Filmemacher Peter Weiß

Film | Auf DVD: Peter Weiß – Filme

Auf der Hülle der DVD steht: »Peter Weiss: Filme«. Auf dem Rücken aber steht: »Peter Weiss: Die Filme«. Das ist irreführend. Von THOMAS ROTHSCHILD

Peter Weiss - FilmeVon den zwölf Kurzfilmen und zwei Spielfilmen, die Peter Weiss zwischen 1952 und 1960 vollendet hat, enthält die DVD fünf Kurzfilme: zwei Experimentalfilme in der surrealistischen Tradition, zwei Dokumentarfilme, die jedoch auch experimentelle Züge haben, und einen Kurzspielfilm mit dokumentarischem Charakter.

Die Dokumentarfilme sind unkommentierte Beobachtungen in einem Gefängnis und über vereinsamte Menschen in der Stadt, Obdachlose, Alkoholiker. Sie sind von zeitloser Wirkung und vergleichbar mit den besten Arbeiten der Filmgeschichte, die zu diesen nicht außergewöhnlichen Themen gemacht wurden. Der Kurzspielfilm ist ein schwedischer Diskussionsimpuls, wie sie in jenen Jahren auch anderswo von der Sozialdemokratie oder auch von den Kirchen eingesetzt wurden, um »die Jugendlichen von der Straße zu holen«. Kommerzielles Vorbild war »…denn sie wissen nicht, was sie tun« mit James Dean.

Die Filme werden von Harun Farocki, einem der intelligentesten unter den deutschen Filmemachern, knapp kommentiert. Zur Ergänzung gibt es ein Gespräch, das Farocki 1979 mit Peter Weiss geführt hat, in dem jedoch nicht von den Filmen die Rede ist, sondern von dessen Ästhetik des Widerstands. Man lernt einen außergewöhnlich sympathischen, uneitlen und klugen Künstler kennen. Aber das konnte man auch zuvor schon wissen. Dass er auch als Filmemacher bemerkenswert ist, kann man nun dank dieser DVD lernen. Übrigens: was sie enthält, wurde 1981 noch von der ARD und vom WDR ausgestrahlt. Heute fände man so etwas allenfalls noch in der Nische von ARTE.

| THOMAS ROTHSCHILD

Titelangaben
Peter Weiss: Filme.
Vorgestellt von Harun Farocki. filmedition suhrkamp – fes 30

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Villa Kunterbunt

Nächster Artikel

Banal mit Dunkelzonen

Weitere Artikel der Kategorie »Film«

Die Ausrichtung der Bretter vor unseren Köpfen

Film | Ab 10.Oktober im Kino: Aus dem Leben eines Schrottsammlers Dieser Film gibt uns Aufschluss über unsere eigenen Sehgewohnheiten. Oder, anders formuliert: Er hilft uns, die Ausrichtung der Bretter vor dem eigenen Kopf wahrzunehmen. All das strahlend neofeudale Auftreten, das sich die heimischen Hollywood-Blaupausen längst zueigen gemacht haben bzw. in europäisierter Version kredenzen, geht diesem Film ab. Wie angenehm. Von WOLF SENFF

Gegen die Obrigkeit!

Kulturbuch | Thomas Klein: Geschichte – Mythos – Identität. Zur globalen Zirkulation des Western-Genres Oh, gäbe es eine Verschnarchtlandrangliste, wir nähmen Pole Position ein. Genau, ich rede vom Wir-sind-Papst-Land, vom Wir-sind-Weltmeister-Land. Das sind unsere Erste-Sahne-Parolen, sehr hilfreich, auf dass die Ohren auf Durchzug gestellt bleiben. Denn nein, Edward-Snowden-Land, das sind wir lieber nicht. Worum geht’s? Von WOLF SENFF

Die Besessenen

Film | Im Kino: Der seidene Faden Der wohl beste Schauspieler unserer Zeit nimmt Abschied von der Schauspielerei. Jedem, der Filme liebt, oder sie auch nur mag, sollte das wehtun. Ohne Daniel Day-Lewis wird der Leinwand etwas fehlen. Als er seine Entscheidung über den Ausstieg aus der Branche im letzten Sommer verkündete, gab es zumindest ein Trostpflaster: ein letztes versprochenes Werk. FELIX TSCHON will wissen: »Hörst du auf, wenn es am schönsten ist, Daniel?«

Bis zur letzten Sekunde

Film | Tatort: Der sanfte Tod (NDR), 7. Dezember »Wir sind die Niedersachsen/ sturmfest und elbverwachsen« – genau. Es geht um einen Schweineschlachtbetrieb, der international prächtig aufgestellt ist, mit vierhundertfünfzig Angestellten zuzüglich zweitausend Arbeitern auf Werksvertragsbasis, also Hungerlohn, mit drei Betrieben in Holland, zweien in China, einem Joint Venture in Russland, so eine Firma, gewiss, muss straff organisiert sein. Von WOLF SENFF

»Berühmt werden – etwas anderes wollte ich nie«

Menschen | Zum 80. Geburtstag des Oscar-Preisträgers Anthony Hopkins am 31. Dezember »Eine 80 Jahre alte Maschine muss ständig gut geölt sein, sonst rostet sie ein.« Er öle seine Maschine »mit Musik, mit Malerei, mit meiner Arbeit«, hatte Chopin-Liebhaber Anthony Hopkins vor einigen Wochen in einem Interview mit der ›Bild am Sonntag‹ erklärt. Von PETER MOHR