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»Theater als subventionierte Opposition«

Bühne | Hansgünther Heyme: Gilgamesch (Theater im Pfalzbau)


Der bald achtzigjährige »Theaterverhunzer« Hansgünther Heyme nimmt mit dem Gilgamesch-Epos seinen Abschied als Intendant in Ludwigshafen. Ein exemplarischer Fall – geschildert von DIDIER CALME

Hansgünther Heyme am Regiepult zur Gilgamesch-Inszenierung in Ludwigshafen. Photographie: Bettina Müller.
Hansgünther Heyme am Regiepult zur Gilgamesch-Inszenierung in Ludwigshafen.
Photographie: Bettina Müller.
Einst wurde eine Mauer niedergerissen. Nicht vom Volk. Das wünschte sich nach den Ereignissen apokalyptischen Ausmaßes gar, sie solle wieder aufgebaut werden, ebenso die Kult(ur)stätten, die das Gemäuer eigentlich schützen sollte. Zerstört hatte dieses kilometerlange, sehr lange vor der Chinesischen Mauer errichtete, mächtige Bollwerk die Sintflut. Etwa fünftausend Jahre liegt das zurück, dreitausend vor Beginn unserer, der christlichen Zeitrechnung. Mit diesen fünf Jahrtausenden wäre man bei dem biblischen Ereignis, das die Kreationisten in Gegnerschaft zu den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen Darwins als den Beginn der kreativen Phase des christlichen Gottes bezeichnen. Und die sie als Glaubenslehre vermitteln, die sie in den USA in der Form von Tempeln musealisiert haben, obwohl die Geschichte noch gar nicht zu ende ist.

Tatsächlich dürften die Geschehnisse achttausend und mehr Jahre zurückliegen, auch von dreißigtausend ist innerhalb der Wissenschaft die Rede, so genau wissen die Forscher es noch nicht. Stefan M. Maul, Altorientalist und Assyriologe, Ordinarius der Universität Heidelberg, meinte anlässlich eines Vortrags im Ludwigshafener Theater im Pfalzbau über das mit höchster Wahrscheinlichkeit erste schriftlich festgehaltene Epos der Welt, das um den einstigen teilgöttlichen König Gilgamesch, er sehe das Endstadium der Archäologie im ehemaligen Zweistromland Mesopotamien, an Euphrat und Tigris gelegen, geographisch einzuordnen zwischen der heutigen Türkei, dem Iran, Syrien und Irak, nicht ab; er werde es nicht mehr erleben, achtzig bis hundert Jahre werde es wohl noch dauern, bis die letzten, mit Keilschrift versehenen Tontafeln ausgegraben sein werden. Die brächten allerdings den Vorteil mit, im Gegensatz beispielsweise zu Papyrus und Buchdruck, gar zu den heutigen digitalisierten Schriften, als Träger im Prinzip unzerstörbar zu sein, tief in der Erde, mit ewigem Leben bedacht.

Chor der sumerischen Tragödie, Götter und Volk Photographie: Bettina Müller
Chor der sumerischen Tragödie, Götter und Volk
Photographie: Bettina Müller

Um das ewige Leben, dessen Ende die Kulturalisierung der Menschheit selbst herbeigeführt hat, geht es in ›Gilgamesch‹ bzw. in der Inszenierung von Hansgünther Heyme, mit der er sich nach bald elfjähriger Tätigkeit als Intendant des Ludwigshafener Theaters im Pfalzbau verabschiedet. Mit einer Aufführung, die bereits in den Anfangsbildern an die antiken Tragödien erinnert, die der 1935 geborene Protagonist des Regietheaters immer wieder auf die Bühnen gestellt hat. Gilgamesch ist der zu zwei Dritteln göttliche König von Uruk, der ersten Metropole der Welt, die er nach der Sintflut wieder aufbauen soll.
Diese Naturgewalt ist in der christlichen »Geschichtsschreibung« über das Alte Testament bzw. die Bibel, in der jüdischen über die Thora respektive den babylonischen Talmud (der Aufzeichnung der mündlichen Überlieferung) verbrieft. Gilgamesch ersehnt die Ewigkeit. Deshalb begibt er sich nach dem Tod seines Freundes Enkidu, seinem von den Göttern ihm als gleichstarkes Gegengewicht oder auch aus der Natur hervorgegangenem Alter Ego geschaffenen Ebenbild, auf die Suche. Auf eine Reise um die Welt – abenteuert sich durch: durch die Tiefen, zum Ende hin nicht nur der der Unterwelt – Tiefe bedeutet in diesem literarischen Zeugnis der Entstehung von Kultur auch, seherisch zu werden, also die Erkenntnis an sich. Um dann im fortgeschrittenen Alter festzustellen bzw. sich vom einzigen Über- und tatsächlich Ewiglebenden, dem Uta-napischti, der in der biblischen Darstellung als Noah auftauchen sollte, vielsagend und (hinter-)listig bedeuten zu lassen: Auch er ist sterblich. Es handelt sich um einen sozusagen unsterblichen Stoff auch in der modernen, bis hin zur zeitgenössischen Literatur, dessen Grundlagen sich allerdings durchweg aus den antiken griechischen bis römischen Mythologien nähren. Die Archäologie, die Forschung um die Jahrtausende zuvor gebildete sumerische Kultur steckt noch immer tief in den geologischen Schichten der Altorientalistik, die ersten Ausgrabungen liegen gerademal gut hundert Jahre zurück.

