Kolumne | Das aktuelle Gefälle #4
›Das aktuelle Gefälle‹ ist CHRISTIAN NEUBERTs satirisches Format, in dem er sich zeitgenössischer Schieflagen annimmt. Diesmal gibt es empörend Schräges zum »Rest vom Schützenfest«.
Schützen schützen: Das ist sowohl aktivisch als auch passivisch zu lesen. Immerhin ballern die einzelnen Schützenvereine gemäß ihres übergeordneten, altehrwürdigen Leitsatzes »Für Glaube, Sitte, Heimat« drauf los, und eben nicht einfach mal so aus Jux und Tollerei. In Zeiten wie diesen, in denen die deutsche Heimaterde eher durch Kriegsarmut auffällt, übrigens vorwiegend auf Zielscheiben.Zeitgemäß klingt das nicht gerade. Die Konsequenz: Schon fühlt es sich bedroht, das Schützenwesen. Zumal sich eine Jury gegen eine Aufnahme desselbigen in das UNESCO-Weltkulturerbe ausgesprochen hat.
Nun darf es allerdings doch auf eine Aufnahme hoffen: Die eingereichte Bewerbung zur Aufnahme ins kulturell relevante Pantheon zwischen Würzburger Residenz, Kölner Dom und Akropolis geht klar. Immerhin, so argumentierte man, wirke das Schützenwesen für viele Menschen integrierend und identitätsstiftend.
Sehr schön. Man weiß ja, wie erfolgreich schon seit jeher mit der Waffe in der Hand integriert wird. Aber spannen wir den Bogen oder besser gleich die Sehne des Jagdbogens mal weiter – und gedenken nicht nur den Schützen, sondern auch den Steinböcken, Widdern und Stieren. Brauchen wir vielleicht auch ein Wildkulturerbe?
| CHRISTIAN NEUBERT
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