Digitales | Resident Evil: Revelations 2
Kaum eine Serie hat es geschafft, seine Fangemeinde so zu spalten wie ›Resident Evil‹. Während Fans der ersten Ableger den glorreichen Tagen des Survival-Horrors nachtrauern, haben Neuzugänger Spaß mit actionreichem Zombie-Splatter nach ›Left-4-Dead‹-Manier. Mit ›Revelations 1 und 2‹ haben die Entwickler versprochen, sich stärker an den Wurzeln der Serie zu orientieren. Mehr Rätsel, fordernde Gegner und Gruselatmosphäre wurden von ›Revelations 1‹ dann auch geboten. Ob ›Revelations 2‹ seinem Vorgänger würdig bleibt oder eher ver-schlimm-bessert erfahrt ihr in unserem Test. Von PHILIPP LINKE.
Erstmals in der Serie ist das Spielerlebnis in Episoden unterteilt, die einzeln oder als Komplettpaket erworben werden können. Hinzu kommen zahlreiche Kostüme und Bonusgegenstände, die zu happigen Preisen angeboten werden. Dieses verwirrende Verkaufsmodell ist mitunter der größte Nachteil von ›Revelations 2‹. Wer möchte schließlich ein unvollständiges Spiel besitzen?
Gemeinschaftliches Zombiemetzeln
Nach dem anfänglichen Schreck und der nachfolgenden Erkenntnis, dass man auch ohne die DLCs gut leben kann, macht ›Revelations 2‹ tatsächlich Spaß. Das erste Mal in der ›Resident Evil‹ Reihe gefällt jedoch der Raid-Modus mehr als die eigentliche Geschichte. Der war zwar seit ›Resident Evil 4‹ enthalten, stellte zu der Zeit jedoch kaum mehr als eine simple Highscore-Jagd dar. In ›Revelations 2‹ ist nicht nur der Umfang an Missionen deutlich angestiegen, ihr habt außerdem die Wahl aus mindestens zwölf Charakteren (je nach DLC), die ihr nacheinander freischalten, einzeln aufleveln und mit Waffen ausrüsten könnt. Jeder Charakter hat zudem sechs passive Fähigkeiten und vier Spezialangriffe, die von einfachen Molotov-Cocktails bis zu einzigartigen, übernatürlichen Künsten reichen. Während der Missionen erhaltet ihr Fähigkeitspunkte, die ihr in das Aufleveln eurer Fähigkeiten investieren könnt. Nebenbei findet ihr auch stetig neue Waffen und Modifikationen, mit denen ihr das Arsenal verstärken könnt. Auch hierbei sind die Möglichkeiten sehr ausgefallen und bieten neben der üblichen Magazinvergrößerung und Schadenserhöhung auch Elementarschäden, zielsuchende Munition oder aufladbare Schüsse.
Die kurzweiligen Missionen im Raid-Modus fordern entweder das Besiegen aller Feinde, das Erreichen eines Ziels in vorgegebener Zeit oder die Verteidigung eines Camps. Die Entwickler haben dabei einige neue Areale erschaffen, sich aber auch an bekannten Levels aus ›Resident Evil 6‹ und ›Revelations 1‹ bedient. Jede der 60 Missionen gibt es in drei Schwierigkeitsstufen, die ihr durch das Abschließen einfacherer Level freischaltet. Per Split-Screen und online-Modus könnt ihr die Missionen auch zu mehreren spielen. Hinzu kommen zwei täglich wechselnde Missionen, die besonders viel Geld und Extraleben einbringen – allerdings nur für Einzelkämpfer. Im Gegensatz zum Raid-Modus erlaubt der Story-Modus leider nur Split-Screen oder Singleplayer mit computergesteuertem Partner.
