»Was mache ich hier?«

Film | Im Kino: Fluch der Karibik 5 – Salazars Rache

»Kann mir jemand erklären, was ich hier genau mache?« Das ist die erste und durchaus berechtigte Frage des Pechvogels Captain Jack Sparrow, als man ihn mit der Frau des Bankiers im angeblich supersicheren Safe erwischt. Die Frage zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Film, in dem Jack auch im fünften Teil der Fluch der Karibik – Saga lebensbedrohliche Abenteuer besteht, aus denen er teils zufällig, teils durch die Hilfe seiner Crew stets heraus gerettet wird. ANNA NOAH fragt sich »Was mache ich hier?«

Was bisher geschah … Die Teile 1–4

Pirates-of-the-Caribbean-5-Dead-Men-Tell-No-Tales-2017Sechs Jahre ist es her, dass die ›Fluch der Karibik‹-Reihe vorerst zu Ende ging. Es war damals spürbar die Luft ausgegangen und sie segelte für viele in den Hafen der überflüssigsten Filme. Alle Teile seit 2003 erzählen Episoden aus dem Leben des reichlich durchgeknallten Piraten Captain Jack Sparrow (Johnny Depp).

Im ersten Film bringt ein gewisser Captain Barbossa Jacks Schiff, die »Black Pearl« in seine Gewalt und überfällt damit die Hafenstadt Port Royal. Barbossa entführt die Gouverneurstochter Elizabeth Swann. Jack möchte sein Schiff wieder, der junge Will Turner seine Elizabeth. Daher müssen sie eine Allianz eingehen.
Im darauf folgenden Film findet Jack heraus, dass er eine Blutschuld mit Davey Jones, Captain des Geisterschiffes »Flying Dutchman«, zu begleichen hat. Er muss einen Weg finden, diese loszuwerden oder er wird ebenfalls zu ewiger Verdammnis als Geist verurteilt.

In Teil 3 ist Jack Sparrow von Davy Jones am Ende der Welt gefangen genommen worden. Will Turner und Elizabeth Swan verbünden sich mit allen unangenehmen Piraten, um ihn zu retten. Teil 4 der Reihe fügt sich nicht in die vorherigen ein, es gibt eine losgelöste Story und einige neue Schauspieler warten auf.

Jack Sparrow trifft eine mysteriöse Frau aus seiner Vergangenheit, die ihn zwingt, zusammen mit dem gefürchteten Piraten Edward Teach, genannt Blackbeard, die berüchtigte Quelle der Jugend zu suchen. Währenddessen schicken ihnen die Spanier einige Schiffe unter der Leitung von Hector Barbossa auf die Fersen. Blackbeard hat eigene Beweggründe, die Quelle zu finden, während Barbossa Rache an Jack nehmen will.

Nummer 5 – »Jack is back!«

Geisterpiraten, angeführt von Captain Salazar, entkommen aus dem Teufels-Dreieck. Der spanisch-stämmige Kapitän »starb« durch den jungen Jack Sparrow, wie man in einer Rückblende sieht, in welcher der Schauspieler per Computeranimation realistisch verjüngt wurde. Nun will Salazar Rache nehmen und jeden Piraten auf See töten, einschließlich Jack. Seine einzige Überlebenschance ist ein legendärer Dreizack, der in den Tiefen des Ozeans ruht. Er soll dem Besitzer die Kraft über die gesamten Meere verleihen und jeglicher Zauber kann mit ihm gebrochen werden.

Es gibt ein Wiedersehen mit Will Turner (Orlando Bloom) und Elizabeth Swann (Keira Knightley), da der Film nicht losgelöst steht, sondern einen Bezug zu Teil 3 aufweist. Will Turner wurde in »Dead Man’s Chest« zu einem Seelengeleiter und muss diejenigen, die auf See sterben, ins Jenseits befördern. Alle zehn Jahre darf er einen Tag an Land mit seiner geliebten Elizabeth verbringen, die seither über sein schlagendes Herz wacht.