Es hat Gilgamesch nichts genutzt, gemeinsam mit Enkidu den gewaltigen Himmelsstier, diesen vielköpfigen Drachen der Götter, diese Hydra von unermesslicher Kraft niedergerungen, ihn getötet zu haben. Der Himmelsstier kann synonymisch auch für Naturgewalten stehen, zum Beispiel für die alle Kultur niederreißende Sintflut, aber ebenso für kriegerische Nachbarvölker, die sich gegen die Abholzung ihrer Baumbestände wehren. Auch Humbaba wurde besiegt, der mächtige Wächter des Zedernwaldes. Die Teilgöttlichkeit hat Gilgamesch nicht geholfen, er ist letzten Endes schlicht Mensch geworden, er wird das Zeitliche segnen.

Ernst Bloch: »Architektur insgesamt ist der Produktionsversuch
menschlicher Heimat.«

Nun handelt es sich bei Ludwigshafen nicht um die Weltmetropole Uruk, deren heilige Stätten von der Sintflut weggeschwemmt wurden. Aber eine gewisse Ödnis herrschte in der Industriestadt durchaus vor, als Hansgünther Heyme vor bald elf Jahren dort seine Theaterarbeit aufnahm. Das Gleichnis mag statthaft sein, er wollte die nach dem bayerischen König Ludwig I. benannte Kulturstätte wieder aufrichten. Die nach den Zerstörungen durch den Zweiten Weltkrieg architektonisch sowie städteplanerisch völlig missraten wiederaufgebaute, nahezu ausschließlich dem Autoverkehr unterworfene oder auch überbrückte Stadt, die am Rhein an Schillers ›Räuber‹-Uraufführungsort, dem badischen, kurpfälzischen Mannheim grenzt, ist der breiteren Bevölkerung wohl am ehesten bekannt durch die Badische Anilin- und Soda-Fabrik (BASF), vielleicht auch noch von Helmut Kohl, von 1982 bis 1998 der sechste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Der Philosoph Ernst Bloch gibt der Stadt ein wenig Bildungsglanz: ihm war der Vergleich zwischen der Arbeiterstadt Ludwigshafen und der seiner Meinung nach bürgerlichen Kommune Mannheim von außerordentlicher Bedeutung (»Architektur insgesamt ist der Produktionsversuch menschlicher Heimat«).

Hansgünther Heyme hatte sich bewusst entschieden, nach künstlerischer Leitung von großen, angesehenen Häusern wie etwa Bremen, Essen, Köln, Stuttgart oder der weit über zehnjährigen Intendanz der von ihm gegründeten Ruhr-Festspiele Recklinghausen, ein Theater ohne festes Ensemble und ohne Werkstätten zu leiten – und dem »Operettenbedürfnis« eines an Gastspiele gewohnten Publikums entgegenzuwirken. Das 1968 eingeweihte Haus war der Nachfolgebau des alten, 1928 errichteten Pfalzbaus am Berliner Platz, der in den Bombennächten von 1943 bzw. 1945 zerstört worden war. Nach dem Krieg wurde das Gebäude provisorisch zum Teil zwar wieder aufgebaut, musste aber 1957 der neuen, für Ludwigshafen typischen Hochstraßen-Verkehrsführung weichen. Auch auf Betreiben von Heyme wurde der Pfalzbau 2007 bis 2009 saniert und umgebaut. Im ›Theater im Pfalzbau‹ wollte er ein Modell für ein Haus etablieren, das vor allem auf Kooperation mit anderen Spielstätten basiere.

Dieses Vorhaben einer Erneuerung zumindest dieser Kulturstätte durch den einstmaligen Schauspieler, Architektur-, Germanistik-, Philosophie- und Soziologiestudenten – »Die Vorlesungen, die ich besucht habe, waren auch ganz unterschiedlicher Natur: Medizin und Psychologie, alles mögliche habe ich mir angehört. Ich war immer zerrissen zwischen Mathematik und Philosophie, zwischen freier Kunst und Gestaltungsaufgaben.« – und späteren Regisseur Heyme, der als Assistent des legendären Freigeistes Erwin Piscator tief eingestiegen war in dieses Genre, hatte allerdings nicht diese apokalyptische, grundinnovative Dimension wie die eingangs erwähnte mythologische um die Metropole Uruk. 2004 hatte Heyme als Intendant das ›Theater im Pfalzbau‹ übernommen, mit 1150 Sitzplätzen zwar das größte in Rheinland-Pfalz, als eines ausschließlich für Gastspiele aber überdimensionierten Hauses.

