Lite Ratur | Wolf Senff: Vor der Tagung Er hatte keinen Revolver dabei, nein, Revolver sind antiquiert, heutzutage werden sogenannte Selbstladepistolen eingesetzt, kurz Pistolen genannt, zum Beispiel die Walther35, ein sehenswertes Exemplar, doch auch eine Pistole hatte Martin nicht dabei, so war er nun einmal und ging damit ein gewisses Risiko ein, die bevorstehende Tagung war konfliktträchtig, auch Teilnehmer aus Randgruppen wurden erwartet, die Lage war nicht leicht kalkulierbar, und zweifellos waren Sicherheitsdienste beauftragt.
Kulturbuch | Jean-Philippe Toussaint: Fußball Zugegeben, zuzeiten der Europameisterschaft sind wir übersättigt von Fußball, er zeigt sich unverblümt als ein kalkuliertes Geschäft, eingebettet zwischen Terrorängsten und Kontrollwahn. Doch es gibt da ein Buch, ich möchte Ihnen das nicht vorenthalten, das weder mit Hooligans zu tun hat noch mit Sicherheitsvorkehrungen, auch nicht mit Viererketten oder mit Umschalten und nicht mit Trainern, die keine Kinderstube kennen. Von WOLF SENFF
Lite Ratur | Wolf Senff: Ukraine, Polen, Nordirland Das Spiel vergangenen Sonntag hatte seinen eigenen Charme, die erste Halbzeit war nicht von Taktikgeplänkel geprägt, kaum grüner Tisch, erst in der zweiten Hälfte wurde erkennbar nach Spielkontrolle und System gestrebt. Boateng und Schweinsteiger setzten unterhaltsame Höhepunkte.
Gesellschaft | Regis Debray: Lob der Grenzen Grenzen sind in Schengenland weitgehend nur als fernes, leise klingendes Echo vorhanden, wir sind modern, und manches ist eben verpönt »in diesem unserem Lande« (Helmut Kohl). Wie fügt sich da ein Titel wie der von Regis Debray, und in welcher Distanz entstehen dessen Argumente? Von WOLF SENFF
Lite Ratur | Wolf Senff: Tim träumt Wieso er träumt, fragt sich Tim, denn üblicherweise träumt er nicht. Eine Nacht gab’s, da träumte ihm vom Kambrium, das Kambrium ist ungefähr so weit entfernt wie Beijing, dort hielt er sich einige Monate lang auf. Die Entfernung, zu Fuß gemessen, ist endlos weit, und zum Kambrium ist sie nicht räumlich, sondern zeitlich, so viel müssen wir wissen.
Lite Ratur | Wolf Senff: Balltreten satt Leid tun einem die Reporter, oder heißen sie jetzt doch Moderatoren. Berichterstatter? Alle halbe Stunde sind sie gehalten, darauf hinzuweisen, dass die Zuschauer zusätzliches Hintergrundmaterial einsehen und sich sogar Spielszenen einspielen können, echt spitze, aus verschiedenen Blickwinkeln, werden Sie Ihr eigener Regisseur, was für ein Quatsch. Von WOLF SENFF
Gesellschaft | Roland Reuß: Ende der Hypnose. Vom Netz zum Buch Nein, wir wollen in diesen Zeilen nicht die aktuell angekündigte Publikation von Roland Reuß rezensieren; es handelt sich dabei um einen vergleichsweise kurzen Essay von sechzig Seiten, der auf den Ergebnissen von ›Ende der Hypnose‹ aufbaut, einer Arbeit, die innerhalb kürzester Zeit nun zum vierten Mal aufgelegt wird. Das ist’s, was uns neugierig gemacht hat, und wenn ›Ende der Hypnose‹ den Nerv trifft, spräche nichts dagegen, sich auch dem dieser Tage erscheinenden Essay zuzuwenden. Von WOLF SENFF
Lite Ratur | Wolf Senff: Pokalendspiel Jo and Jan werden sich das Finale in Berlin nicht ansehen. Nach den Spielen gegen Dortmund und Villareal sind sie zu Anhängern von Liverpool mutiert, endgültig, beide, das muss man nicht lang und breit erklären, sie freuen sich auf das Finale gegen FC Sevilla in Basel am Mittwoch. Solange Bayern München, sagen sie, die Messlatte für deutschen Fußball sei, werde deutscher Fußball untere Schublade bleiben.
Gesellschaft | Diana Johnstone: Die Chaos-Königin Es ist schwierig mit dieser Kandidatin. Nein, sie stand nicht bei ›Madame Tussaud‹ und wurde für die Dauer des Wahlkampfs mit Option auf eine erste Amtsperiode geleast. Wie auch immer – man weiß nicht, was drinsteckt. Man weiß jedenfalls, dass sie von Bernie Sanders‘ jugendlicher Zielgruppe konsequent abgelehnt wird und weiten Kreisen der Wählerschaft verhasst ist. Wer ist diese Frau? Gibt es sie? Von WOLF SENFF
Lite Ratur | Wolf Senff: Impressionen Im matten Widerschein des Flachbildschirms ist unklar, was Jo da so reichhaltig isst. Wir sitzen zu viert in der Ecke mit grünlederner Garnitur in einem rückwärtigen Winkel des Lokals. Wer genauer hinsieht, tippt auf zwei Scheiben Steak mit Röstkartoffeln.