Tierisches Abenteuer mit viel Herz

Film │Im Kino: Zoomania

Eine Geschichte über das Verwirklichen eines Traums, eine starke Freundschaft und die Chancen für Außenseiter in einer Gesellschaft – diese Themen greift Walt Disney in seinem neuen Animationsfilm ›Zoomania‹ auf. TOBIAS KISLING über einen warmherzigen Film, der mit viel Witz und Charme für alle Generationen ein Hingucker ist.


Eine Häsin verfolgt ihren Traum

zoomania1›Zoomania‹ erzählt die Geschichte der Häsin Judy Hopps, die im Dorf Bunnyborrow aufwächst und den Traum verfolgt, in der Stadt Zoomania, in der Raubtiere und Pflanzenfresser harmonisch in einer anthropomorphen Gesellschaft zusammenleben, Polizistin zu werden. Dieser Wunsch ist ungewöhnlich. Zum einen, weil die Polizei in Zoomania eine Männerdomäne ist und zum anderen, da in einer so artenreichen Stadt wie Zoomania vor allem große und starke Tiere für Recht und Ordnung sorgen sollen. Judy lässt sich davon nicht beirren, trotzt allen Widerständen und gerät auf Umwegen schließlich an einen eigenen Fall. Da sie diesen nicht alleine lösen kann, überführt sie den Betrüger Nick Wilde und erpresst ihn mit Beweismaterial zur Mithilfe. Die Beziehung ist alles andere als unproblematisch, auch weil Nick ein Fuchs ist, die Hasen aus Bunnyborrow die Füchse fürchten und Judy in ihrer Kindheit selbst schlechte Erfahrungen im Umgang mit ihnen gesammelt hat. Aus dem zweckmäßigem Arbeitsverhältnis entsteht eine tiefe Freundschaft und gemeinsam ist das Duo einer Verschwörung auf der Spur, die die Eintracht in Zoomania für immer zerstören möchte.

Ernsthaftigkeit hinter bunter Fassade

Während die Geschichte einige Wendungen aufweist, mit den Gefühlen der Zuschauer spielt und einen kunterbunten Knalleffekt nach dem nächsten loslässt, unterscheidet sich Zoomania zugleich von den letzten Walt Disney Animationsfilmen ›Frozen‹ und ›Baymax‹. Während die zuletzt prägenden Ewigkeitsthemen Freundschaft und Liebe auch bei ›Zoomania‹ in ihren Höhen und Tiefen dargestellt werden, erweitert der Film den kritischen Blick auf die Gesellschaft und baut Emanzipation, Rassismus und Terrorismus mit ein. Kein einfaches Unterfangen bei einem Familienfilm, der von der ersten Minute an gute Laune vermitteln möchte. Doch die Regisseure Byron Howard und Rich Moore haben die Integration dieser aktuellen Themen mehr als geschickt gelöst, indem sie nicht auf angsteinflößende Momente, sondern auf flauschige Tiere mit läppischer Art setzen, die die Gefährdung der Gesellschaft erklären. Kinderfreundliche Aufklärungsarbeit kann so funktionieren.

Liebevolle Details

Die Handlung verläuft nicht immer stringent, gelegentlich wissen die Figuren mehr, als sie aufgrund der bisherigen Informationslage wissen sollten, aber jede Sequenz transportiert letztlich einen Inhalt, der ein schlüssiges Gesamtbild erzeugt. Kleine inhaltliche Ungereimtheiten sind daher verzeihlich. Überzeugend sind die vielen kleinen Details und Nebencharaktere. Angefangen beim Logo einer angeknabberten Möhre auf dem Smartphone, das Judy mit sich trägt, über Anzug tragende Mäuse und dem gutmütigen und adipösen Fluffy-Leoparden Officer Clawhauser, der am liebsten Donuts kauend die Musikvideos von Popstar Gazelle (synchronisiert von Shakira) verfolgt, bis hin zu Faultier Flash, der eine Vorliebe für schnelle Autos hat und mit seiner bedächtigen Art schnell zum Zuschauerliebling wird, baut ›Zoomania‹ viele Elemente neben der eigentlichen Handlung mit ein. Auch beim zweiten und dritten Ansehen des Films lassen sich neue Details entdecken.

