TITEL Textfeld | Verena Stegemann: Vierte Ausfahrt
Ich liebe dieses grüne Haus im Nachbarort.
Wenn ich das passiere, wird langsam die Sitzheizung warm.
Glücklich die, die nie flüchten mußten, vor sich selbst, ihrer Zerrissenheit, dem Mangel an einem sinnerfüllten, inneren Ort.
Liebe kommt, Liebe geht, wie die Flöhe im Interrailer-Rucksack, wie die Sommer, die fast dreißig, die vorbeiziehen und im Vorbeirennen Tau aus to-go cups schlürfen.
Manchmal besuche ich fremde Friedhöfe und stelle mich vor irgend ein x-beliebiges Grab und kann meine Lethargie-Traurigkeits-Fresse dort Gassi führen. Das hat was von Betrug und Nervenkitzel. Sich ein Grab ausleihen um fehlgeleitete Emotionen rauszulassen… tz tz tz.. fühlt sich irgendwie verboten an. Und siehe dann da: Selbst Friedhöfe sind Reviere; die auf dem Land zumindest, kleine Gehege, und irgendwann finde ich mich umzingelt von misstrauischen Rentnerblicken, die mich mustern und taxieren. Ich strahle so etwas unglaublich Undurchschaubares aus, dass es die Rentner ganz wuschig macht.
Aber was erwarte ich. Ich bin lustig, aber keiner traut mir das zu.
»Den Kreisverkehr an der vierten Ampel verlassen«
ist wohl
die liebevollste Formulierung für
Dein Weg hat kein Ziel
Am besten zurückfahren
Soweit, bis du wieder im Bauch deiner Mutter bist
(Nur dein Hintern, wow, der ist heiß, heiß, heiß.)
| VERENA STEGEMANN