Ambient-Experimente zweier Musikerinnen-Generationen

Musik | Surma: Antwerpen / Lisa Nordström: Volume

Ambientexperimente zweier Musikerinnengenerationen: TINA KAROLINA STAUNER hat Surma und Lisa Nordström gehört

Surma – Fabelwesen aus einer Ambientwelt

Surma - AntwerpenAtmosphärische Melodien und vertrackte Rhythmen, zusammengebastelt mit einer Vielzahl herkömmlicher Instrumente und elektronischer Geräte, hat Surma zu avantgardistischem Sounddesign verdichtet. Die 22-jährige Débora Umbelino stammt aus Portugal und nahm in ihrer Heimatstadt Leiria das Album ›Antwerpen‹ auf.

Jeden der Songs hat die Soundbastlerin mit einem Wort einer anderen Sprache benannt. Surma bezeichnet sich als Kosmopolitin. Surma ist eine afrikanische Sprache. Surma heißt ein äthiopisches Volk. Surrma ist ein Fluss in Indien und Bangladesch. Surma ist ein Monster aus den finnischen Mythen. Surma ist der Künstlername von Débora Umbelino. Sie ist ein verspieltes Monster. Sie ist ein neues Fabelwesen in einer Pop-Sphäre in der sich ältere Gestalten wie Joanna Newsom und Björk tummeln.

In ihr kosmisches Feeling integriert die fantasievolle Soundtüftlerin detailverliebt viele Stilmittel und experimentiert mit musikalischer Leichtigkeit munter durch die Gegend. Egal ob transnational oder kitschig. Sie fügte den Soundschichten ihre lieblich helle Gesangsstimme hinzu und möchte Friedlichkeit und Verbundenheit mit den Elementen transformieren. Das ist sehr nett. Sie verwendet dafür auch afrikanische Trommeln und sampelt ansonsten versponnen vor sich hin. Das ganze Projekt klingt etwas naiv und ist doch immerhin ein hübsches Hörspiel. Eine nuancenreiche Ambientwelt aus Pop-Elementen und Electronica. Ergänzend gibt es die erste Single ›Maasai‹.

Lisa Nordström – Musik ohne Worte von Electronica über Ethno bis Avantgarde

Lisa Nordström: VolumeImprovisation, Electronica, Jazz, Ethno, Ambient, Pop, Avantgarde im Zufälligen. Elektronische und akustische Klänge in verlassenen Ballsälen, Straßenunterführungen, düsteren Gassen in irgendwelchen Städten. Das Musikprojekt ›Volume‹ / ›Sonica Sequence‹ wurde auf Reisen durch Kuba, Japan, Zypern, Indonesien realisiert von der 42-jährigen schwedischen Soundkünstlerin Lisa Nordström. Zusammen mit internationalen Musikern und mit interagierendem Publikum entstanden spontane Aufnahmen »ohne Erwartungen, ohne die selbe Sprache zu sprechen.«

Für das Album ›Volume‹ und den Film ›Sonica Sequence‹ kamen zu den elektronischen Klängen der von Nordstöm mitgenommenen Geräte Percussion, Flöte, Keyboard und alle möglichen Umgebungsgeräusche dazu. Das erinnert etwas auch an die Musique concrète. Und nimmt die Stimmung der Volksmusik der Reiseländer mit auf. Musik ohne Worte. Nur akustische Stimmungen, musikalische Fantasien, klangliche Bilder, seltsame Laute. Das mäandert und looped wundervoll, eigenartig und verschroben in experimentellen Rhythmen und improvisierten Sounds. Und lädt ein zu Gedankenreisen und Denkimprovisationen.

Im CD-Booklet gibt es stimmungsvolle Fotos und alle Musikernamen. Der Film ›Sonica Sequence‹ ist von Pether Lindgren. Lisa Nordström hat ein facettenreiches Klangstimmungsbild als ›Volume‹ betitelt zusammengefügt, das ein archaisch-avantgardistisches Klangfeld darstellt. Und zu den improvisierten Sessions an unterschiedlichsten Locations der Welt gehört.

| TINA KAROLINA STAUNER

Titelangaben
Surma: Antwerpen
(Omnichord Record, 2017)

Lisa Nordström: Volume
(Ajabul / Broken Silence, 2017)

Peter Lindgren: Sonica Sequence

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Irrungen, Wirrungen in Mexiko

Nächster Artikel

All That Must Be Will Be: New Album Reviews

Weitere Artikel der Kategorie »Platte«

No time to lose

Musik | Raphael Hussl: No time to lose Das Album ›No time to lose‹ von Raphael Hussl besingt die Sehnsucht und die Hoffnung, kurzum: die Liebe. MARC HOINKIS berichtet.

Scratchy archive tapes and empathic accordions

Musik | Folkdays… progressiv-hynotisch, volksnah-theatralisch: Anne-Mari Kavimäki Akkordeon? Unterbrechungs-Aerophone, Handzuginstrumente, heißen auch Handharmonika, Ziehharmonika, Handklavier, Ziehorgel, Handorgel, Quetschn, Ziach, Schifferklavier, Maurerklavier, besser genannt Konzertina, Bandoneon, Diatonische. Oder geringschätzig Quetschkommode, Heimatluftkompressor, Tretschrank. Von TINA KAROLINA STAUNER

»Nothing Matters When We’re Dancing« – November’s new albums

Bittles‘ Magazine | Record Review Ok, I admit it. I am addicted to music! Yet, you can hardly blame me, when there are so many great new albums out there all vying desperately for my time and love. Why, in November alone we have absolutely amazing new records by the likes of Recondite, Clark, Juju & Jordash, Frank & Tony, Biblo, The Twilight Sad and many, many more. Is it any wonder that I hardly ever leave the house anymore, my friends think I’m dead and that my girlfriend has dumped me because I insist on keeping my headphones on

The Lure Of The Slow Knife: New Album Reviews

Music | Bittles’ Magazine: The music column from the end of the world I know I may sound overly romantic saying this, but a great album should have the power to erase daily stresses and strains. With world affairs and current politics seemingly more depressing than ever we need our creative arts to step up and remove us, however temporarily, from the horrors of everyday life. This week I will be highlighting some of the LPs which have accomplished this feat by stealing my time and creating an addictive craving in my very soul. By JOHN BITTLES