Ring der Nibelungen: Götterdämmerung, in der Inszenierung von Hansgünther Heyme im Theater im Pfalzbau, 2012
Ring der Nibelungen: Götterdämmerung, in der Inszenierung von Hansgünther Heyme im Theater im Pfalzbau, 2012

Und alle paar Jahre haut den Nostalgikern, die seit 1976 (Chereaus Ring!) das Abendland untergehen sehen, ein Intellektueller bestätigend die Faust zwischen die Gralskelche: Recht habt ihr! Die Regisseure schänden Texte und Töne, das Publikum wird zur Staffage – so wettert man gegen das, was in London als ›Euro-Trash‹ gilt. Besonders heftig hat jetzt der Musikwissenschaftler Laurenz Lütteken in der Neuen Zürcher Zeitung zugeschlagen. Er erinnert an das Bayreuth von 1943, als durch Aufmarschieren einer echten SS-Standarte auf der Bühne der Meistersinger dieses Werk missbraucht worden sei.« (Volker Hagedorn in ›Zeit-Online‹, 29. September 2014)

Georg Hensel, zu Lebzeiten gerne überpointierender Kritiker der ›Frankfurter Allgemeinen Zeitung‹, meinte nach den Anfängen des Regietheaters noch moderat: »Der Zuschauer wurde in eine Distanz gerückt, die ihn durch die Komik des Antiquierten, durch die vorgetäuschte Einfalt der Darbietung bezauberte und die ihn zugleich zur kritischen Beurteilung der Vorgänge anregte – die Lust am Spiel und die Lust des Denkens fielen zusammen.« 1972 erschien dann sein Buch ›Wider die Theaterverhunzer‹. Heyme war einer der Gründerväter dieser Zertrümmerer.

Regietheater war eine ursprünglich abwertend gemeinte Bezeichnung für Inszenierungen, in denen die Vorstellungen der Regisseure nach Auffassung von deren Gegnern die Inhalte der Stücke verzerrten und in denen deren Meinung nach eindeutig zu viel Nacktheit und auch Gewalt die Szenerie beherrschten. Für die Protagonisten dieser in den sechziger Jahren entstandenen Theaterform bedeutete es allerdings lediglich, klassische Stoffe für die Gegenwart neu zu deuten. So inszenierte 1965 Heyme beispielsweise am Hessischen Staatstheater Wiesbaden Schillers ›Wilhelm Tell‹, der zum Skandal geriet, da er den Stoff inszenatorisch in die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft rückte; deshalb wurde er seinerzeit in der Schweiz gar vorübergehend in Haft genommen. Enormen Wirbel verursachte 1971 die Münchner Uraufführung von Wolf Biermanns ›Der Dra-Dra‹, in der ein für den Kapitalismus stehender Drache getötet wurde; innerhalb des Publikums kam es dabei teilweise zu Prügeleien. Im selben Jahr wurde Heyme wegen seiner Inszenierung von Dieter Fortes ›Martin Luther & Thomas Münzer oder Die Einführung der Buchhaltung‹ ausgebuht, weil am Ende der ermordete Münzer nackt aufgehängt dargestellt wurde.

Es war die Phase, zu der Heyme, wie so viele andere Aktive der Künste auch, sich für eine Liberalisierung der Gesellschaft engagierte, in der der Muff von tausend Jahren auch aus den Talaren der Künste geschüttelt werden sollte. Es war die Zeit, in der begonnen worden war, Kunst nicht mehr nur aus der Perspektive der Burg, sondern vermehrt aus der des Grases zu zeigen. Das Edle, Erhabene geriet zusehends ins kritische Blickfeld, die Theaterliteratur wurde zunehmend analysierend auseinandergenommen und unter zeitgenössischen Blicken neu zusammengesetzt.

Manche Politiker hätten Hansgünther Heyme sicherlich gerne Berufsverbot erteilt. Doch der gehörte nun mal zur Vorhut dieser staatlich subventionierten Opposition, die durch die Institutionen marschierte. Es handelte sich um international orientierte und tätige Theaterregisseure, die die Klassiker heftig durchgebürstet und dabei enorme Bühnenstaubnebel aufgewirbelt hatten, nicht zuletzt in den Köpfen der Bewahrer des Wahren, Guten und Schönen. Es war die ungemein erfrischende, lebendige Phase des Regietheaters, zu der beispielsweise eine deutlich hanseatisch anmutende Besucherin zur Pause von Peter Zadeks Othello-Inszenierung bzw. -Aufführung 1977 am Hamburger Schauspielhaus anmerken sollte, es sei »dégoutant, wie die [Eva] Matthes da ihre Brüste über die Balustrade« hänge. Oder als Zadeks andere Shakespeare-Figur ›Hamlet‹ alias Ulrich Wildgruber nicht wie weiland Ernst Lubitschs polnischer Dänenkönig an den Bühnenrand trat und vernehmlich, aus heutiger Sicht durchaus sehr komisch, geradezu lächerlich rampensäuisch »Sein oder Nichtsein« sein »ob’s edler im Gemüt« deklamierte, sondern gar ins Rund eines Zirkuszeltes (im seinerzeit noch nicht so konventionellen Münchner Theaterfestival) den berühmten, fast überzitierten Monolog hinein-, ja geradezu wegnuschelte, überhaupt kaum mehr Königliches, Erhabenes zu sehen war, sondern eigentlich nur noch schwitzender, schmieriger Abfall von tradierter Bühnendarstellung.

