In der Graphic Novel ›Frauen, die die Kunst revolutioniert haben‹ von Valentina Grande und Eva Rossetti wird in vier Kapiteln die Geschichte von Frauen erzählt, die mit feministischer Kunst einen Unterschied in der von weißen Männern dominierten Kunstwelt gemacht haben. ARDITA JANUZI hat sie sich angesehen.
In den USA des 20. Jahrhunderts sind Kunstwerke von Frauen seltene Ausnahmen in den Museen. Frauen finden ihren Weg in die Kunstlandschaft lediglich als Objekte oder Motive von Kunst – nicht aber als kunstschaffende Subjekte. Von Gleichstellung in der Gesellschaft kann noch lange nicht die Rede sein. Die Leitkultur in der Kunst ist männlich gefärbt und zeigt lediglich die männliche Sicht auf die Welt – also von nur der Hälfte der Bevölkerung.
Starke Frauen wie Judy Chicago, Faith Ringgold, Ana Mendieta und die Guerilla Girls haben es sich zum Ziel gemacht, den anderen fünfzig Prozent durch ihre Kunst und ihren Aktivismus eine Bühne zu geben.
Pionierinnen der Kunst
Das erste Kapitel der Graphic Novel ist Judy Chicago gewidmet, die mit ihrer Kunst das weibliche Selbstbewusstsein stärkt. Ihr Anliegen: Mit Tabus brechen und weibliche Begriffe zurückerobern. Sie zeigt die Lebensrealität von Frauen und bricht mit Vorstellungen von Scham und Reinheit. Kurz: Sie macht das Frausein authentisch zum Thema ihrer Kunstwerke und räumt mit verzerrten Vorstellungen eines idealisierten Frauenbildes auf.
Die afroamerikanische Faith Ringgold steht für die Rechte von Women of Color ein, die im weißen Mittelschichtsfeminismus der 1970er Jahre unberücksichtigt bleiben. In ihrer Kunst verarbeitet sie die Geschichte von farbigen Menschen in der Sklaverei und schreibt harmonisierte Mythen neu. Sie lässt in ihren Kunstwerken Women of Color als selbstbestimmte Persönlichkeiten erstrahlen.
Gemeinsam mit ihrer Tochter organisiert sie Proteste und kämpft den Kampf farbiger Frauen an zwei Fronten: Für Frauenrechte und gegen Rassismus. Sie zeigt im zweiten Kapitel der Graphic Novel, dass Feminismus eine Angelegenheit ist, die alle betrifft.
Im dritten Kapitel lernt die Leserschaft Ana Mendieta kennen. Sie ist eine Exilkubanerin und Body-Art Künstlerin, die sich in ihren Performances mit Identität und Herkunft beschäftigt. Sie geht unter anderem der Frage nach, welche Identitäten ein Individuum ausmachen. In ihren Werken verarbeitet sie ebenso ihre Migrationserfahrung und hinterfragt, was Herkunft bedeutet. Für Mendieta ist die Verbundenheit mit der Natur – die für sie ganz eindeutig Mutter Natur heißt, die Ursprungsquelle allen Daseins.
Im vierten und letzten Kapitel kommen auch die Guerrilla Girls nicht zu kurz: Sie sind eine Gruppe von Frauen, die sich ohne konkrete geographische Verortung und anonym, aber vehement für die Beteiligung von Frauen und anderen marginalisierten Gruppen der Gesellschaft in der Kunst einsetzen. Verkleidet als Gorillas plakatieren sie die städtischen Hauswände und prangern die sexuelle und rassistische Diskriminierung im Kunstbetrieb an.
FAZIT
Die farbenfrohe Graphic Novel, erschienen im Sommer 2021, stellt Frauenrechtsaktivistinnen vor, die mit Feminist Art sowohl künstlerisch als auch politisch Zeichen setzen und die Initiative für mehr Gleichstellung und Beteiligung ergreifen. Mit hochwertigen Illustrationen werden die individuellen Geschichten dieser einzigartigen Frauen aus deren Perspektiven erzählt. Der Illustratorin Rossetti ist es dabei gelungen, mit einer sorgsam gewählten Bildsprache den feministischen Künstlerinnen und deren Persönlichkeiten gerecht zu werden.
Zahlreiche weitere Künstlerinnen und Künstler, die Einfluss in der Feminist Art haben und hatten, werden im Comic gestreift und am Ende in Form von Kurzsteckbriefen vorgestellt. Das Werk bietet damit eine hervorragende Grundlage für weitere Recherchen zum Thema. Die Leserschaft erhält mit dieser Graphic Novel also nicht nur Einblick in die Geschichten inspirierender Menschen mit großer Willensstärke, etwas in der Welt zu verändern, sondern auch weitere Impulse und Denkanstöße.
›Frauen, die die Kunst revolutioniert haben‹ ist eine absolute Empfehlung für alle, die sich mit Feminismen in ihren verschiedenen Facetten, für Kulturgeschichte und für den Kunstbetrieb interessieren. Dieses Werk demonstriert, warum Feminismus intersektional gedacht wird und sowohl in der Vergangenheit als auch heute noch eine Notwendigkeit darstellt.
| ARDITA JANUZI
Titelangaben
Valentina Grande, Eva Rossetti: Frauen, die die Kunst revolutioniert haben
Feministische Kunst. Eine Graphic Novel
Aus dem Italienischen von Britta Köhler
Berlin: Laurence King Verlag 2021
136 Seiten, 18 Euro
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