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Jenseits von Bushido und Co.

Musik | Tim Taylor: Ein anderer Grund

Die Klänge von Tim Taylors neuem Album Ein anderer Grund sind hart, nicht immer heiter, aber ehrlich. Unverblümte Texte, vorgetragen im Sprechgesangsmodus vereinen sich mit stimmigen Melodien in einem Musik-Buch Projekt. Ein anderer Grund ist alles andere als kommerzieller Sensations-Hip Hop. Diese Platte fordert das Zuhören. Von ANNA NISCH

Tim Taylor - Ein anderer Grund
Auch wenn das Büchlein, das das Album komplettiert, an dieser Stelle ein wenig zu kurz kommen mag, ist das Ganze doch eine runde Sache. Allein die musikalische Darbietung des Kasseler Rappers und Studenten der bildenden Künste folgt einem lyrischen Programm. Die Texte leben von spielerischen Metaphern und sind dennoch eindeutig. Die Wirkung der Platte entsteht vor allem über das Zusammenspiel von Musik und Text. Es sind nicht nur aneinandergereihte Songs, sondern künstlerische Hörspieleinflüsse gestalten die Musik zu einem Gesamterlebnis.

Zwar präsentiert sich der Rapper mit dem Künstlernamen Tim Taylor auf seiner Webseite durchaus provokant – laut, fast schon ein wenig verrückt. So wie eben in der Branche üblich. Dennoch bewahrt er eine Handschrift, die ihn von anderen, vielleicht bekannteren, Künstlern unterscheidet. In seiner Musik spricht er von alltäglich-bekannten Dingen, Gefühlen, von Liebe, Unverständnis bis zu Wut. Gesellschaftskritische Zeilen, wie beispielsweise der Vorwurf an die Menschheit »Sklaven ihrer Erwartungshaltung« zu sein, veranlassen zum Nachdenken.

»Wir lassen es niemals ganz mit dem Denken«

Liebhaber von anspruchsvollem deutschen Hip Hop, der auf die Degradierung von Frauen und provokante Schimpfwort-Füllsel verzichtet, sollten diesen Künstler nicht unbeachtet lassen. Texte mit Aussagen, die sich mit dem Alltag und all den Fragen, die dieser mit sich bringt, beschäftigen – damit sollte Rap sich befassen! Schließlich ist dieses Musik-Genre prädestiniert dafür, freiheraus Kritik zu äußern und provokante Appelle zu verbalisieren.

Taylors Werk an einem gemütlichen Sonntagnachmittag bei Kaffee und Kuchen zu lauschen, ist wahrscheinlich nicht der richtige Rahmen – und so ist es sicher nicht angedacht. Schließlich plädiert er dafür: »Wir lesen und schreiben Gedichte nicht zum Spaß«. So ist auch seine Musik keine Spaß-Musik. Für diese Platte sollte man sich Zeit nehmen, die durchdringenden Worte sacken lassen. Das Buch mit Textauszügen und Zeichnungen vom Künstler verstärkt den Sog der Musik. Eine schöne Ergänzung, deren Umfang gern noch größer sein könnte – dann wäre das Gesamtpaket von Musik meets Literatur wirklich ein kleines Kunstwerk.

| ANNA NISCH

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