Digitales | Games: Anthem
Loot-Shooter, dieser Begriff existiert seit etwa 5 Jahren, als ›Destiny‹ das Licht der Spielewelt erblickte. Die Lieblingstätigkeiten der Gamer – Ballern, Sammeln und zusammen die Welt erkunden – wurden damit vereint. Nicht verwunderlich, dass es über die Zeit Spiele gab, die ein Stück vom Erfolg abhaben wollten. ›Anthem‹, entwickelt durch BioWare, die sich durch Spiele wie ›Dragon Age‹, ›Mass Effect‹ oder ›Star Wars: The Old Republic‹ einen Namen machten, soll dem Spiele-Giganten ›Destiny‹ die Stirn bieten. Doch wird das über sechs Jahre entwickelte Projekt den Anforderungen gerecht? Von LINH NGUYEN.
›Anthem‹ spielt in einer fiktiven Welt, in der ihr die Möglichkeit habt, mit eurem »Javelin«, einem Hightech Roboter Anzug, ins Abenteuer zu stürzen. Dabei könnt ihr zwischen den verschiedenen Klassen »Ranger«, »Colossus«, »Storm« und »Interceptor« auswählen. Jede Klasse fühlt sich anders an und bietet verschiedene Vor- und Nachteile. Der Ranger ist ein vielseitiger Kämpfer, der mit Granaten und Raketen ausgestattet ist, während der Colossus eher als Tank zu sehen ist, der zwar weniger mobil ist, aber dahingehend umso mehr einstecken kann.
Bei dem dynamischen Third-Person-Shooter könnt ihr jederzeit durch die Lüfte fliegen und sogar in der Luft schweben, während ihr auf eure Feinde zielt. Steuerungstechnisch macht BioWare alles richtig, euer Charakter fühlt sich schnell und agil an und die Schießerei ist sehr angenehm zu handhaben.
Auch an Feinden mangelt es im Spiel keineswegs. Ihr müsst im Team von bis zu vier kooperativen Mitstreitern eine Horde von Gegnern bezwingen. Tauchen zu Beginn noch interessante Gegner auf, denen wir uns mit Freuden annehmen, wiederholen sich die Gegnerklassen mit der Zeit recht schnell. Auch das Missionsdesign ist äußerst monoton: Ihr werdet zu einem Ort geschickt, müsst eine Horde Gegner abknallen, bestimmte Gegenstände einsammeln und irgendwo hinbringen oder einfach nur verteidigen.
Ab und an kommt noch ein Endboss. Doch leider sind die Bosskämpfe im Spiel doch etwas rar. Im Prinzip lohnen sich diese Kämpfe auch überhaupt nicht, weil sie langatmig sind und bezüglich Loot bis dato keinen Mehrwert bieten. Nicht selten kommt es vor, dass mitten im Spiel gewisse Mitstreiter nach dem Abgraben der Schätze vorzeitig das Spiel verlassen, um die Bosskämpfe zu vermeiden. Allerdings kann man davon ausgehen, dass BioWare in Sachen Loot und Belohnung einige Anpassungen vornehmen wird.
Ende in Sicht? Keineswegs!
Das allerbeste bei solchen Loot-Spielen ist das sogenannte Endgame. Denn der echte Spaß beginnt erst mit der Beendigung der Kampagne bzw. dem Erreichen des Maximallevels, das in diesem Fall Level 30 wäre. Um noch stärker zu werden, müsst ihr regelmäßig an verschiedenen Events teilnehmen und neue, verbesserte Waffen und Gegenstände »looten«. Doch welche Freiheiten bietet ›Anthem‹? Genau das ist der Knackpunkt. Bis auf die täglichen und wöchentlichen Events gibt es noch die sogenannten Festungen. Ihr könnt also mit bis zu drei Freunden oder zufälligen Mitstreitern auf Lootjagd gehen.