Shakira liefert den Soundtrack

Mit dem Soundtrack hat Walt Disney wortwörtlich einen Hit gelandet. Während bei ›Baymax‹ ein einprägsamer Song gefehlt hat, kehrt ›Zoomania‹ zum früheren Erfolgsrezept zurück. Nach Demi Lovatos ›Let it go‹ zu ›Frozen‹ hat nun Shakiras ›Try everything‹ Chancen auf eine gute Charts-Platzierung. Der Soundtrack ist ebenso bunt wie der gesamte Film, passt sich den Sequenzen an und verleiht zusätzlichen Ausdruck.

Start ins Animationsjahr

›Zoomania‹ ist ein Film, der Vorfreude weckt auf die kommenden Disney-Produktionen. Zwei weitere tierische Animationsfilme von Disney stehen mit ›Findet Dory‹ und ›Pets‹ (Filmstart: 08.07.2016) bereits in den Startlöchern. Mit ›Zoomania‹ hat Disney die Messlatte hoch gelegt und ein altersübergreifendes Werk geschaffen, das nicht nur Trickfilmliebhaber im Kino verzaubern wird.

| TOBIAS KISLING

Titelangaben
Zoomania
USA 2016
Regie: Byron Howard, Rich Moore
Buch: Jared Bush, Phil Johnston
108 Minuten

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Stadt ohne Engel

Nächster Artikel

Lost Tracks And Inspiration: An Interview With Long Arm

Weitere Artikel der Kategorie »Film«

Der Western bleibt

Sachbuch | Anmerkungen zu Thomas Klein: Geschichte – Mythos – Identität. Zur globalen Zirkulation des Western-Genres Man sollte über den Western vielleicht keine nüchternen Texte verfassen, das ist nur unter Schwierigkeiten möglich, und Thomas Klein weist in seiner hier rezensierten grundlegenden Untersuchung zurecht wiederholt darauf hin, dass dieses Genre sich facettenreich entwickelt und sich erfolgreich behauptet, indem es seine Erscheinung chamäleongleich verändert. Nun denn. Vielleicht gibt es dennoch einige Leitfäden. Von WOLF SENFF

Japans eigenwillige Filmkultur

Interview | Japan-Filmfest Hamburg (28.05.-01.06.) Das Japan-Filmfest feiert ab Donnerstag in Hamburg 15-jähriges Bestehen. Hierzulande haben japanische Filme den Ruf besonderer Abgründigkeit und auch Brutalität. Mit den Organisatoren sprach WOLF SENFF über die eigenwillige Filmkultur aus Fernost.

Über Frösche und Menschen

Film | Im Kino: Home Care Zwar wird ›Home Care‹ im Programmheft des diesjährigen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg als Komödie angekündigt, doch eigentlich handelt es sich um eine Tragödie. Zum einen ist da die Krankenversorgung, die innerhalb des vereinigten Europas EU eine immer reduziertere, sogenannt kostengünstigere Rolle spielt. Grenzüberschreitend heißt es auch in diesem Bereich, es müsse »gespart« werden. Übertragen heißt das, die mittlerweile überall regieführenden privaten, konzernartig agierenden Betreiber des Gesundsheitswesens reduzieren Personal, Mittel und Zeit, die für Menschen nicht mehr vorhanden ist; denn die kostet bekanntlich Geld. Und zum anderen befindet sich dann doch ausreichend Kapital in den Steuerkassen, um

Über den Tellerrand blicken!

Kommentar | über die Notwendigkeit einer umfassenden Film-Kritik Einem Artikel auf der Medienseite der SZ vom 9.3. entnehme ich, dass sich deutsche Kleinverleiher – nach der viel beredeten Überproduktionskrise der Degeto – an die ARD in einem Brief gewandt und die Befürchtung geäußert hatten, dass die Sender des 1. Programms nun weniger »Arthouse«-Filme einkaufen würden – wie diese ja auch »kaum noch im Programm des ZDF« vertreten seien. Von WOLFRAM SCHÜTTE

Abdrücke der Verstorbenen

Film Spezial | JFFH 2015: Unknown Town, Japan 2015, OmeU, Donnerstag, 28. Mai, 20 Uhr Nach wenigen Minuten ›Unknown Town‹ ist sofort präsent, was der Zuschauer an einigen japanischen Filmen des Japan Filmfest Hamburg zu schätzen gelernt hat: Sie kommen unprätentiös daher, sie werfen ihn nicht zu mit Effekthascherei, sie wollen nicht verblüffen, sie seifen ihn nicht ein, sie ersticken ihn nicht mit Wohlgefühl, sympathischer Ausstrahlung etc. pp. Von WOLF SENFF