Flashback

Comic | A. Raymonds, D. Moore: Flash Gordon

Der Hannibal Verlag schickt uns auf Zeitreise – zurück auf den Planeten Mongo, zu ›Flash Gordon‹, zu den Abenteuern, die der blonde Recke in den Jahren 1937 bis 1941 auf den Sonntagsseiten diverser Zeitungen erlebte. Zwei Sammelbände komplettieren sie: neu übersetzt, sorgfältig restauriert und originalgetreu formatiert. Von CHRISTIAN NEUBERT

Flash Gordon »Flash! Ah-ah! Savior of the universe«: Wenn der unsterbliche Freddie Mercury das ›Flash Theme‹ anstimmt, dann klingelt’s bei wahrscheinlich allen, die Hollywood neben dem Kino noch vom Röhrenfernseher kennen. Jeder hat die Abenteuer von ›Flash Gordon‹ auf dem Schirm, dem blonden Football-Spieler auf dem Planeten Mongo.

Dabei ist Flash Gordon eigentlich Polospieler. Genauer: Yale-Absolvent und weltbekannter Polospieler. So steht’s in den sonntäglichen Comic-Seiten, die der Zeichner Alex Raymond gemeinsam mit dem Szenaristen Don Moore ab dem 7.1.1934 in US-amerikanischen Zeitungen veröffentlichte. Mit der Serie wollte Raymonds Verlag King Features ein Produkt etablieren, das es mit der 1929 gestarteten Comic-Serie ›Buck Rogers‹ aufnehmen konnte – ein ehrgeiziges Unterfangen.

Alex Raymond

Alex Raymond
(King Features)
›Flash Gordon‹ ist es geglückt. Die Serie war von Beginn an sehr erfolgreich und überflügelte gar die Popularität von ›Bock Rogers‹. Sie währte lange Jahre, zog zwischen 1936 und 1940 drei Film-Serials nach sich, den eingangs erwähnten Spielfilm, mehrere Zeichentrickserien, Romane, Hörspiele, eine fürs erwachsene Publikum zugeschnittene Parodie und weiß der Geier noch was. Eine baldige Neuverfilmung steht wohl ebenfalls an. Seinen Ursprung in Comic-Form hat das kulturelle Gedächtnis allerdings fast vergessen. Zumindest hierzulande.

Woher kommt der Flash?

Glücklicherweise arbeiten neu herausgebrachte Sammlerausgaben gegen die aufkommende Vergesslichkeit an. Das Erbe von ›Flash Gordon‹ wird dabei vom Verlag Hannibal gepflegt. Er brachte zwei schön editierte Sammelbände heraus, die alle Sonntagsseiten des Sternenkrieger-Strahlemanns kompilieren, die Raymond in den Jahren 1934 bis 1941 schuf. Der erste Band erschien im Oktober 2018, der zweite ein Jahr später.

Flash Gordon

Inhaltlich geht ›Flash Gordon‹ direkt ans Eingemachte – und dabei ausgesprochen rustikal vor. Innerhalb zweier Seiten verschlägt es Flash Gordon denkbar hanebüchen auf den Planeten Mongo. Ein offenbar durchgeknallter Wissenschaftler, bei dem er durch eine Verkettung von Zufällen mit einer schönen Frau im Arm per Fallschirm im Garten landet, lotst ihn mit vorgehaltener Waffe in seiner startbereit stehenden Rakete auf Kurs eines Planeten, der droht, mit der Erde zu kollidieren.

Eigentlich sollte die Rakete den Planeten vom Kurs abbringen. Stattdessen zerschellt sie auf seiner Oberfläche, nahe einer Stadt.

Und was macht man als Yale-Absolvent und weltbekannter Polospieler, wenn man den Absturz auf einer fremden Welt überlebt? Zunächst einmal, auf zwei weiteren Seiten: Die Frau retten, gegen Dinosaurier kämpfen, souverän im Erstkontakt mit Würdenträgern einer fremden Zivilisation bestehen und einen ungleichen Kampf auf Leben und Tod siegreich ausfechten.

Ein Höhepunkt jagt den nächsten

Ja, auf dem Planeten Mongo löst eine schicksalshafte Begebenheit die nächste ab, und allerorten droht der Tod. Es lauern, helfen und intrigieren ein böser, asiatisch anmutender Kaiser, eine liebestolle Prinzessin, Löwenmenschen, Dinosaurier, Haimänner, ein fliegendes Kriegervolk, schreckliche Meeresungeheuer, gigantische Tentakelmonster und sehr viel mehr andere fantasievolle Ausgeburten. Mongo ist überbordend, merkwürdig, exotisch, bizarr – und wunderschön in seiner Retro-Sci-Fi-Ästhetik.

Flash Gordon

Strahlenwaffen und Schwertkämpfe stellen bei ›Flash Gordon‹ keinen Widerspruch dar, ebenso wenig futuristische Fahrzeuge und exotische Reittiere. Die Ausstattung der immer wieder sonntags in Serie gegangenen Space Soap Opera zieht alle Register, verquickt Mantel-und-Degen-Romantik mit satter Sci-Fi-Action zu einer Dauerschleife aus Höhepunkten. Mit seiner Zutatenliste steht ›Flash Gordon‹ dabei unverkennbar in der Pulp-Tradition seiner Dekade. Er schlug aber derart hohe Wellen, das sein Einfluss noch Richtung ›Star Wars‹ brandete, dem Inbegriff der Weltraumoper.

