Kulinarische Favoriten

Sachbuch | Vergnügt vegan / Die Küche Persiens

Zwei Kochbücher, die zwei so verschiedene Welten vertreten. Ist das eine Buch eine spezielle Art der Ernährung, so entspringt das andere einer jahrhundertealten Ess-, Tisch- und Kochkultur. Beides spannend. Entscheiden sie selbst, welches Ihr kulinarischer Favorit ist. Von BARBARA WEGMANN

Zaubem den man essen kann

Orientalische OrnamenteWären die politischen Verhältnisse im Iran doch auch so harmonisch, faszinierend und einladend wie die Küche dieses Landes. Kein Wunder, dass Iraner selbst heute gern von Persien sprechen, obwohl das Land offiziell Iran heißt. Aber Persien, der Name zergeht schon auf der Zunge, zaubert märchenhafte Bilder einer so alten, großartigen Kultur. Barbara Wegmann hat sich das Buch über Land und Küche angeschaut.

Die Überschwänglichkeit, die Wärme und die Herzlichkeit der Menschen liebe sie so sehr, schreibt die Autorin, deren familiäre Wurzeln im Iran liegen, »die knoblauch- und kräuterverwöhnte Küche, die Süß und Sauer so unnachahmlich miteinander verbindet.« Mit einem Notizblock und einer Flasche Granatapfelsaft – mehr oder weniger – reiste Yasmin Khan 3000 Kilometer durch das Land auf der Suche nach »Rezepten und Geschichten, die etwas über das Leben im heutigen Iran erzählen.«

Entstanden ist ein wunderbares Buch, das mit matten Seiten und Bildern stimmungsvolle Momentaufnahmen von Leben und Genießen im Iran widerspiegelt. Geschichten und Erinnerungen, Gerüche und Geschmackserlebnisse, die nie altern, sondern seit eh und je die Grundmelodie der Persischen Küche sind.

Tradition und Moderne schließen sich in der persischen Küche aber nicht aus. »Junge Iraner entwickeln langsam ihre eigene zeitgemäße Esskultur, indem sie Zutaten und Stile aus Persien mit dem Westen kreativ verbinden- eine reizvolle Mischung aus Alt und Neu«. Wäre es doch auf politischer Bühne ebenso einfach wie in den Küchen der Nationen.

Ab morgen werde ich Müsli essen, das persische Ajil- Müsli, die Zutaten sind zu verlockend: Dattelsirup, Honig, Haferflocken, Sonnenblumen-, Kürbis-, Pistazienkerne und Mandelblättchen sowie verschiedene Trockenfrüchte. Alles im Ofen knusprig geröstet, es wird 14 Tage haltbar sein und kommt sicher nicht nur Menschen im Iran entgegen, die, wie Yasmin Khan schreibt, gern »den lieben langen Tag etwas knabbern.«

Was die persische Küche auszeichnet, ist, dass man nicht zwischen Haupt- und Vorspeisen unterscheidet. Irgendwie kommt alles auf den Tisch, kleine Schälchen mit Dips, Oliven oder Salaten und Tellergerichte. Essen wird zum puren ausgiebigen Genuss.

Immer wieder tauchen sie auf in den vielseitigen Rezepten, die man unbedingt ausprobieren sollte: Minze, Granatapfel, Kurkuma, Koriander, Safran, Rosenwasser, Orangenblütensirup, Limetten, Zimt. Alles erinnert an den Reichtum der Gewürze auf dem Handelsweg der Seidenstraße. Übrigens wird schnell klar, dass die Küche dieses faszinierenden Landes gar nicht so voller Schärfe steckt, wie man zunächst vielleicht vermuten mag.

Auf viele Ausflüge nimmt die Autorin mit, erzählt von großen Städten und weiten Regionen, von Armut und Reichtum, zum Beispiel in Teheran. »Eine Stadt, in der mehr als die Hälfte der Menschen unter der Armutsgrenze lebt, während die Megareichen mit Champagner extravagante Poolpartys feiern … eine Stadt in der sich ultrakonservative Geistliche zum Freitagmorgengebet versammeln, um den Westen zu brandmarken … all das ist Teheran.« Wie schön wäre es vorurteilsfrei diesen Reichtum an Kultur und Küchen-Tradition auch über die Grenzen hinweg zu teilen.

Es ist nicht nur ein Buch der tollen Rezepte, es ist ein Fotobuch, und vor allem auch ein Geschichtenbuch: Geschichten von Reisfeldern und Teeplantagen, von Cafés, von Milch und Honig und Gewürzen und vor allem: Den Menschen in diesem Land. Typisch für die iranische Esskultur ist übrigens das Teilen, wie Yasmin Khan anschaulich, persönlich und charmant beschreibt. »Als ich im Iran allein mit dem Bus oder im Flugzeug unterwegs war, boten mir meine Sitznachbarn ständig Obst, Nüsse oder etwas von ihrem Lunch an. Selbst wer nur wenig hat, gibt davon ab … das ist eine der schönsten Traditionen des Landes.«

Als Fazit hier mein Favorit, obgleich es mir schwerfällt, das zu entscheiden, wären gefüllte Auberginen. Ich nenne hier nur einmal die Gewürze, die schon beim Lesen die Magensäfte erwachen lassen: Knoblauch, Kurkuma, Cayennepfeffer, Zimt, Minze, Petersilie. Ein Buch, das mich rundum begeistert hat.
»Möge sich deine Seele an dem laben, was du isst«, es ist Tradition, diesen Wunsch am Essenstisch auszusprechen.

