Christoph Linher, Jahrgang 1984, wohnhaft in Feldkirch (Österreich), studierte Germanistik und Philosophie in Innsbruck. Wissenschaftliche Publikation: Das isolierte Individuum. Identität in der apokalyptischen Einsamkeit. Christoph Linher arbeitet als Korrektor, Musiker und Schriftsteller.
 
sterbende drohnen
 
 mitunter waren wir flug
 angstunfähige Wespen
 heilige wie matthäus oder maradonna
 oder unverstandene lust
molche fanden wir selten salamander
 an spiegellosen ufern von biotopen
 conquistadores drohneninduzierter
 psychotropen
verschmolzen mit dem asphalt so er
 hitzt unsere feingliedrigen gedanken
 extemporierten auf hohem niveau
 lose zungen am gaumen
im wendekreis des krebses lernten wir
 das fürchten ernteten wir die ersten früchte
 des bloßen spiels erinnerten schon früh
 unsere eigene endlichkeit
in der beklemmenden enge unserer brust
 taschen tasteten wir mit glasfaserfingern
 nach spektralfarbenen karten
 zogen uns selbst wie christröschen
in der kvarner bucht: salz|luft
 wasser leckte unsere vorkriegswunden
 trug sie aufs meer hinaus und
 in der krebsumkehrung stumm zurück.
| Christoph Linher
zur gewissheit geronnene ahnung tagmaltagelang
 betrachtetes motiv durch mein herzbinokular
 am halbmund gereift in form gegossen nach
 erdzeitloser belichtungsspanne eingerahmt und
 unverrückbar jeden rahmen unseres denkens sprengend.
von bestechender schärfe wie der erste blick auf einen
 tag in kältestarrem | winterglast | schleift konturen
 schleift den stein | mauerrisse | atemwolken | und
 die vögel ziehen in den süden einige von ihnen
 kehren nie zurück.
die ungewissheit eines wanns des einzig heiligen
 moments das mäandernd vorgreifende ersinnen
 der nahen ewigferne ist der letzte kognitive winkel
 zug gegen eine unversöhnliche welt
 auch und immer schon
 ohne mich.
| Christoph Linher
getaktete herzen
du vermisst den zynismus des winters
 einfach weil er da ist sogar schon vor der zeit
 ich ganz er hörte die unaufdringliche
 stille so eindrücklich wie sonst nie
du sagst es sei schwer sich anzubieten
 ohne sich anzubiedern ich trat gerne
 in spuren von denen wir nicht wussten
 wem sie gehörten und wohin sie führten
der schnee sagst du sei eine kühle
 metapher für den menschen auf dem
 weg von der naturgewillten not zur
 kruden tugend ich fiel in der schleife
 mir zu meinen eignen füßen
am waldrand blickten wir uns an
 nahmen reißaus diretissima! durch
 querten die schneeuntiefen ohne maß
 nur mit dem echolot unserer getakteten herzen.
| Christoph Linher

 
  
  
  
  
 
 
 