Roman | Michel Houellebecq: Unterwerfung ›Unterwerfung‹ (›Soumission‹) heißt der neue, heiß diskutierte Roman des französischen Autors Michel Houellebecq, der – obgleich eine rein fiktive, vielleicht im Grunde utopische Erzählung (der Autor nennt es eine »einigermaßen glaubwürdig erscheinende Beschreibung« – durch die furchtbaren Anschläge auf ›Charlie Hebdo‹ und den jüdischen Supermarkt in Paris eine ganz andere Bedeutung erhielt, ist doch Houllebecqs Buch genau an diesem 7. Januar 2015 in der französischen Originalausgabe erschienen. HUBERT HOLZMANN hat ›Unterwerfung‹ nach den Wochen des »je suis«-Aktivismus noch einmal gelesen.
Roman | Michel Houellebecq: Vernichten
Diesmal ist es kein islamistischer Terror, der in Michel Houellebecqs neuestem Roman Vernichten heraufbeschworen wird. Das 600 Seiten starke Buch des »Sehers der Moderne« richtet sich – wie zuletzt auch in Serotonin (2019) – nach innen: diesmal auf den Zerfall der Familie (oder besser gesagt, den vielleicht vergeblichen Versuch, diese zu kitten) und auf den Rückzug des Ichs. Dieser Rückzug des Menschen auf das Private, diese Innenschau wird unterstützt durch die neuesten Apparaturen der medizinischen Diagnose. Es kommt also noch mehr zum Vorschein als der Frust über menschliche Beziehungen. Von HUBERT HOLZMANN
Roman | Frédéric Beigbeder: Der Mann, der vor Lachen weinte
Octave Parango ist ein Mann, der in der Mitte des Lebens steht – Midlifekrise, Potenzstörung, Fragen nach dem Sinn. Letztere lösen eine existenzielle Krise für den Helden aus. Und gerade deswegen spielt er noch einmal eine ganze lange letzte Nacht hindurch auf der Klaviatur des Lebens. Warum aber schlussendlich selbst Präsident Macron eine Rolle in dieser Pariser »Féte« übernehmen muss, wird nicht verraten. Frédéric Beigbeders neuer Roman Der Mann, der vor Lachen weinte mag für unruhige Nächte als Bettlektüre empfohlen sein – nicht ohne »Aufreger-Garantie« – meint HUBERT HOLZMANN.
Roman | Franzobel: Rechtswalzer In seinen Geschichten taucht der österreichische Autor Franzobel (Jahrgang ’67) mit Vorliebe hinab in die gesellschaftlichen Untiefen der Alpenrepublik. Zu seinem neuen Kriminalroman Rechtswalzer (erschienen im Frühjahr 2019) dürfte ihn aktuell die (kürzlich geplatzte) Mitte-Rechts-Koalition aus ÖVP und den Freiheitlichen angeregt haben. Darin spinnt der Autor die aktuelle fatale politische Entwicklung weiter und erzählt vom Jahr 2024. Eine Rezension von HUBERT HOLZMANN
Roman | Michel Houellebecq: Serotonin Bestimmten Autoren und ihrem Werk wurden immer wieder seherische Qualitäten zugesprochen, seien es Philosophen, die den Fortschritt in der Geschichte der Menschheit beschreiben, oder Poeten, die das Endzeitgrauen von drohenden Kriegen prophezeien. Michel Houellebecq hat in dieser Hinsicht mit seinen Romanen Plattform (2001), in dem er einen islamistischen Anschlag auf einen fernöstlichen Urlaubsort beschreibt, und mit Unterwerfung (2015) zwei Volltreffer erzielen können. Ihn deswegen gleich zum Wiedergänger von Nostradamus küren zu wollen, würde jedoch zu kurz greifen. In seinem neuesten Roman Serotonin, in dem der Franzose in gewohnter Weise dystopisch auf seine Umwelt herabschaut, dichtet
Bühne | Theater: Michel Houellebecq: Unterwerfung. Im Deutschen SchauSpielHaus Hamburg Was passiert, wenn alle sozialen Verbindungen zerfallen? Edgar Selge schafft in einem über zweistündigen Monolog die meisterhafte Entführung seines Publikums in die Schreckenswelt von Houellebecqs ›Unterwerfung‹. Provozierend, anregend und amüsierend. Von MONA KAMPE
Gesellschaft | Svenja Bromberg, Birthe Mühlhoff, Danilo Scholz (Hg.), Euro Trash Wer in den Nachrichten hören muss, dass der Internationale Währungsfonds IWF die »baldige Erhöhung des Renteneintrittsalters in Deutschlandt« ja, genau: »fordert«, fragt sich unwillkürlich, in welche Richtung Demokratie arbeitet. Oder nicht? Hat Politik zu viel Balltreterei gesehen und lernt vom Umschaltfußball, sie wechselt die Richtung und produziert neuerdings ganz unverhohlen die Meinung von oben nach unten? Von WOLF SENFF
Roman | Christoph Keller: Übers Meer In Christoph Kellers aktuellem Roman ›Übers Meer‹ kreuzen sich auf dem Wasser die Wege von Arm und Reich, der Wanderungsstrom von Afrika ins sichere Europa reißt nicht ab, der Kampf der Religionen eskaliert. Und dazwischen zeigt eine Staatsmacht Panikreaktionen. Diesen Roman nach historischen Ereignissen »mit freier Sicht aufs Mittelmeer« – im Schweizer Rotpunktverlag erschienen – hat HUBERT HOLZMANN gelesen.
Bühne | Friedrich Dürrenmatts ›Die Physiker‹ – Volkstheater Wien Elias Perrig inszeniert Dürrenmatts ›Physiker‹ am Volkstheater. Ein alles in allem missglückter Versuch, dem Meister der Katastrophe mit humoristischem Vorpostengeplänkel beizukommen – findet ALBERT EIBL
Kurzprosa | Frank Nihil: Essay oder Stirb ›Essay oder Stirb. Geschichten, Gedanken, Gedichte‹ heißt der Erstling des Karlsruher Musikers und Gelegenheitspublizisten Thomas Hauf, der unter dem Pseudonym Frank Nihil eine schonungslose Seismographie der eigenen, weitgehend als sinnlos empfundenen Existenz zu geben versucht. ALBERT EIBL über Schilderungen des Lebens.