Lyrik | Peter Engel: Nachgerufen am 30. April
Leider nur ein einziges Mal
erlebte ich das Orgeln
seiner Gedichte aus der Nähe.
Murray las im Gemeindesaal,
urig wie ein Buddha saß er da,
rund und strahlend wie ein Vollmond,
regenfarben sein Pull,
alles war reine Wortmusik,
yea, hätte ich rufen sollen.
In einem Akrostichon ergeben die ersten Buchstaben jeder Zeile, fortlaufend gelesen, eines oder
mehrere neue Wörter.
Vom Aufheben
Die Wörter dieser Zeile sind
hier im Augenblick des Schreibens
wie glasklar aufbewahrt,
kehre ich aber den Rücken,
sind sie wie aufgehoben
und schwinden aus meinem Sinn.
Doch nehme ich mir den Text
wieder vor nach gewisser Zeit,
finde ich ihn dreifach wieder,
bewahrt und verschwunden zugleich
in neue Zeilen hinein,
die ich fortschreibe beim Lesen.
Peter Engel lebt und arbeitet in Hamburg. Er veröffentlichte Lyrik, u. a. in ›Rückwärts voraus‹ und ›Wolkisch lernen‹, und gibt seit 2014 gemeinsam mit Günther Emig die Zeitschrift für Kurzprosa ›Hammer + Veilchen‹ heraus.