Schwerkraft
Leuchtgrüne Libelle, nadel-
dünn. Dein schimmernder
Flügel grüßt von so weit
her. Einst wollte auch ich
ihn mir wachsen lassen.
Doch die Nähe, der Zwang
zur Erde blieb stärker.
Eine Handvoll und
noch eine Handvoll.
Die Schwerkraft, oft
verflucht, hat mich aber
auch beschützt, und ist
mir ein Vater gewesen
Ungekränkt
Nach langem Regen-
tag ruft die Amsel.
Ungekränkt. Hinter
gelbgrünen Blättern
feiert ihr Nest
emsige Ewigkeit
Das Geheimnis der Welt
So ermüdet inzwischen
daß es bloß durch
das Tägliche noch
geheilt werden kann
Wolfgang Denkel wurde 1958 geboren, er lebt als Schriftsteller, Maler und Bildhauer in Hamburg. Er veröffentlichte Prosa im Grazer Literaturverlag Droschl und im Hamburger Verlag Literatur-Quickie. Die Sammlung ›Schulterblatt‹ ist sein erster Gedichtband, er erscheint dieser Tage in der Edition Hammer + Veilchen, Hamburg.