Wenn der Untertitel eines Kinderbuches schon »Ein kunstvolles Bilderbuch« lautet, sollte man wachsam sein. Entweder findet der Leser schnell auf angenehme Weise selbst heraus, ob dem so ist, dann braucht’s den Untertitel nicht. Oder der lobende Untertitel soll ablenken von dem, was kommt … BARBARA WEGMANN hat im Buch geblättert.
Frühling, Sommer, Herbst und Winter, das Buch setzt Tiere in ihrem Lebensumfeld und in vier Jahreszeiten in Szene. Aber wie? Darf ich’s ehrlich sagen: Langweilig, einfallslos und wenig kindgerecht. Da gibt es nichts Aufregendes in den Bildern, Weniges, das sich zu bewegen scheint, viel zu statisch sind die Tiere dargestellt. Sie wirken wie ausgestopft, festgeklebt an Ästen oder auf Wald- und Wiesenboden. Starre, ob es die Wildschweinfamilie ist, die Gartenschläfer oder die Baummarder. Viele, viele Tiere auf 42 Seiten und leider immer wieder dasselbe Symptom: Es mag sich so gar keine Begeisterung einstellen.
Man sieht keine Sonne im Sommer, es regnet nicht im Frühling oder Herbst und im Winter fällt keine Schneeflocke. Die Tiere wirken wie Statisten in ihrem eigenen Umfeld, sie sind überaus brav gezeichnet, wie eine Schularbeit, brav und ohne Leben, arg betulich. Die sie umrahmenden Pflanzen wachsen nicht, sie sind mit ihren kleinen, regelmäßigen Stängeln wie in den Boden gesteckt, Pilze wachsen am Baum unnatürlich in Reih und Glied. Diese Landschaft lebt nicht, sie ist Kulisse für Tiere, die auch nur wenig Leben zeigen. Schade. Christine und Markus Hänni spenden nämlich den Verkaufserlös ihres Buches für Projekte im Naturschutz, sie möchten dazu beitragen, dass »das harmonische Vogelgezwitscher an den Frühlingsmorgen nicht verstummt.« Was für ein toller Ansatz!
Christine Hänni, schon mehrfache Großmutter und sicherlich, eben qua Amt, eine Bilderbuchkennerin, malt gerne in Aquarell-Mischtechniken: Bilder, Karten, Kalender und Kinderkleiderbügel sind ihr Metier.
Markus Hänni, der mit seiner Familie in Bern lebt, schrieb die Texte. Egal, ob es der Alpenschneehase ist, die Waldbirkenmaus, der Rehbock, Fuchs, Dachs oder Biber, das Alpenmurmeltier oder Zaunkönig, Eichelhäher und Waldbaumläufer, mit wenigen Worten skizziert er ihr Wesen, ihr Aussehen, ihre Nahrung, ihren Lebensraum und ihre Besonderheiten. Das sind sicherlich kleine Lehrtexte, die aber über Google-Wissen auch nicht hinausgehen. Sachlich, kurz, fast wie eine Pflichtübung wirken Text und Bilder schließlich gemeinsam.
Vielleicht hat man hier eine Chance vertan: Mehr Lebendigkeit wäre schön gewesen, der Blick durch und für Kinderaugen wäre schön gewesen, so bleibt es ein artiges, etwas biederes und altbackenes Buch. Hübsch, aber 22 Euro für ein Buch, das weder künstlerische Erwartungen erfüllt, noch Spaß bereitet bei Durchblättern, Lesen und gar Vorlesen, das wäre mir eindeutig zu viel. Schade, denn die Papierwahl und das hübsche quadratische Format machten einen vielversprechenden Anfang.
Titelangaben
Christine und Markus Hänni: Tiere in Wald und Bergen
Ein kunstvolles Bilderbuch
Illustriert von Christine Hänni
Thun: Weber-Verlag 2022
42 Seiten, 22 Euro
Bilderbuch ab 3 Jahren
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