Digitales | Games: Pneuma – Breath of Life
Wenn bei Videospielen Rätsel im Mittelpunkt stehen, dann fehlt es meist auch nicht an einer kleinen Dosis Philosophie. Gespielt wird mit den Erwartungen und Denkweisen des Spielers – im Idealfall. Ob das auch bei Deco Digitals ›Pneuma – Breath of Life‹ zutrifft, versucht FLORIAN RUSTEBERG herauszufinden.
Wenn Pneuma erwacht, weiß er nichts, doch eine Sache ist schnell klar: Er muss ein Gott sein und die Welt, in der er sich bewegt, wird von ihm erschaffen. Sein Unterbewusstsein bildet die Marmor-Hallen und Säulen auf seinem Weg, unter seinem Blick verändern sich die Elemente der Umgebung. Wie es sich für einen Schöpfer gehört, erfindet er gleichzeitig wichtige philosophische Konzepte und gibt ihnen Namen. Nach und nach erscheint ihm diese Welt immer klarer und er beginnt, sich selbst zu hinterfragen. Frei nach dem Motto, »der Weg ist das Ziel«, sind bis zur endgültigen Selbsterkenntnis Rätsel zu lösen.
Rätsel sind fast so alt wie die Menschheit selbst, kein Wunder also, dass sie auch ein eigenes Genre der Videospiele abdecken. Bei den meisten Vertretern dieser Gattung liegt der Fokus mehr auf der Rätselgestaltung als auf der Präsentation. Ein reines Rätselspiel in aufwendiger Produktion ist jedoch selten anzutreffen, meist dienen sie als Element der Variation in den typischen Abenteuer-, Rollenspielen und Shootern. Die beiden Spiele der ›Portal‹-Reihe bilden da eine Ausnahme. Eine gelungene Mechanik und eine interessante Atmosphäre mit der richtigen Portion Humor bilden hier das Erfolgsrezept.
Auf der Zutatenliste von ›Pneuma – Breath of Life‹ erleben wir, abgesehen von dem steten Geplapper unserer Spielfigur, eine sterile römische Palastumgebung und ein paar neue Ideen. Denn interagiert wird, neben dem üblichen Aktivieren durch Knopf drücken, auch mit den Blicken. Schalter und Objekte reagieren, wenn sie vom Spieler angesehen werden – oder nicht beachtet werden. Daraus ergeben sich interessante Möglichkeiten; zum Beispiel die Aufgabe, ein Schachbrettfeld zu einer Farbe umzuwandeln, wobei sich die Felder immer dann umfärben, wenn der Blick von ihnen abgewandt wird. Es macht Spaß, die passende Strategie dafür auszuarbeiten, aber allzu oft führt auch stures Probieren zum Erfolg. Den Erfolg, das Ende von ›Pneuma – Breath of Life‹ zu erleben, dürften die meisten Spieler übrigens schon spätestens nach 2-3 Stunden erreichen. Das ist sehr schade, nimmt das Spiel doch gerade kurz vor Ende Fahrt auf und macht Lust auf mehr.
Auf der technischen Seite bietet ›Pneuma‹ doch einige Schmankerl. Dank der Unreal 4-Engine spiegelt sich jeder Schimmer auf dem polierten Marmor und auf dem PC wird die Rätselreise durch die ›Oculus Rift‹-Unterstützung zu einem starken Erlebnis. Mit der Virtual Reality Brille ist das Spiel um die richtige (Ego-)Perspektive noch spannender. Mittendrin statt nur dabei – das verleiht ›Pneuma‹ die tiefgehende Spielerfahrung, die wir als Normalsterbliche vor dem Fernseher sonst vermissen. Obwohl ›Pneuma‹ davon sehr profitiert, kann es damit keinen echten Pluspunkt erkämpfen; VR-Brillen sind noch zu exotisch und kaum verbreitet. So entfaltet sich das volle Potenzial nur für einen kleinen Bruchteil der Spieler.
Was lässt sich abschließend zu so einem kurzen Spiel sagen? Nach dem Abschließen von ›Pneuma –Breath of Life‹ bleibt das Gefühl zurück, das Gesehene sei Prolog und Kapitel 1 und nun könne man sich an den folgenden Abschnitten erfreuen. Doch: Nein, das war‘s. Aber wie es so ist, soviel sei verraten, auch Pneuma wird am Ende enttäuscht.
Empfehlenswert ist ›Pneuma – Breath of Life‹ dennoch, aber nur, wenn es zu einem deutlich günstigeren Preis zu haben ist. Alternativ lohnt sich für Rätselfreunde noch ›The Talos Principle‹, das etwas mehr Inhalt bietet.
| FLORIAN RUSTEBERG
Titelangaben
Pneuma – Breath of Life
Deco Digital
seit März 2015 für PC und XboxOne, seit Juli für die PS4 erhältlich.
ab 14,99€