Peter Steins Figuren seien noch beispielgebend erwähnt, der die übermächtig, ja virulent werdende Postmoderne, im übrigen ein Anfang der sechziger Jahren von einem US-amerikanischen Literaturwissenschaftler, dem Bruder des Architekturtheoretikers Charles Jencks, geprägten Begriff vom Alles-Machbaren, dem Anything goes, bildhaft vorwegnehmend auf eine ausgeprägt komisch wirkende theatralische Formel brachte, indem der bürgerliche Salon des molièreschen Menschenfeinds in maßgeschneiderten, später in den sogenannten Edelmarken Armani oder Boss aufgehenden Kostümen auftrat, die Autoschlüssel zum bayerischen Motorenwerk schwingend. Und der von der antiken Tragödie kommende Heyme gehörte der Avantgarde dieser respektlosen, vor keinem Klassiker haltmachenden, ismusfreien anarchisch-kämpferischen Truppe an. Da es, wenn auch zeitlich befristete, Verträge gab, konnte man ihn zwar nicht ohne Weiteres von Hofe jagen, ihn nicht mit Berufsverbot belegen wie jeden Lehrer oder Postboten …

Wider das Hoftheater

Einmal wäre es fast gelungen, Hansgünther Heyme vom Hof zu jagen. 1979 hatte er am Württembergischen Staatstheater Stuttgart Claus Peymann als Schauspieldirektor abgelöst; auch der einer dieser Theaterverhunzer. Vom Kölner Stadttheater war Heyme gekommen, wo er unter anderem intensiv mit Wolf Vostell als Bühnenbildner zusammenarbeitete. Vostell war einer der ersten bildenden Künstler, die sich der der Umweltproblematik bildwirksam angenommen hatte (und die Heyme mit seiner ›Gilgamesch‹-Inszenierung jetzt wieder aufgreift). Den mit Vostell erarbeiteten Kölner Hamlet hatte er mit nach Stuttgart genommen. Da war dieses Bühnenbild, »eine Landschaft des Blutes, umgestürzten Autos, Teerpfützen und die Mädchen alle nackt«, wie Heyme erzählt, Blut tropfte aus dem Maul eines aufgehängten Pferdes, das habe ihn »dann reingerissen in die Katastrophe«. Auch das bundesdeutsche Groß-Feuilleton hatte keine sonderlich gute Meinung von ihm. Es waren, so Heyme im Frühjahr 2014 in einem Gespräch im 2. Hörfunkprogramm des Südwestrundfunks, »damals sehr viele dieser Kritiker von großem reaktionären Bewusstsein, standhaft reaktionär, in schlimmer Weise …«. Benjamin Henrichs habe in der Zeit mal geschrieben, »da darf man nicht mehr hingehen. Wir, die deutschen Kritiker, befinden dieses Theater Stuttgart für tot, wir kommen nicht mehr. Das haben die auch durchgehalten, ’ne Weile, bis die Erfolge nicht mehr aufzuhalten waren.«

Doch die eigentliche, fast schon wieder komische Tragödie nahm ihren Lauf durch ein Stück des Stuttgarter Autors Günter Rüber, das Heyme 1983 am Staatstheater inszenieren wollte: ›Der Lieblingsnazi‹, eine Anspielung auf Erwin Rommel, den nordafrikanischen Wüstenfuchs der deutschen Reichsarmee; der Schauspieldirektor Heyme sah dies als einen Versuch der Beantwortung auch der Stuttgarter Bühne auf »verdrängte Zeitfragen«.
Des Afrikafeldherrns Sohn Manfred, Oberbürgermeister der baden-württembergischen Landeshauptstadt, ward darob recht ungehalten, da er seinen Vater diffamiert sah. »Da hat«, so Heyme im Südwestrundfunk, »der Rommel dann auch völlig durchgedreht.« Es kam zu erheblichen Auseinandersetzungen innerhalb des Theaterbeirats sowie in der Öffentlichkeit, an deren Ende Heyme schließlich das Handtuch in den Ring Württembergisches Staatstheater warf.
Auch wenn das Stuttgarter Stadtoberhaupt, wie dem Reutlinger General-Anzeiger vom 23. November 1983 zu entnehmen ist, niemals darauf hingewirkt hat, dass »Herrn Heyme irgendetwas verboten wird«, hatte dieser erneute »Theaterskandal« Nachwirkungen. 1985 sollte Heyme das Schauspiel in Frankfurt am Main übernehmen. Die Verträge waren bereits unterzeichnet, so Heymes Schilderung gegenüber dem Autor, als Manfred Rommel seinen damaligen Oberbürgermeisterkollegen Walter Wallmann, den späteren CDU-Bundesumweltminister sowie Ministerpräsidenten des Landes Hessen, anrief und diesem bedeutete, dieses »linke Schwein« könne man doch »nicht zum Intendanten machen«.
Darauf wurden alle bereits geschlossenen Verträge in Frankfurt am Main gelöst. Intendant wurde Günther Rühle, zu der Zeit Feuilletonchef der ›Frankfurter Allgemeinen Zeitung‹. Der sorgte sofort für Furore. Der laut Heyme mit Unterstützung der jüdischen Gemeinde der Stadt in diese Funktion gelangte Theatertheoretiker setzte gleich zu Beginn – ein geschickter Zug im (kultur-)politischen Schachspiel? – Rainer Werner Fassbinders umstrittenes Stück ›Der Müll, die Stadt und der Tod‹ zur Wiederaufführung an, das unter anderem auf Ignatz Bubis anspielt, den langjährigen Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland.
An der darauffolgenden, in der Öffentlichkeit ausgetragenen Debatte gingen auch Freundschaften zu Bruch; der Autor erinnert sich. Der vom Hof gedrängte Hansgünther Heyme übernahm dann das Essener, das heutige ›Grillo-Theater‹. Von 1985 bis 1992 war er dort Schauspieldirektor; durch seinen Einsatz wurden 1988 Pläne der Kommune abgewendet, das Haus wegen Baumängeln zu schließen.