Was bisher geschah…
Wer frühere ›Resident Evil‹-Teile kennt, dem wird das Grundschema der Geschichte bekannt vorkommen: Die Zombieapokalypse bricht in einem kleinen Areal unter der Kontrolle eines Oberbösewichts aus. Ihr schlüpft in die Rolle eines Mitglieds der Anti-Terror-Organisation BSAA, mit dem Ziel, das Böse zu bekämpfen. Mit dieser Formel beginnt auch ›Revelations 2‹, allerdings hält die Geschichte mehr Überraschungen parat, als man zu Beginn vermutet. Ohne zu viel vorweg zu nehmen, die Ausgangslage in Kürze:
Im Story-Modus verfolgt ihr zwei Handlungsstränge abwechselnd und zu unterschiedlichen Zeiten. Das erste Team bilden Claire und Moira, die von einer zunächst unbekannten Person auf eine ebenfalls unbekannte Insel verschleppt werden, die, welch Überraschung, von Zombies und Mutanten nur so wimmelt. Über elektronische Armbänder erfahren die beiden, dass ihnen eine Frau, die sich selbst die »Aufseherin« nennt, ein Virus injiziert hat, das auf die Furcht seines Wirts reagiert. Claire und Moira sind damit unfreiwillig Teil eines teuflischen Experiments geworden, aus dem sie nun zu entkommen versuchen.
Einige Zeit später kommt Moiras Vater Barry auf der Insel an, um sie zu suchen. Er hat bereits Erfahrung mit Zombieepidemien, schließlich ist er seit dem ersten ›Resident Evil‹ mit von der Partie. Auf der Insel trifft er auf das kleine Mädchen Natalia. Auch Sie trägt den elektrischen Armreif, ist also offensichtlich Teil des Experiments. Auf ihrem Weg kreuzen sie teilweise die Pfade, die auch Claire und Moira zuvor betreten haben. Die Areale haben sich mit der Zeit jedoch verändert und neue Gegnertypen verbreitet. Immer mehr stellt sich die Frage, wie viel Zeit tatsächlich vergangen ist, seit die Beiden auf die Insel verschleppt worden.
Die Suche nach Hinweisen macht durchaus Spaß und gibt der Geschichte durch die zeitliche Ebene zusätzliche Tiefe. Die Präsentation der Geschichte ist mit aufwendigen Filmsequenzen gut gelungen. Jede Episode wird zusätzlich mit einer TV-typischen Zusammenfassung im Stil von »Was bisher geschah« eingeleitet. Somit seid ihr sofort wieder in der Story, falls ihr eine Pause zwischen den Episoden eingelegt habt.
T.E.A.M. = Toll, ein anderer macht’s
Jede Episode besteht aus zwei Teilen, da sich die beiden Paare Claire und Moira sowie Barry und Natalia jeweils einmal abwechseln. Die einzelnen Partner sind dabei sehr unterschiedlich und ergänzen sich in ihren Fähigkeiten; so besitzt Natalia beispielsweise keine Waffen, kann dafür aber Gegner »spüren« und Barry warnen. Das ungleiche Duo erinnert stark an das Spiel ›The Last of Us‹ und spielt sich auch ähnlich.
Moira hingegen kann Monster mit der Taschenlampe blenden und anschließend mit einem Brecheisen zuschlagen. Sie weigert sich Schusswaffen zu verwenden, daher muss Claire den blutigen Part übernehmen. Wird einer der Charaktere vom Computer gesteuert, verhält er sich eher defensiv und versucht die Gegner abzulenken. Es gibt jedoch spezielle Fähigkeiten, die nur der Computerspieler »erlernen« kann, sodass dieser ebenfalls in der Lage ist, Gegner anzugreifen und Schusswaffen zu verwenden.
