Lite Ratur | Wolf Senff: Vertreibung Absurd, dass er das immer noch nicht peilt. Wo er doch stets so hochleistungsorientiert auftritt. Krähe blickte spöttisch herab von dem Querbalken, der die Filmleinwand trug, es war ein angenehm sommerlicher Abend, sie sah auf das Publikum, das vom Alsteranlieger aus die Szenen auf der Leinwand verfolgte, knapp hundert Leute mochten dort versammelt sein.
Kulturbuch | Ulrich Raulff: Das letzte Jahrhundert der Pferde Schön, dass sich öffentliche Aufmerksamkeit auch anderen Geschöpfen zuwendet, in diesem Falle den Pferden. Und schön, dass die umfangreiche Darstellung Ulrich Raulffs so erfolgreich ist, die ›Geschichte einer Trennung‹ wurde innerhalb nur weniger Monate zum fünften Mal aufgelegt. Von WOLF SENFF
Gesellschaft | Michael Angele: Der letzte Zeitungsleser Als säße man in einer Falle. Es gibt ein Denken, das sich dagegen sperrt, die Grenzen der westlich industriellen Kultur zu überschreiten, aus welchen Gründen auch immer. Also als sei es undenkbar, dass eine Technologie einbricht wie ein Kartenhaus, pardauz, weniger weil die Zahl von Facharbeitern nicht ausreicht, sondern weil eine schnöde Naturkatastrophe: ein Feuer, ein Beben, ein Erdrutsch, ein Hurrikan eine Produktionsstätte zerstört oder einfach nur die Energieversorgung unterbricht. Von WOLF SENFF
Gesellschaft | Svenja Bromberg, Birthe Mühlhoff, Danilo Scholz (Hg.), Euro Trash Wer in den Nachrichten hören muss, dass der Internationale Währungsfonds IWF die »baldige Erhöhung des Renteneintrittsalters in Deutschlandt« ja, genau: »fordert«, fragt sich unwillkürlich, in welche Richtung Demokratie arbeitet. Oder nicht? Hat Politik zu viel Balltreterei gesehen und lernt vom Umschaltfußball, sie wechselt die Richtung und produziert neuerdings ganz unverhohlen die Meinung von oben nach unten? Von WOLF SENFF
Lite Ratur | Wolf Senff: Vor der Tagung Er hatte keinen Revolver dabei, nein, Revolver sind antiquiert, heutzutage werden sogenannte Selbstladepistolen eingesetzt, kurz Pistolen genannt, zum Beispiel die Walther35, ein sehenswertes Exemplar, doch auch eine Pistole hatte Martin nicht dabei, so war er nun einmal und ging damit ein gewisses Risiko ein, die bevorstehende Tagung war konfliktträchtig, auch Teilnehmer aus Randgruppen wurden erwartet, die Lage war nicht leicht kalkulierbar, und zweifellos waren Sicherheitsdienste beauftragt.
Kulturbuch | Jean-Philippe Toussaint: Fußball Zugegeben, zuzeiten der Europameisterschaft sind wir übersättigt von Fußball, er zeigt sich unverblümt als ein kalkuliertes Geschäft, eingebettet zwischen Terrorängsten und Kontrollwahn. Doch es gibt da ein Buch, ich möchte Ihnen das nicht vorenthalten, das weder mit Hooligans zu tun hat noch mit Sicherheitsvorkehrungen, auch nicht mit Viererketten oder mit Umschalten und nicht mit Trainern, die keine Kinderstube kennen. Von WOLF SENFF
Lite Ratur | Wolf Senff: Ukraine, Polen, Nordirland Das Spiel vergangenen Sonntag hatte seinen eigenen Charme, die erste Halbzeit war nicht von Taktikgeplänkel geprägt, kaum grüner Tisch, erst in der zweiten Hälfte wurde erkennbar nach Spielkontrolle und System gestrebt. Boateng und Schweinsteiger setzten unterhaltsame Höhepunkte.
Gesellschaft | Regis Debray: Lob der Grenzen Grenzen sind in Schengenland weitgehend nur als fernes, leise klingendes Echo vorhanden, wir sind modern, und manches ist eben verpönt »in diesem unserem Lande« (Helmut Kohl). Wie fügt sich da ein Titel wie der von Regis Debray, und in welcher Distanz entstehen dessen Argumente? Von WOLF SENFF
Lite Ratur | Wolf Senff: Tim träumt Wieso er träumt, fragt sich Tim, denn üblicherweise träumt er nicht. Eine Nacht gab’s, da träumte ihm vom Kambrium, das Kambrium ist ungefähr so weit entfernt wie Beijing, dort hielt er sich einige Monate lang auf. Die Entfernung, zu Fuß gemessen, ist endlos weit, und zum Kambrium ist sie nicht räumlich, sondern zeitlich, so viel müssen wir wissen.
Lite Ratur | Wolf Senff: Balltreten satt Leid tun einem die Reporter, oder heißen sie jetzt doch Moderatoren. Berichterstatter? Alle halbe Stunde sind sie gehalten, darauf hinzuweisen, dass die Zuschauer zusätzliches Hintergrundmaterial einsehen und sich sogar Spielszenen einspielen können, echt spitze, aus verschiedenen Blickwinkeln, werden Sie Ihr eigener Regisseur, was für ein Quatsch. Von WOLF SENFF