Belohnungen erwarten euch während und am Ende des Spiels per Zufall, die euren Freelancer noch stärker machen. Und ja, ihr habt richtig gehört – im Prinzip wiederholt ihr die Missionen immer und immer wieder. Es gibt Festungen in verschiedenen Schwierigkeitsstufen, was das Sammeln von seltenen und besseren Gegenständen lohnenswert macht. Aber das war es leider auch schon. Ein sechs-Spieler-Raid wie bei ›Destiny‹, was bei den Gamern als Königsdisziplin angesehen wird und einen hohen Prestigewert hat, wird hier schmerzlich vermisst.
Technische Errungenschaften ohne Perfektion
Sicherlich haben wir Spieler von vornherein kein perfektes Spiel erwartet und schon gar nicht bei einem neuen Loot-Shooter wie ›Anthem‹. Doch das, was BioWare bzw. EA auf den Markt gebracht haben, stieß sicherlich dem einen oder anderen Fan sauer auf. Wie zu erahnen, hat das Spiel seit Beginn der Veröffentlichung mit vielen Bugs zu kämpfen, die definitiv nicht zu vernachlässigen sind. Angefangen von Abstürzen und Freezes im Spiel, die bei der PS4 Version leider gehäuft vorkommen, über Probleme beim Matchmaking bis hin zu Fehlern beim Loot.
Die Liste ist lang und hätte im Prinzip dazu führen müssen, dass die Veröffentlichung nach hinten verschoben wird. Doch dazu kam es nicht. Wer sich dazu entscheidet, ›Anthem‹zu einem späteren Zeitpunkt zu spielen, wird sicherlich nicht viel von den Bugs mitbekommen. Denn positiv ist anzumerken, dass BioWare hart daran arbeitet, die Fehler im Spiel zu beheben, denn die Kritik der Fans wird berücksichtigt.
Ein anderes großes Manko sind die Ladezeiten. Wollt ihr euch in Spiel einloggen, muss das Spiel laden. Wollt ihr eine Mission starten, muss es laden. Habt ihr eine Mission beendet, was im Schnitt 10 bis 15 Minuten dauert, kommt ihr zur Missionsauswertung und es muss laden. Wollt ihr die nächste Mission starten, geht es nicht sofort los, sondern ihr müsst erst mal zur Basis – das heißt wieder laden. Habt ihr neue Waffen und Gegenstände gefunden und wollt ins Ausrüstungsmenü – na? – richtig, das Spiel muss laden. Dies setzt sich durch das gesamte Spiel fort und von der rund 15 bis 20 Stunden andauernden Kampagne verbringt ihr rund 30% eurer Zeit in Ladebildschirmen.
Wenn ihr denkt, dass ihr während des Wartens im Menü herumspielen könnt, wie etwa beim Konkurrenten ›Destiny‹, dann täuscht ihr euch gewaltig. Dies könnt ihr nur in eurer Basis tun. Und ja, beim Dahinbewegen erwartet euch stets der Ladebildschirm.
Fazit
Der Start von ›Anthem‹ ist etwas holprig verlaufen. Jede Menge Bugs, lange Ladezeiten und wenig bis schlecht umgesetzten Content kann man leider nicht schönreden. Allerdings, bei all den Problemen, vergisst man doch stets, dass ›Anthem‹ auch viele positive Ansätze hat. Als Online Loot-Shooter funktioniert das Spiel prima.
In ein paar Monaten, wenn die Kinderkrankheiten beseitigt wurden, wird ›Anthem‹ das Potenzial zu einem guten Spiel haben. Bestückt mit vielen neuen kostenlosen Updates werden die anfänglichen Schwierigkeiten wahrscheinlich schnell vergessen sein.
- Schöne Schauplätze und Landschaften
- vier verschiedene Javelins (Klassen) und eine gute Auswahl an Fertigkeiten
- Koop Spaß mit bis zu vier Spielern
- Langweilige und eintönige Dialoge und Erzählungen
- Missionen sind repetitiv und mit wenig Liebe designed
- sehr überschaubarer End Game Content mit wenig Abwechslung
- sehr lange Ladezeiten
- umständliche Menüführung, die oft keinen Sinn ergibt
- unfertiges Spiel mit vielen Bugs (Stand März 2019)
Titelangaben
Anthem
BioWare, EA
erhältlich für Playstation 4, Xbox One, Microsoft Windows