Flash Gordon Gerade darin liegt eben auch der Reiz dieser Neuausgabe. Sie hilft, den Impact der alten Serie neu zu erkunden. Und führt dabei direkt vor, welche Wandlungen sie im Laufe der Jahre z. B. durch narrative Mittel wie zusammenfassende Eingangstexte erfuhr und nach und nach, auch zeichnerisch, zu ihrer endgültigen Form fand. Informative Begleittexte bereichern die Bände zusätzlich. Dass ›Flash Gordon‹ in diesem Zuge neu übersetzt, sorgfältig restauriert und originalgetreu formatiert wurde, kommt da gerade recht.

| CHRISTIAN NEUBERT
| Abbildungen: Hannibal/© 2019 King Features Syndicate/Distr. Bulls

Titelangaben
Alex Raymonds (Zeichnungen) / Don Moore (Text): Flash Gordon. Bd. 1
Die Sonntagsseiten 1934 – 1937
Aus dem Amerikanischen von Alan Tepper
Höfen: Hannibal Kult, 2018
208 Seiten, 35 Euro
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

Alex Raymonds (Zeichnungen) / Don Moore (Text): Flash Gordon. Bd. 2
Die Sonntagsseiten 1937 – 1941
Aus dem Amerikanischen von Alan Tepper
Höfen: Hannibal Kult, 2019
208 Seiten, 35 Euro
| Erwerben Sie dieses Buch portofrei bei Osiander

1 Comment

  1. Flash Gordon ist absolut phantastisch. Ich habe den Kinofilm auf DVD und die 10 Hörspiele von Europa. Die Comic finde ich auch toll.

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Altern ist nichts für Feiglinge

Nächster Artikel

Heavy-Metal aus dem Schützengraben

Weitere Artikel der Kategorie »Comic«

Sehnsucht nach Kraut

Comic | Sohyun Jung: Vergiss nicht das Salz auszuwaschen Unabhängigkeit und Sehnsucht, saures Kraut und aromatische Heimat sind die Zutaten zu Sohyun Jungs preisgekrönter Graphic Novel. Die eindringliche, dichte Bildwelt des Bandes lädt zur Empathie ein und weckt Erinnerungen an die ganz persönliche kulinarische Sozialisation. SUSAN GAMPER erkennt: Nicht ohne mein Kimchi!

Im Darknet ist die Hölle los

Comic | Ed Piskor: Red Room

Der Comic-Künstler Ed Piskor entwirft mit »Red Room« ein beinhartes Near-Future-Szenario: Er erzählt von Snuff-Filmen, die im Darknet kursieren – mit brutalen Bildern, die einem keine Details ersparen. Der erste Sammelband der Reihe erschien in deutscher Übersetzung beim neu gegründeten Schweizer Verlag Skinless Crow. CHRISTIAN NEUBERT nahm sich den abgründigen Stoff vor.

Die Leiden der jungen Raina

Comic | Raina Telgemeier: Smile Die Comiczeichnerin Raina Telgemeier ist in ihren jungen Jahren einmal gehörig auf die Schnauze gefallen. In ihrem autobiographischen Comic Smile erzählt sie davon, wie sie sich bei einem Sturz die Zähne demoliert und deswegen, wie es scheint, den Großteil ihrer Jugend beim Zahnarzt verbracht hat. Ist das eine Graphic Novel wert? STEFANIE HÄB hat sich die preisgekrönten Memoiren genauer angesehen.

Doppeltes Glück mit dem roten Affen!

Comic | Joe Daly: Doppeltes Glück mit dem Roten Affen Comic-Zeichner scheinen kein sehr selbstzufriedenes Völkchen zu sein. Das könnte man zumindest glauben, wenn sie Vertreter ihrer eigenen Zunft porträtieren. Ob das Hideo aus I am a Hero ist oder jetzt Dave aus Joe Dalys Doppeltes Glück mit dem Roten Affen, meistens handelt es sich um jammernde Muttersöhnchen ohne Mutter, die mit verhassten Auftragsarbeiten Geld zu verdienen suchen.

Ein Mönch fährt in die Ferne

Comic | Zep: Der ferne, schöne Klang

Nach den zwei Sci-Fi-Comics ›Paris 2119‹ und ›The End‹ veröffentlicht Zep, der für seine ›Titeuf‹-Reihe bekannt ist, eine weitere Graphic Novel für Erwachsene: In ›Der ferne schöne Klang‹ widmet er sich den leiseren und tieferen Moll-Tönen des Lebens. Denn es geht um den Kartäusermönch Marcus, der seit Jahrzehnten sein Kloster nicht verlassen hat, aber nun, um eine Erbschaft antreten zu können, nach Paris reisen muss. Dabei begegnet er auf der Straße einer Frau, die ihn wieder mit den Seiten des Lebens vertraut macht, die er bereits vergessen hatte. Von FLORIAN BIRNMEYER