Lyrik | Peter Engel: Drei Gedichte
Bestandsaufnahme
Die Scheibe hat einen Sprung,
schwarz hängt ein Spinnwebfaden
von der Decke und dreht sich,
Strahlen befingern den Teppich,
als suchten sie nach mir.
Als hilfsbereiter Nachbar
schaut die Sonne zu mir herein
und bringt als Geschenk ihr Licht mit,
steckt es mir täglich auf
und beleuchtet mein Dunkel.
Im Türschloß klemmt der Schlüssel
und läßt sich nicht abziehn,
das graue Telefon schweigt,
und wenn es einmal klopft,
kommt es von der Fernheizung her.
Kleine Irritation um sieben
Die morgendliche Begegnung
mit meinem Geheuer, unwirsch
schaut es mich aus dem Spiegel an,
fletscht meine schadhaften Zähne
und will mir ähnlich sein,
doch ich verweigere mich.
Tatsächlich sehe ich ganz
anders aus, wenn ich nach innen
blicke als nahbarer Mensch
fehlt mir kein einziges Haar,
die Mundfalte ist weggewischt
und der Blick voller Morgen.
Dieses bessere Bild trage ich
vorsichtig zum Schreibtisch hin,
damit es nicht verwackelt,
zeichne es als Beruhigung
für mich auf und lebe damit
leicht irritiert bis zum Abend.
Irgendwas fiel grade runter
Da war ein fernnahes Geräusch,
schwer zu bestimmen seine Herkunft,
vielleicht stürzte ein Bild von der Wand,
schlug die offene Tür zu
oder ein Stein fiel dir vom Herzen.
Solche Töne schleichen um mich
herum, kommen von oben
oder von unten herauf
und sind schwierig zu orten,
laufen in den Leitungen um.
Schon sind Vorboten des großen Knalls
zu hören, heißt es im Treppenhaus,
es knistere in der Erde,
mehr noch: Am Ende der Straße
klaffe ein riesiges Loch.
Peter Engel lebt und arbeitet in Hamburg. Er veröffentlichte Lyrik, u. a. in ›Rückwärts voraus‹ und ›Wolkisch lernen‹, und gibt seit 2014 gemeinsam mit Günther Emig ›Hammer + Veilchen‹ heraus, eine Zeitschrift für neue Kurzprosa.