Kinderkeile

Digitale Spiele | South Park: Der Stab der Wahrheit

Wenn Krebsmenschen die Weltherrschaft an sich reißen wollen, Al Gore vor dem Schweinebärmann warnt, Eltern zu Chili verarbeitet werden und Grundschüler die wildesten Abenteuer erleben, kann nur die Rede von South Park sein. Den satirischen Humor der Serie muss man mögen und wer ihn mag, gehört eindeutig zur Zielgruppe von Der Stab der Wahrheit. Ubisoft gewährte uns einen Einblick in die erste Spielstunde des heißersehnten Rollenspiels. Von EVA HENTER-BESTING

Kenny_Stick of Truth

Tausende Jahre währt der Kampf nun schon. Ein niemals endender Krieg, in dem Menschen und Elfen nur um ein Artefakt kämpfen: den Stab der Wahrheit. Die Kinder von South Park sind im Rollenspiel-Fieber. Wem die Hierarchie der Grundschüler bekannt ist, kann schnell erraten, wer der selbsternannte Anführer ist. Klar, niemand anderes, als Eric Cartman. Als weiser Großmagier verkleidet prophezeit er, dass sich das Schicksal des Krieges bald wenden wird. Gerüchte von einem neuen Kind sickern über das Land. Von dem Helden, der den Streit beilegen kann.

Und den basteln wir uns im Charakterbaukasten zusammen. Die Auswahl ist groß: verschiedene Hautnuancen, Haarfarben und Frisuren, Kleidung und Accessoires. Nur ist eins bereits festgelegt: wir spielen einen 8 bis 9-jährigen Jungen.

Der Stab der Wahrheit

Macht aber nichts, die weibliche Rolle übernimmt Lady Kenny, der uns stilvoll seine Männerbrüste zeigt, wenn wir ihm eine Blume schenken. Der Humor im Spiel ist unverkennbar. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Erfinder von South Park, Matt Stone und Trey Parker, selbst an der Produktion mitgewirkt haben. Neben dem Schreiben des Drehbuchs, leihen sie auch den männlichen Figuren ihre Stimme – ganz so wie in der US-amerikanischen Serie. Um die Originalität der Stimmen und den Wortwitz zu erhalten, wird es keine deutsche Synchronisation des Spiels geben, dafür aber Untertitel, die das Verstehen erleichtern.

Durch die enge Zusammenarbeit zwischen Stone und Trey mit Obsidian Entertainment (Fallout: New Vegas, Alpha Protocol) ist die Unterscheidung zwischen Spiel und interaktiver, äußerst langer Episode kaum möglich. Inhalt und Grafik entsprechen der Serie. Auch die verschiedenen Charaktere müssen an nichts einbüßen. Sie sind exakt so, wie wir sie kennen.

Nun, nachdem der Umzugstransporter abgefahren ist und wir von unseren Eltern aus dem Haus geschmissen werden, damit wir endlich Freunde finden (und sie sich in Ruhe im Schlafzimmer umsehen können), beginnt das Abenteuer. Kaum aus der Tür getreten, treffen wir auch schon Butters, der uns kurzerhand zum Lager der Menschen bringen will – Cartmans Garten.

Eric scharrt die besten Krieger um sich, um den Stab der Wahrheit zu verteidigen; den Level-14 Schmied Clyde oder den Ranger Scott auf Stufe 9, der sich mit einer Schippe um Mr. Kitty im Sandkasten Stall kümmert – und der als spezielle Fähigkeit »Diabetes« vorweisen kann. Ein Zelt dient als Thronsaal für den Großmagus, von dem wir in die Welt des Rollenspiels eingeführt werden. Die Frage, wie wir heißen, beantwortet er sich selbst – Douchebag, auf Deutsch: Saftsack. Typisch Eric. Als das Lager von den Elfen angegriffen wird, müssen wir uns beweisen. Vier Standardfähigkeiten verleiht uns unsere zuvor festgelegte Charakterklasse, bei der wir zwischen Magier, Krieger, Dieb oder Jude auswählen können – ja, das ist South Park.