Hundertjähriger , sozialdemokratischer Schlaf

Nun muss er auch in Ludwigshafen gehen. Noch im März 2013 hatte der Stadtrat einstimmig die Vertragsverlängerung beschlossen bzw. festgestellt: »Mit den Festspielen Ludwigshafen gelang es ihm, ein großes internationales Theaterfestival in Ludwigshafen zu verorten. Mit themenbezogenen Schwerpunkten wie den Festwochen Türkei oder – neu – den Theatertagen ORIENTierung, die sich dem arabischen Frühling widmen, setzte Heyme wichtige Akzente. Ein weiterer Schwerpunkt seines Schaffens ist die gelungene Öffnung des Theaters sowie die erfolgreiche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.« Und die Kulturdezernentin Cornelia Reifenberg fügte hinzu: »Hansgünther Heyme ist eine große Persönlichkeit in der deutschen Theaterlandschaft und ein unermüdlicher Botschafter für das Theater. Ich freue mich sehr, dass Hansgünther Heyme nun seine erfolgreiche Arbeit für die Stadt bis 31. Dezember 2014 fortsetzen kann. Er hat das Profil des Theaters neu geschärft. Es ist ihm gelungen, Ludwigshafen als Theaterstadt überregional zu positionieren, zum Beispiel durch die Festspiele Ludwigshafen, durch viel beachtete eigene Regiearbeiten oder durch die Realisierung von Wagners ›Ring des Nibelungen‹ in Koproduktion mit der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz und in Kooperation mit der Oper Halle.«

Zweifelsohne ist Heyme es gelungen, In Ludwigshafen neben den erwähnten Ereignissen zudem ein anspruchsvolles Gastspielprogramm aufzustellen, das zeitweise durchaus an die hohe, internationale Qualität der Ruhr-Festspiele Recklinghausen erinnert. Und wer diesen, sowohl in Gesprächen als auch bei der Regiearbeit selbst, geradezu ungeheuerlich vitalen fast Achtzigjährigen erlebt, der kann sich nicht nur vorstellen, dass er den ›Gilgamesch‹, den einst ungestüm herrschenden, jedoch durch Erfahrung und Erkenntnis weise gewordenen König der Weltmetropole Uruk, im Notfall auf der Bühne auch noch selber gäbe, dem wird deutlich, dass es für ihn ein leichtes wäre, zumindest noch weitere fünf Jahre die kulturelle Erneuerung voranzutreiben. Es steht ohnehin an, zu vermuten: Heyme wird mit 120 mit den Füßen voraus von der Bühne getragen werden.

Doch die Arbeiterstadt Ludwigshafen scheint sich gegen einen derartigen Erneuerer zu wehren, als gelte es, einen hundertjährigen Schlaf zu schützen. Dem sozialdemokratischen Kulturverständnis nach agiert Heyme zu »elitär«. Es handelt sich dabei um eines, in dem zwar fortwährend von Bildung gesprochen wird, bei dem jedoch das eigentliche Bildungsziel völlig aus dem Blickfeld geraten ist: Die Entwicklung eigen-, selbständiger Gedanken. Gefördert wird allein das Repetieren von Formeln, das dem wirtschaftlichen Nützlichkeitsprinzip zuträglich ist. Hinzu kommt, da dürften sich die großen politischen Parteien allerdings einig sein: Kunst als integraler Bestandteil von Kultur als der »Gesamtheit der Lebensäußerungen eines Volkes«, wie sie die gute alte Brockhaus-Enzyklopädie definiert, dieses (Über-)Lebensmittel darf so gut wie nichts mehr kosten, ein »Operettenbedürfnis« ist leicht über die Billigheimer zu erfüllen.

