Free Jazz & Free Space & Impro

Musik | Fire! Orchestra – Enter

Vorwärtstreibende Strukturen aber auch träg-klagende bluesige Grundstimmung im Free Jazz sind kennzeichnend für ›Enter‹ des schwedischen Fire! Orchestra um den markanten Saxofonisten Mats Gustafsson. Von TINA KAROLINA STAUNER

Fire-EnterUms Soulige im Klangbild geht es mehr als um intellektuelle Konstrukte. Um betörende und irritierende Klangerscheinungen auch mit Psychedelic; um mächtige Tenor-Saxofonlinien und um mal sanftere, mal gewaltige, mal improvisierte, mal dirigierte Orchesterarrangements mit fühlbar beseelter Tiefenschwere. Gleichermaßen stark sind die druckvolle Rhythm Section , die facettenreiche Bläserformation und drei ausdrucksvolle Gesangsstimmen. Allerdings sind die Lyrics inspiriert durch Saxofonist Joe McPhee aber zu schwerlastig und tendieren zu einer seltsam fragwürdigen Negativdynamik, die einen auf Distanz zurückweichen lässt.

Fire! Orchestras CD ›Enter‹ dürfte immerhin gerade richtig auftauchen für jene, die auch die geballte Kraft von Rova Orkestrova schätzen oder die musikalische Wucht, die Last Exit früher verkörpern konnte. Aus dem Trio Mats Gustafsson (Saxophonisten), Johan Berthling (Bass) und Andreas Werliin (Drummer) der schwedischen Szene entstand das Orchestra mit prägenden Elementen aus Free Jazz, Improvisation, Rock und Blues-Funk. Diese Formation zählt annähernd 30 Mitglieder, Musiker die außerdem in anderen Gruppen und Kontexten aktiv sind und sich hören lassen können in Relation beispielsweise auch zu Legendärem wie Charlie Hadens Liberation Music Orchestra und Sun Ra.

Einer der Hauptantriebsfaktoren von Fire!Orchestra ist der umtriebige Saxofonist Mats Gustafsson, schon Saxofon-Wolf genannt mit seiner außerst prägnaten Saxofontechnik und Musik, die Klänge aus Punk, Noise und Electronica nicht ignoriert. Er gehört mit Peter Brötzmann und Ken Vandermark auch zu Sonore und kollaborierte mit zahlreichen Größen der internationalen Musikszene. Mit Fire! Orchestra zeigt Gustafsson sich gerade mit exponiert blueszentrierter Energie im Free Jazz. Aber doch einen zwiespältigen Eindruck hinterlassend.

| TINA KAROLINA STAUNER

Titelangaben
Fire! Orchestra – Enter

1 Comment

  1. Wieso geben sie nicht endlich auf und spielen Musik?
    Seit 1959 gibt’s der „Free Jazz“ und niemand mochte ihn je (nun ja, ich ein paar Jahre lang in den Sixties. Aber ich war jung, dumm und wollte ‚cool‘ wirken).
    Weil er so kling wie er klingt, will ihn keiner hören.
    Wieso geben sie nicht endlich auf und spielen Musik?
    Weil sie’s nicht können?

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