine Bilder ausstellte und sogar viele verkaufte. Er erzählt Ella von seinen Jahren in Paris und seinem erfüllenden Leben in dem kleinen Ort Giverny.
Natürlich ist die Geschichte der kleinen Ella, die den großen Maler Monet kennenlernt, erfunden, aber die Geschichte ist eine hinreißende Art, kleinen Lesern große Kunst zu vermitteln. So lernt man schnell, was das Wort Impressionismus heißt, jene Art, in der Monet malte und die seit seinem berühmten Bild ›Impression-Sonnenaufgang‹ so heißt. Ein Eindruck also. Impressionismus. Damals hatten Kritiker gemeint, das Bild sei noch nicht fertig, weil Monet eine so ganz eigenwillige Art des Malens zeigt, getupfte Bilder sind es, oft in kräftigen Farben. »Die Bilder wirken dadurch oft etwas verschwommen oder unscharf wie bei einem verwackelten Foto. Siehst du die Bilder aber von weitem an, beginnen sich die einzelnen Tupfen und Flecken in deinem Kopf zu vermischen und die Bilder scheinen zu flimmern.«
Der Impressionismus war damals in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine spektakulär neue Art der Malerei. Renoir, Sisley und Bazille, Monets Freunde, Gleichgesinnte und auch Impressionisten, begegnet Ella aber in diesem Buch nicht.
Monet erzählt der kleinen Ella, die ihm so aufmerksam zuhört, wie sein Lehrer ihm damals nahelegte, statt in Studios – wie es zu der Zeit üblich war – in der Natur zu malen. Ella kennt Monets Bilder und sagt: »Sie malen wirklich nur Seerosen.« Monet erwidert, er male vor allem Wasser. »Das Wasser ist das Schwierigste. In ihm spiegelt sich der Himmel … Der Himmel macht das Wasser lebendig.« Von da an habe Monet die Natur als sein Studio angesehen. »Ich wollte die Natur so zeigen, wie ich sie sah. Jetzt. In diesem Augenblick. Die Farben. Das Licht. Die Bewegungen.«
Die Illustratorin stammt aus Litauen, hat schon viele Preise bekommen und empfindet in ihren Bildern für diese Geschichte sehr einfühlsam Monets Stil nach, die Farben, die Tupfer, die Seerosen. Ihre großflächigen Bilder rahmen die ungewöhnliche Begegnung und die Gespräche zwischen Ella und Monet ein, die Bilder stören dabei nicht die Gespräche und die Texte stören nicht die herrlichen Bilder, gefüllt mit vielen Impressionen, mit viel Natur, mit all den Farben, die Monet so liebte.
Am Ende des Buches wird der Impressionismus noch einmal kindgerecht erklärt, Monets Leben nochmals zusammengefasst, einige seiner berühmtesten Bilder gezeigt. Schließlich auch noch ein kurzer Hinweis auf den kleinen Ort bei Paris, Giverny, wo Monet lange Jahre lebte und wo auch seine Seerosenbilder entstanden. Hier gibt es übrigens ein kleines Hotel, »wo man essen und die Bilder an den Wänden betrachten kann, mit denen manche Künstler ihre Unterkunft einst bezahlten«.
Ella ist angetan von dem Künstler und hat nach einem Malnachmittag mit ihrem großen Vorbild in der Natur aber keinen Mut, ihm ihr Bild zu zeigen, das sie gemalt hat. Es sei hässlich, meint sie, das sei egal, sagt der Meister gutmütig und väterlich. Und er rät: »Male so gut und so viel wie du kannst. Habe keine Angst, hässliche Bilder zu malen.« So soll es sein, dass Lehrer ihre Schülerinnen und Schüler ermuntern und anspornen und begeistern! Ein toller Weg, ein tolles Buch, auch den Jüngsten große Meister nahe zu bringen.
Titelangaben
Daniel Fehr: Ella im Garten von Giverny
Ein Bilderbuch über Claude Monet
Illustriert von Monika Vaicenavičienė
München: Prestel 2022
48 Seiten, 16 Euro
Bilderbuch ab 5 Jahren
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