Spezielle Gegnertypen lassen sich deutlich einfacher besiegen, wenn man im Team arbeitet und die Spezialitäten der Charaktere ausreizt. So sind manche Monster besonders empfindlich gegen das Licht von Moiras Taschenlampe oder besitzen Schwachstellen, die nur Natalia sehen kann. Spielt ihr alleine, könnt ihr per Knopfdruck jederzeit zwischen den beiden Charakteren hin- und herwechseln, was in der Praxis gut funktioniert. Doch erst mit einem menschlichen Mitspieler lassen sich bestimmte Taktiken effektiv nutzen. Ein klarer Vorteil für den Multiplayer, der sich zudem die Puzzle-Passagen zu eigen macht. Hier werden Köpfchen und gute Absprache erfordert.
Im Komplettpaket sind zusätzlich zu den vier Hauptkapiteln noch zwei Bonusmissionen enthalten, in denen ihr entweder mit Moira auf Hasenjagd geht oder mit Natalia durch die von Monstern bevölkerten Industrieanlagen schleicht. Beide Missionen enthalten mehrere Kapitel und sind eher als kurzweiliger Zeitvertreib ausgelegt, ohne die Story grundlegend zu erweitern.
Neues Gameplay – Alte Grafik
Da der Vorgänger primär für den Handheld entwickelt wurde, macht ein direkter Vergleich wenig Sinn, schließlich ist ›Revelations 2‹ ein reines Heimkonsolen-Spiel. Im Vergleich mit dem letzten größeren Ableger ›Resident Evil 6‹ hat sich dennoch einiges getan. Das vergrößerte Sichtfeld und der etwas weitere Abstand der Schulterkamera führen zu einem besseren Überblick in actionreichen Passagen. Besonders hilfreich ist auch die Möglichkeit einer Ausweichbewegung in beliebige Richtungen. Zudem lassen sich viele passive Fähigkeiten erlernen, die bestimmte Spielweisen belohnen und nützlichere Effekte haben als die minimalen Boni in ›Resident Evil 6‹. Die entscheidende Neuerung bleibt jedoch das Zusammenspiel der ungleichen Charaktere und deren Fähigkeiten.
Grafisch hat sich leider nur wenig getan. Obwohl die Texturen der Umgebung schärfer sind als in älteren Spielen, sieht die Umgebung teilweise leer und detailarm aus. Auch visuelle Effekte wie Reflektionen oder detaillierte Schatten kommen nur minimal zum Einsatz. Bei Verwendung der Taschenlampe werfen einige Objekte wie Wände und Gegner zwar einen Schatten, durch andere leuchtet sie jedoch einfach hindurch, wie zum Beispiel Menschen und Zäune. Gut gelungen sind dagegen die Wettereffekte und bewaldeten Außengebiete mit bewegtem Gras und dichten Bäumen und Büschen. Auch das Gegnerdesign überzeugt und ist abwechslungsreich in äußerer Erscheinung und Verhaltensweise.
Fazit
Für den Preis der ersten vier Episoden lohnt sich ›Revelations 2‹ allemal. Insbesondere mit einem Freund spielen sich Story und Raid-Modus hervorragend an einem Bildschirm und letzterer bald auch online. Die fehlende Online-Funktion für die Kampagne vermisst man sehr. Wenigstens eine Option für LAN-Multiplayer wie in ›Resident Evil 5‹ wäre wünschenswert gewesen. Im Vergleich zu vorherigen Ablegern geht ›Revelations 2‹ mit gruseligen Passagen, einfallsreichen Puzzeln und überraschend facettenreicher Story in die richtige Richtung. Am Ende kommt es jedoch nicht an die Qualität von ›The Last of Us‹ oder die Atmosphäre in ›The Evil Within‹ heran.
Getestet wurden alle vier Kapitel sowie die ersten 24 Missionen im Raid-Modus der PC-Version. Für den Abschluss der Story wurden etwa 9,5 Stunden benötigt.
Titelangaben
Resident Evil: Revelations 2
seit dem 20.März 2015 erhältlich
Playstation 3, Playstation 4, Play Station Vita, Microsoft Windows, Xbox360, XboxOne
UVP ab 39,99€