Sein Sohn Henry (Brenton Thwaites) hat sich in den Kopf gesetzt, den Vater zu befreien. Dazu begibt er sich auf die Suche nach Jack Sparrow. Nur er kann mit dem Trident den Fluch brechen. Henry findet ihn in einem Verlies, in welchem Jack auf seine Hinrichtung wartet. Zusammen mit seiner alten Crew rettet Henry dem Piraten und der Astrologin Carina Smyth (Kaya Scodelario), die der Hexerei angeklagt ist, den Kopf. Zusammen lassen sie Jacks altes Schiff, die ›Black Pearl‹, wieder auferstehen und machen sich mit einer Karte, die – wir haben es geahnt – »no man can read«, auf die Reise.

Bedrohliches und Klamauk

Fans von ›Fluch der Karibik‹ werden nicht enttäuscht. Der Film ist ein actiongeladenes Abenteuer mit beeindruckenden visuellen Effekten. Er hat ein gutes Tempo, solide Action – und mit Salazar wurde ein durchaus bedrohlicher Antagonist erschaffen. Fortsetzung Nummer fünf liefert natürlich genau den Klamauk, den man von Jack Sparrow erwartet. Jeder Dialog sitzt perfekt, es gibt keine Längen und das Ende ist ausgezeichnet in Szene gesetzt.

›Salazars Rache‹ hat zwar einen anderen Hauptkomponisten als die bisherigen Teile, kann sich aber trotzdem hören lassen. Es handelt sich um Geoff Zanelli, einen von Hans Zimmers langjährigen Schützlingen. Da er zusammen mit Hans Zimmer auch schon zur Filmmusik der anderen ›Fluch-der-Karibik‹-Teile beitrug, ist er für Kenner kein Neuling. Er hat sein Talent schon bei ›Mortdecai – Der Teilzeitgauner‹, ›Das wundersame Leben des Timothy Green‹, ›Masterminds‹ oder dem Animationsfilm ›Sam – ein fast perfekter Held‹ unter Beweis gestellt.

»Was mache ich hier?«

›Salazars Rache‹ muss sich nicht hinter seinen Vorgängern verstecken. Allerdings fragt man sich als Zuschauer ähnlich Jack Sparrow den gesamten Film über »Was mache ich hier?« Der Platzhalter hier kann mit dem eigenen Leben ersetzt werden. Ist man eher entspannt und sieht alles locker – frei nach dem Motto »Wird schon gut gehen? Und wenn nicht, habe ich immer noch meine Rumflasche.« (Jack) oder hat man klare Ziele im Leben (Henry), will verbittert Rache nehmen (Salazar) oder ist man auf der Suche nach sich selbst und seiner Familie (Carina)?

»Was mache ich hier?« könnte auch als ein Entwurf über die genehmigte Schadenfreude des Publikums durchgehen. In ›Fluch der Karibik 5‹ gibt es darauf nur eine akzeptable Antwort: Spaß haben! Vor allem an den Missgeschicken Jack Sparrows. Dieses Konzept zieht der Film konsequent im Spannungsbogen durch, von der ersten Minute, wo ein offener Tresor samt Bankgebäude aus Holz von sechs Pferden weggezogen wird, bis hin zum Schluss, wo es Jack auf die bekannte, schräge Art einfach nicht gelingen will, den magischen Trident in die Finger zu bekommen. Gewürzt mit neuester 3D – Technik kann für die Fans der Reihe nichts mehr schiefgehen. Die Unterstützung von Jacks Mitstreitern ist brillant, denn im Gegensatz zu ihm wissen die anderen ziemlich genau, was sie »da machen«.

Das Ende ist wenig überraschend, dafür emotional kaum zu übertreffen.
Also, was machen Sie hier?

