Digitales | Digitale Appetithappen: November 2011
Gleich mit drei bleihaltigen Abenteuern möchte sich RUDOLF INDERST in diesem Digitalen Appetithappen beschäftigen: das Remake eines Remakes Golden Eye Reloaded, der Lufthoheitskracher Ace Combat – Assault Horizon und der große Call of Duty: Modern Warfare 3-Konkurrent aus dem Hause EA: Battlefield 3. Wohl bekomm’s.
Spy Vs. Spy: Golden Eye Reloaded
Skeptiker haben es schon immer gewusst – wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass die heutige Medienwelt in all ihrer postmodernen Crossreferentialität völlig austauschbar geworden ist, so belegt dies eindrücklich der First Person Shooter Golden Eye Reloaded aus dem Hause Activision. Weshalb? Weil innerhalb des Spieles einfach der geschniegelte Pierce gegen den rauen Daniel als führender Spionageprotagonist ausgetauscht wurde, und das den Fortgang oder die Atmosphäre der Erzählung nicht im Geringsten ändert, geschweige denn stört.
Die aus der Feder des Drehbuchautoren Bruce Feirstein stammende Story wurde von ihm persönlich aktualisiert und umfasst alle bekannten Hauptfiguren, markanten Szenen und cineastischen Momenten der Filmvorlage von 1997, die seiner Zeit einen erfolgreichen und nötigen Neustart der Serie bedeutete – nach den beiden Agentenauftritten des Herrn Dalton lag der MI:6 am Boden der Zuschauergunst. Gut, jetzt also Reloaded, was natürlich gleich einmal schwer nach bekannter Actionware klingt: Reloaded, Revolutions … waren das nicht die Matrix-Teile 2 und 3?
Neben der Kampagne beinhaltet der Titel auch einen Mehrspielerpart, welcher natürlich in der begeisterten Erinnerung diverser N64-Jünger großartiger als »ein Blowjob der Mutter Maria« (Messegespräch gamescom 2011) gewesen sein soll. Wir wollen es ihr glauben. Immerhin macht das Spiel klar, dass es nur eines Mannes und eines exzellenten Scharfschützengewehres bedarf, um ganze russische Divisionen auszuräuchern. Die Kameraden warten geduldig, bis sie in der butterweich laufenden, aber grafisch äußerst mittelprächtigen Umgebung zu Fall gebracht werden. Kurzum: sympathisch.
Ace Combat: Assault Horizon
Als Teil einer internationalen Friedenstruppe befehligt Colonel Bishop eine kleine Staffel im Kampf gegen eine aufrührerische Rebellengruppe. Die Operation eskaliert, als Bishop und seine Einheit mit der Zerstörungskraft einer experimentellen Waffe der Rebellen konfrontiert werden. Quer durch die Wüstenstaaten bis hoch in den frostigen Norden entflammt ein zerstörerischer globaler Konflikt um diese Waffe. Äh, und ICEMAN sagt noch: »Hey, Maverick, ich mag Dich nicht, Du bist gefährlich.« Und Maverick so: »Verdammt richtig, ICEMAN, ich BIN gefährlich.« Das eine ist 2011, das andere 1986. Und noch immer sind Piloten Chefs der rasenden Phallussymbole – seit Top Gun hat sich nicht so viel geändert.
Der Grund, weshalb die Fachpresse den aktuellen Teil der Serie als gelungenen Neuanfang feiert, ist das neue Nahkampfsystem. Nahkampfangriffe sind der Schlüssel zum Ausschalten fähiger Gegner, die in der Lage sind, Langstreckenraketen auszuweichen. Bei der Annäherung von hinten wird der Nahkampf gegen schnelle Gegner initialisiert. Was bedeutet das? Das bedeutet im Grunde, dass dem Gefecht der hochgezüchteten Kampfmaschinen wieder eine persönliche Note hinzugefügt wird. Das Individuum rückt wieder in den Vordergrund. Eigentlich raus aus der Hightech-Welt, ran an ein Mann-gegen-Mann-System. Offenbar gefällt das Spielerinnen (am Boden).
Wenn ich groß bin, werde ich die Konkurrenz: Battlefield 3
In Battlefield 3 schlüpfen die Spieler in die Rolle eines Elitesoldaten der U.S. Marines und erleben Einzelspieler-Missionen ebenso wie Multiplayer-Partien an verschiedenen Punkten der Erde, darunter Paris, Teheran und New York. Okay, eigentlich sollte man anders anfangen, wenn man über Battlefield 3 schreiben möchte. Vielleicht eher so: Erzählerisch ist der First Person Shooter am ehesten mit einer überlangen 24-Folge zu vergleichen, in der zusätzlich reichlich Blei vergossen wird. Nach den sechs Stunden der Solo-Kampagne ist eines klar: Die Fratze des Terrors hat mittlerweile ihr vorrangiges Ziel erreicht. Es liegt im Interesse der Terroragenda, Angst zu schüren. Angst, davor, dass Gewalt und Leid jederzeit und an jedem Ort in das bürgerliche Leben einbrechen und es zerstören könnten.
Dadurch, dass kulturelle Artefakte immer wieder dieses Motiv aufgreifen, liebevoll-gewalttätig damit umgehen, prägt uns diese Ideenwelt. Unrealistisch ist nicht mehr die Idee, dass Terroristen inmitten großer Städte Atombomben zünden, sondern unrealistisch ist für Spieler, dass die AK-47 zu sehr im Schusswechsel verzieht. Verweigert man übrigens dem Spiel eine Installation auf Festplatte, bekommt man prompt eine technisch schwächere Version präsentiert. Ein wenig rätselhaft ist es dann, wenn selbst diese öfter einmal merklich ruckelt. Aber mal ehrlich, bei all den Einsen und Nullen, die man rund um den Erdball erledigt, kann das wohl als kosmischer Schluckauf gewertet werden.