Heyme, der politisch immer der SPD zugeneigt war, meint allerdings, es gebe sie ohnehin nicht mehr; anders ausgedrückt: Es gebe dort niemanden mehr, der freigeistige Gedanken zulasse. Ein paar wenige in Nibelheim, wie Heyme in Anlehnung an seine bemerkenswerte ›Ring‹-Inszenierung Ludwigshafen nannte, sind in gewisser Weise stolzerfüllt, dass die Stadt beispielsweise mit der Wagner-Tetralogie einige Jahre in aller Munde, auch in vielen bedeutenden Feuilletons vertreten war; die eindrucksvolle Dokumention, die das außerordentliche Musiktheaterereignis belegt, wird zurzeit verramscht. Anderen ist das alles eben zu »elitär«; was auch immer mit diesem immer flacher werdenden, in eine diffuse Breite gehenden Begriff gemeint sein soll. Undeutlich ist dabei, ob tatsächlich lediglich die Kosten gemeint sind, die Kultur nicht mehr verursachen darf. Dabei ist beispielsweise Heymes Ludwigshafener ›Ring des Nibelungen‹, entgegen den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen, aus dem vorhandenen, laufenden Etat bestritten worden, wobei der kooperierende Partner, die Oper Halle, finanziell den mit Abstand höchsten Anteil gestemmt hat und die Zuschüsse ohnehin aus rheinland-pfälzischen Landesmitteln kamen. Dennoch wurde ihm etwa seitens der städtischen Jungsozialisten vorgeworfen, er habe seine Etatvorgaben erheblich überschritten. dass es möglicherweise doch andere Hintergründe haben dürfte, belegt der mehr als bedauerliche Hinweis, dass die über die Jahre hin an diesem Haus aufgebaute Kinder- und Jugendarbeit, an der Heymes Ehefrau Éva Adorján erheblichen, entscheidenden Anteil hat, mit dem Ende seiner Intendanz ebenfalls aufgekündigt ist.

Ein fulminanter Abgang

Für Heymes Abschiedsvorstellung, die Inszenierung des ›Gilgamesch‹-Epos, treten etwa sechzig Laiendarsteller aller Altersgruppen an, von der Schülerin bis zur Pensionistin – ein weibliches Interesse am Theater überwiegt eindeutig –, ausgewählt aus rund 150 Bewerbungen; das Volk drängt’s offensichtlich zur Bühne. Der Verdacht könnte aufkommen, der politisch listenreiche Theaterstratege habe hierbei ein Exempel statuieren, den Nachweis erbringen wollen, wohin es führen könnte, einen solch aufwendigen dramatischen Stoff ohne professionelle Darsteller auf eine Bühne zu bringen. Dem Beobachter war aufgefallen, dass der Regisseur im Lauf der seit Anfang 2014 stattfindenden Probenarbeiten, während denen es mehrfach zu öffentlich aufgeführten szenischen Darstellungen kam, unter anderem in mehreren, ›StreitBar‹ genannten Veranstaltungen, in denen die Inhalte punktuell angerissen und vom Publikum diskutiert worden waren, überpräsente Laiendarsteller zugunsten eines homogeneren Aufführungsbildes aussortiert hat. Das ließe diesen Schluss zu. Doch es spricht für diesen seit Jahrzehnten tätigen Theaterberserker, dass er es, wohl nicht zuletzt aufgrund seiner außerordentlichen Personal-, Schauspielerführung, geschafft hat, nie den Eindruck einer nichtprofessionellen Vorstellung aufkommen zu lassen. Alleine für diese Leistung gebührte ihm ein Ehrensold.

Hansgünther Heyme bei Regieanweisungen zu seiner Gilgamesch-Inszenierung. Photographie: Bettina Müller.
Hansgünther Heyme bei Regieanweisungen zu seiner Gilgamesch-Inszenierung.
Photographie: Bettina Müller.

Da begann der Sturm sich aufzuhellen, der Ozean, er kam zur Ruhe. Regungslos war der Unheilssturm. Die Sintflut nahm ein Ende.

Das Volk , Endiku (Jennifer Schmid), der junge Gilgamesch (Miriam Schanze), die Götter (v. l. n. r.). Photographie: Bettina Müller
Das Volk , Endiku (Jennifer Schmid), der junge Gilgamesch (Miriam Schanze), die Götter (v. l. n. r.).
Photographie: Bettina Müller

Alle zehn Jahre könne man eine antike Tragödie inszenieren, meinte Hansgünther Heyme einmal. Der Beobachter schmunzelt ob dieser Selbstironie. Er hat es tatsächlich des öfteren getan, auch während seiner Intendanz in Ludwigshafen: Euripides ›Elektra‹ etwa oder ›Antigone‹ von Sophokles; Letztere hielt sich drei Spielzeiten im Theater im Pfalzbau. Die antike Tragödie ist ohnehin sein dramatisches Zuhause, von der kommt er sozusagen, seine Assistenzzeit bei Erwin Piscator hat ihm die wohl injiziert. Und nun hat er es zu seinem Abschied in Ludwigshafen wieder getan. Der Mann des Regietheaters hat ›Gilgamesch‹, das erste bekannte, in sumerischer Keilschrift verfasste Epos, in die lange Zeit danach stattfindende Antike versetzt. Er hat das von den Sumerern erfundene, ursprünglich lediglich in Bildern vorgefundene Rad in Technik umgesetzt, hat quasi die von ihnen erdachte Mathematik, die theoretische Quadratur des Kreises praktiziert.