Kinderkeilerei

In klassischer RPG-Manier ist das Kampfsystem rundenbasiert, obwohl Cartman diesen Ablauf selbst als »voll schwul« kritisiert. Die Gefechte werden auf einem kleinen Schlachtfeld ausgetragen, auf denen sich die gegnerischen Parteien in zwei Ebenen gegenüberstehen. Vorne Nahkämpfer, hinten Bogenschützen. Jetzt ist Präzision gefragt. Kernelement der Kämpfe sind Reaktionstests, bei denen wir zum richtigen Zeitpunkt die Aktionstaste drücken müssen. Je exakter, desto wirkungsvoller. Das gilt sowohl beim Angriff als auch bei der Abwehr. Da wir im Kampf nie ganz alleine dastehen, ist auch das taktische Wechseln der Charaktere möglich, allerdings ist unsere Position noch nicht veränderbar, sodass wir Nahangriffen schonungslos ausgeliefert sind. Das Mana und unsere Macht können durch Snacks wieder aufgeladen werden.

Da die Kinder mit allem spielen, was sie finden, ist auch das Waffensortiment ein buntes Sammelsurium aus Fundstücken. Holzstecken, Hammer, Golfschläger oder eben der summende »Vibroblade« aus dem Nachtschränkchen von Cartmans Mutter.

Gonna catch them all

Mit den in Kämpfen erlangten Erfahrungspunkten schalten wir neue Attacken frei und verbessern bestehende. Besondere Fähigkeiten, wie etwa eine erhöhte Schadensresistenz schalten wir durch Gespräche mit den Bewohnern South Parks frei. Die werden nach bestandenen Aufgaben dem virtuellen Facebook-Profil hinzugefügt. Sobald eine gewisse Anzahl erreicht ist, können daraus gewonnene Punkte in die praktischen Fähigkeiten investiert werden. Doch nicht nur Freunde können gesammelt werden. Mit unserer Figur »Saftsack« können wir zahlreiche Räume, Schubladen und Kartons durchstöbern und finden dabei allerlei mehr oder weniger sinnvolle Sachen. Viele davon lassen sich im Inventar ausrüsten. Mit Perücken und Mützen ist auch das nachträgliche Verändern des Aussehens möglich. Alle Modifikationen sind im Spiel sichtbar – ein netter Nebeneffekt, den wir so noch nicht gesehen haben. Beim Wühlen finden sich zudem unzählige Anspielungen auf Episoden der Serie, beispielsweise die »Faith«-CD von Cartmans religiöser Rockband oder die DVD über ihn als »Fatty Doo-Doo«. Daneben gibt es auch Sidequests, wie das Finden aller Chinpokomon, die wohl als Langzeitmotivation dienen sollen, aber in der ersten Stunde keinen weiteren Nutzen haben.

Unter der Gürtellinie – Unter’m Strich

Mission folgt auf Mission – das ist das Grundprinzip des Spiels. Allerdings wird die eigentliche Geradlinigkeit durch die zahlreichen Interaktions- und Handlungsmöglichkeiten durchbrochen. Hier kommen auch die Adventure-Züge zum Vorschein. In der ersten Stunde ließen sich zwar noch nicht alle Wege begehen und nicht alle Personen redeten mit uns – aber das kann sich schließlich noch ändern.

South Park: Der Stab der Wahrheit überrascht – positiv. Wer den charmant-geschmacklosen Humor der Serie mag und keine Probleme mit flachen (aber lustigen!) Witzen unter der Gürtellinie hat, wird an Stab der Wahrheit seine große Freude haben. Die Umsetzung des Gameplays ist kreativ, das Kampfsystem allerdings nicht unbedingt neu; es erinnert ganz klar an klassische Rollenspiele. Ob sich die Quicktime-Events im Kampfschema auf Dauer abnutzen werden, bleibt abzuwarten.

Wir warten gerne. Immerhin gilt es noch herauszufinden, ob Saftsack die Mächte des Bösen bezwingen kann, den Stab der Wahrheit findet und sich einen Platz als neuer Freund der Seriencharaktere Stan, Kyle, Cartman und Kenny verdient.

| EVA HENTER-BESTING

Titelangaben
South Park: Der Stab der Wahrheit erscheint am 6. März 2014 für PC, Playstation 3 und Xbox 360. Die Konsolenversion kostet 60 Euro, die Desktop-Variante 40 Euro.

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