ANNA NOAH

Titelangaben
Fluch der Karibik 5 – Salazars Rache
Regie: Joachim Rønning, Espen Sandberg
Drehbuch: Jeff Nathanson
Darsteller/Cast:
Captain Jack Sparrow: Johnny Depp
Captain Salazar: Javier Bardem
Carina Smyth: Kaya Scodelario
Henry: Brenton Thwaites
Elizabeth Swann: Keira Knightley
Will Turner: Orlando Bloom
u.v.a.
Musik: Geoff Zanelli
Kamera: Paul Cameron

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Das sind die Bretter, die die Welt bedeuten!

Nächster Artikel

Stage Dives And White Noise: An Interview With Cajsa Siik

Weitere Artikel der Kategorie »Film«

Radikales Konzept der Sexualität

Kulturbuch / Film | Georg Seeßlen: Lars von Trier goes Porno / Lars von Trier: Nymphomaniac II ›Nymphomaniac‹ ist ein viereinhalbstündiger Film des dänischen Regisseurs Lars von Trier, der die Kinos in zwei annähernd gleich langen Teilen erreicht, sein Thema ist eine Entwicklung von Sexualität. Im Februar schon lief der erste Teil in Deutschland an, knapp zweistündig. Kaum jemand hat es bemerkt, dieser Tage folgt ›Nymphomaniac II‹, gut zweistündig, zur »Lebensbeichte einer Nymphomanin« aufgehübscht beim Deutschlandfunk. Er wäre – ein hardcore-Porno ist ehrlicher – kaum der Rede wert, wenn nicht der kluge Kulturkritiker Georg Seeßlen passend zum Filmstart einen Essay

Heftige Gefühle entwickeln

Menschen | Zum 80. Geburtstag des Filmregisseurs Joseph Vilsmaier »Das Filmen ist nicht nur mein Beruf, es ist auch mein Hobby, seit ich 14 bin. Da kommt also alles zusammen. Das versuche ich so gut wie möglich zu machen«, hat Joseph Vilsmaier vor knapp zwei Jahren rückblickend in einem Interview bekannt. Ein Porträt von PETER MOHR

Japans eigenwillige Filmkultur

Interview | Japan-Filmfest Hamburg (28.05.-01.06.) Das Japan-Filmfest feiert ab Donnerstag in Hamburg 15-jähriges Bestehen. Hierzulande haben japanische Filme den Ruf besonderer Abgründigkeit und auch Brutalität. Mit den Organisatoren sprach WOLF SENFF über die eigenwillige Filmkultur aus Fernost.

Ungemein erfolgreich

Gesellschaft | H.Lorenz, L.Franke, G.Koppel (Hg.): Wer rettet Wen? – Die Krise als Geschäftsmodell / Auf DVD: L.Franke, H.Lorenz: ›Wer rettet wen? Die Krise als Geschäftsmodell auf Kosten von Demokratie und sozialer Sicherheit‹ Herdolor Lorenz und Leslie Franke genießen als Dokumentarfilmer einen besonderen Ruf, ihre Arbeiten sind stets dicht am Puls der Zeit. »Bahn unterm Hammer« (2007) begleitete die Debatte um die Privatisierung der Bundesbahn, »Water makes Money« (2011) erschien punktgenau zum Konflikt um die Privatisierung der Berliner Wasserversorgung. Von WOLF SENFF

Die verunglückte Hochzeit oder Hohe Zeit für Liebe

Film | Im Kino: Edward Yang: ›Yi Yi‹

Der englische Titel ›A One and a Two‹ klingt ein wenig nach den Zahlenspielereien Peter Greenaways und der chinesische nach einem »Ja Ja«. Nichts davon stimmt. Der jüngste Film des 1947 in Shanghai zwar geborenen, aber in Taiwan aufgewachsenen Edward Yang ist ein aufgeblättertes Familien-Album vielfacher Gleichzeitigkeiten im heutigen Taipeh. Von WOLFRAM SCHÜTTE