Diese sumerische Tragödie basiert auf der Gilgamesch-Neuübersetzung des Heidelberger Assyrologen Stefan M. Maul und ist von dem Dramaturgen und Schriftsteller Christoph Klimke für die Bühne umgesetzt, die Musik dazu komponierte Jan F. Kurth. Dieser später nach Herrn Geheimrath Goethe auch faustisch genannte Stoff zog sich zumindest teilweise durch die Thora, das Alte Testament, durchfloss die von Homer verfassten Mythologien. Es ist also alt- oder auch sattsam bekannt – und dennoch immer wieder neu, das wird besonders deutlich in Heymes Inszenierung, wie ausgeprägt Kultur(alisierung) im Sinne eines Alles ist machbar oder Nach uns die Sintflut und Natur gegeneinander wirken können.

Die Geschichte: Der junge König Gilgamesch, Herrscher von Uruk, hat es nicht sonderlich mit Regierungsaufgaben, ist eher an Spielen und Gespielinnen interessiert. Das ruft den Unmut der Götter hervor. Sie schaffen ihm (s)ein Ebenbild, quasi ein antipodisches Alter Ego: Enkidu. Der ist die reine, unberührte Natur, der über die Kulturalisierung, hier symbolisiert durch einen sieben Tage und Nächte andauernden Akt körperlicher Liebe im Bad, lediglich interruptiert durch den Genuss stärkenden Bieres, einem rauschhaften Gelage zwischen ihm und einer Dirne, die zugleich Priesterin ist, seine Unschuld verliert, ihn zum ebenfalls menschenähnlichen Wesen werden lässt; die um einiges jüngere Mythenliteratur, das Alte Testament, wird hierbei assoziiert: auch Im ›Hohelied‹ Salomos wird die Sexualität hochpoetisch thematisiert:

Seht mich nicht so an,
weil ich wie schwarz bin –
getroffen
hat mich die Sonne.
Die Söhne meiner Mutter schnaubten mich an,
hießen mich die Weinberge hüten –
und meinen Weinberg,
Ja meinen, hüte ich nicht.

Es kommt zum Kampf der beiden Gleichen, aus dem keiner als Sieger hervorgeht. Aus diesem Unentschieden entsteht eine tiefe Freundschaft. Gemeinsam ziehen sie durchs Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris, sie besiegen den mächtigen Humbaba, den Wächter des Zedernwaldes, sowie den naturgewaltigen Himmelsstier, letzterer gesandt von der als Gattin von Gilgamesch schnöde abgewiesenen, rachsüchtigen Göttin Ishtar.
Überhaupt sind die beiden den Göttern in ihrer Zweimacht zu überheblich geworden, weshalb die beschließen, Enkidu sterben zu lassen. Der dann tief trauernde Gilgamesch zieht daraufhin auf der Suche nach dem ewigen Leben. nach Sinn und Sein allein durch die Welt, bis hinein in die Tiefe des Erdinneren, begegnet Uta-napischti, dem babylonischen Noah, der ihm listig verrät, wo er die Pflanze der Jugend findet. Doch im mesopotamischen Paradies angekommen, wird ihm das Kraut von der Schlange gestohlen, die es frisst, sich daraufhin häutet, die alte Haut abwirft. Die Erkenntnis, die Weisheit lässt Gilgamesch nach Uruk zurückkehren, wo er die Stadt, die Kultstätten und die sie schützende Mauer wieder errichten lässt.

Die Aufführung (Premiere): Beim Zuschauer kommt Erstaunen, ja Verblüffung auf über diese Darbietung angesichts der Tatsache: Hier stehen ausnahmslos Laien auf der Bühne. Von 150 Bewerbungen hat Regisseur Heyme gut 60 theaterbegeisterte Menschen ausgewählt, die seit Beginn dieses Jahres probiert haben. Allesamt nach Feierabend und ohne auch nur die winzigste Gage zu erhalten. Im Gegenteil: Auch zusätzliche, materielle Leistungen wurden von denen mit eingebracht, nicht einmal einen Bruchteil der Fahrtkosten bekommen die fast täglich, teilweise bis aus der Vorderpfalz oder von der Bergstraße anreisenden Darsteller erstattet. Da kommt der leicht pathetisch anmutende, ein wenig im 19. Jahrhundert schwingende Begriff Herzblut auf, von dem gefragt werden darf, ob es professionelle Schauspieler in dieser Art aufbrächten.

Intermezzo des Kritikasters: Es treten hin und wieder Schwächen auf, die sich im Sprachlichen, in der Artikulation zeigen. Manch einer Stimme, vielleicht gar insgesamt fehlt das Volumen, auch ist bisweilen zu vernehmen, dass der einen oder anderen – der mit Abstand größte Teil des Ensembles setzt sich, mangels männlichem Interesse, aus Darstellerinnen zusammen – Mundmuskulatur etwas Übung gutgetan hätte, auch Atemtechniken ein wenig trainiert hätten werden können. Doch für Sprechübungen dürfte die Probenzeit für ein solch umfangreiches Bühnenwerk nicht auch noch ausgereicht haben. Deshalb führt der aus dem Schriftdeutschen abstammende Beckmesser die ab und an kurpfälzisch klingenden Idiome auf die nicht unproblematische Akustik dieses Theatergebäudes zurück oder siedelt sie als kommentierende Erheiterungen im Parkett an.