Wie Essen zur Medizin werden kann

Eigentlich ist es ja so einfach: Ein Auto würde mit falschem Kraftstoff relativ schnell Schäden davontragen. Falsche Ernährung beim Menschen zeigt Schäden oft erst spät. Gesund essen und richtig tanken hat also schon etwas, ob Treibstoff oder Nahrung! Wer‘ s lernen und leben will, der hat mit diesem Buch eine wahre Fundgrube.

Essen soll wie Medizin sein, etwas, das uns guttut, keine Nebenwirkungen hat, ganz im Gegenteil; und wie bei Mary Poppins das Teelöffelchen Zucker dem Ganzen auf die Sprünge hilft, so liegen oft in Zubereitung und Auswahl der Speisen Zauber, Geschmack und Erfolg.

Auf dem Buchcover sind zahlreiche Obst- und Gemüsesorten abgebildet.Beginnen wir mit der Autorin: Glaubwürdig ist sie, sehr überzeugend, ansprechend ihr Anliegen in Text und Bild. Die gebürtige Amerikanerin, die mit ihrer Familie in London lebt, ist, nach eigenen Angaben, seit 30 Jahren überzeugte Veganerin. Eine Überzeugung, die in ihrem Leben auch zur Mission wurde. Schließlich zieht die Familie mit und es gibt mittlerweile viele erfolgreiche Bücher von Peggy Brusseau. Vegan zu leben, ist das schwer? Machen wir uns kurz noch einmal klar: vegan zu leben heißt, auf alle tierischen Produkte zu verzichten, nicht nur in der Ernährung, auch bei Kleidung beispielsweise. Veganer sind sozusagen die verschärfte Form der vegetarischen Ernährungs- und Lebensweise. Diese Lebensweise aber, so die Autorin, reduziere auch ökologische Probleme und sie diene dem Tierwohl.

Was gesund klingt, ist zunächst, wenn man es denn einmal mit einer anderen Ernährung versuchen will, nicht ganz leicht in der Umsetzung. Schließlich ist man nicht nur durch althergebrachte Lebensweise geprägt, sondern muss sich auch mit Neuem auf dem Teller erst einmal vertraut machen. Bekomme ich ausreichend Vitamine, genug Vitalstoffe, läuft man Gefahr, gerade bei Kindern Mangelerscheinungen zu verursachen, alles Fragen, die geklärt sein wollen. Und wenn Sie nun bei einem Brennnessel-Schnittlauch-Omelett an eine Eierspeise denken, das satte Gelb vor Augen haben, dann muss man zunächst lernen, umzudenken. Geschmack, Augen und Kopf müssen lernen, eine kleine Herausforderung bei diesem Omelett bilden Tofu und Kartoffel die Masse, Schnittlauch, Oregano, Kurkuma, Knoblauchzehen und Sesamöl lassen Geschmacksnerven aufhorchen. Warum nicht einmal ausprobieren? Neugier wächst bekanntlich.

Viele Zutaten der meisten Gerichte klingen und sind bekannt, ob es Suppen wie Lauch-Kartoffelsuppe, Pilzcreme-Suppe, leckere Brotrezepte, Rezepte mit Reis oder roten Linsen oder die sehr verlockende Spinat-Artischocken-Tarte ist, das alles ist nicht unbedingt neu. Es sind die einzelnen Zutaten, die vielleicht noch ungewohnt, eben vegan sind, kein Ei, kein Schinken, keine Sahne. Und natürlich keine Bockwurst, kein Schnitzel, keine Bolognese-Soße. Ein einmal anerzogenes Bild auf dem Teller, es muss mit Liebe zu Zutaten, Kochweise und Überzeugung erst einmal verändert werden.

»Lassen sie sich bei der Umstellung auf eine pflanzliche Ernährung nicht entmutigen.« Meint die Autorin, vielmehr solle man sich Zeit geben. »Gestalten sie sich den Übergang stressfrei und köstlich.« Sie empfiehlt: die 80/20-Regel, »ganz simpel … Ihre Ernährung ist vermutlich zu etwa 80 Prozent bereits pflanzlich, es müssen also nur die restlichen 20 Prozent umgestellt werden.«
Ob Frühstück, Mittag oder Abend, die Snacks zwischendurch, ob es die richtige Ernährung ist, die hilft wieder gesund zu werden oder die Ernährung in der Schwangerschaft. Dieses Buch bietet einen weiten Rundum-Blick mit veganem Tenor. Rund 100 Rezepte mit immer wieder grundlegendem Wissen, mit Tipps und Ratschlägen zwischendurch. Da kommt man der Idee, das alles auszuprobieren doch schon sehr nahe.

Aber was ist, wenn Familienangehörige da nicht mitziehen? Dann sollte Toleranz großgeschrieben werden. »Bleiben sie ruhig, solche Situationen sind heutzutage nicht ungewöhnlich und müssen kein Problem sein. Es ist völlig in Ordnung, zu einer Zwei-Essen-Familie zu gehören. Reden sie offen miteinander, ändern sie ein paar Dinge und jeder ist glücklich!« Na, ob das so einfach ist?

Probieren geht angeblich über Studieren! Ein Versuch wäre es wert, das hier Präsentierte in dem einen oder anderen wirklich appetitlich und lecker daherkommenden Rezept auszuprobieren.

| BARBARA WEGMANN

Titelangaben
Peggy Brusseau: Vergnügt vegan
Rezepte und Tipps für die ganze Familie
München: Gerstenberg Verlag 2022
ISBN: 9783836921855
272 Seiten, 34 Euro
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander
| Leseprobe

Yasmin Khan: Die Küche Persiens
Eine kulinarische Reise
München: Dorling Kindersley Verlag 2022
ISBN: 9783831045877
240 Seiten, 24,95 Euro
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

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