Es beginnt mit einem fulminanten, trotz – oder im Besonderen wegen – der Schlichtheit nachgerade opulenten, brillant ausgeleuchteten Bühnenbild (Gerd Friedrich). In dessen Mitte thronen die Götter auf dem mesopotamischen Olymp, bestehend aus recht verbrauchtem Mobiliar aus der Zeit des deutschen Wirtschaftswunders; zu dieser Zeit hatte der schwedische Möbellieferant die konsumistische Welt noch nicht erobert. Der schwarz gewandete Chor (für die Ausstattung zeichnet der Regisseur verantwortlich) treibt, die regietheatralische Sinnlichkeit der siebziger Jahre frei in die Jetztzeit assoziierend, antik-tragödisch, also erzählerisch die Geschichte voran. Sie beginnt mit einem ersten Schmunzeln im Zuschauerraum, zieht doch das Volk gleich Sisyphos einen Stein am Seil über die ebene Bühne. Der Beobachter ist versucht, im Theater im Pfalzbau einen Berg zu erkennen, von dem der Fels immer wieder hinunterrollt. Lediglich die Hauptpersonage tritt in strahlenderen Farben auf. Doch das nimmt nichts von der hauptdarstellerfreien Homogenität der Aufführung. Die Geschichte um die Suche nach Liebe, ewigem Leben bzw. deren Schluss aufgrund des endlosen menschlichen Scheiterns an sich selbst bewegt sich in konstanter Harmonie voran, lediglich von Tempiwechseln leicht ge- oder unterbrochen, durchsetzt von rhythmischen, auch ironischen Einlagen, etwa der musikalischen Illustration sowohl der Freude als auch des Todes durch jüdische Klänge; der jüdischen Kultur immanent ist der Humor des stillen Lachens, des lächelnden Witzelns über sich selbst. Brüche entstehen allein inszenatorisch, doch sie befeuern die im positiven Sinn anhaltende, nie nachlassende Spannung der gesamten Vorstellung: diffizile Sinnlichkeit mit intellektuellen Anspielungen, die jedoch nie den didaktischen Zeigefinger der Bildung erheben, die keinen Schnellkurs in assyriologischer Geschichte abfordern.

Über die Schrift schrieb Roland Barthes Anfang der Siebziger: ›Die Lust am Text‹. Hier, 2014, ist es: die am Theater (der Regie). Der amüsierte Beobachter dankt – und denkt (weiterhin nach).

| DIDIER CALME

1 Comment

  1. Kenntnisreich, teilweise gute Ideen, aber wenig klare Struktur. Schwerfällige Satzkonstruktionen, die der Autor bisweilen selbst nicht mehr überblickt (Satzzeichen!).

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Film | Auf DVD: Leos Janácek – Vec Makropulos Es gibt Leute, die bemängeln, dass der Regisseur Christoph Marthaler immer dasselbe mache. Das mag seine Berechtigung haben. Aber was er da immer wieder macht, ist so faszinierend, so anregend, dass sich seine Fans daran nicht sattsehen können. Marthaler ist ohne Zweifel ein Regisseur mit einer unverwechselbaren Handschrift, imitiert zwar, aber so intelligent und künstlerisch sensibel, dass auch die schwächeren Arbeiten für das Sprech- oder das Musiktheater, was bei Marthaler nicht immer unterscheidbar ist, zum Interessantesten gehören, was die Bühne der Gegenwart zu bieten hat. Von THOMAS ROTHSCHILD

»Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage«

Bühne | ›Sein oder Nichtsein‹ von Nick Whitby nach dem Film von Ernst Lubitsch Komödie und Satire gelten als die besten Mittel, um durch den Witz oder Aberwitz des Moments eigentlich ernste Tatsachen zu hinterfragen. Filmregisseur Ernst Lubitsch (1892 – 1947) war in den Jahren seines Schaffens angesichts zweier Kriege und dementsprechend widriger Umstände häufig dazu gezwungen, das zu nutzen, um filmisches Geschehen auf die Leinwand bringen und damit, wie im Falle der Komödie ›Sein oder Nichtsein‹, der Zensur entgehen zu können. Von JENNIFER WARZECHA

Am Ende aller Machtgedanken

Bühne | Willam Shakespeares ›Der Widerspenstigen Zähmung‹ am Badischen Staatstheater Karlsruhe William Shakespeare (1564-1616) gehört nicht nur zu den Autoren, über dessen Geschichte fast nur der Todestag und die Grabstätte bekannt sind. Schon allein sprachlich ist das Werk des Meisters mitunter schwer zu erfassen. Eine Ballettaufführung nach der literarischen Vorlage Shakespeares gleicht dementsprechend einem wahrhaftigen Kunstwerk – wenn es denn gelingt. Bei Shakespeares ›Der Widerspenstigen Zähmung‹ gilt es außerdem auch noch, eines der mitunter am schwersten zu vermittelnden Themen der Menschheitsgeschichte zu bewältigen – das des Kampfes um Liebe und Gleichberechtigung. Hilfreich ist dabei das Ansinnen des Ballettmeisters John Crankos