Musik | Festival: »Katarakt« – Kampnagel Hamburg
Was soll man lange herumreden: In jedem Fall ist es außerordentlich schwierig, experimentelle Musik zu beschreiben. Das liegt in der Natur der Sache. Theoretische Ansätze fruchten da wenig. Es gibt allerdings Leute, die darin einen Vorzug sehen. Doch. Von WOLF SENFF
(Foto: Mark Bond)
Jedoch darf das Festival Katarakt sich mit guten Gründen als eine Ausnahme betrachten. Und Katarakt ist zweifellos ein mutiger Name; denn der Katarakt ist jener Abschnitt, an dem der mächtige Strom zum Wasserfall wird, an dem er seine donnernde Kraft, seine Muskeln spielen läßt, die ansonsten im gemächlichen Fließen gezügelt sind und geborgen. Welch schönes Bild.
Drei äußerst kontrastreiche Tage
Das Festival eröffnet mit einem Auftragswerk von Phill Niblock, der im Jahr 2006 composer in residence dieses Festivals war. In den achtziger Jahren spielte Niblock mit Joseph Celli Aufnahmen für das unabhängige Avantgarde-Jazz-Label India Navigation ein, er ist seit Jahrzehnten eine prägende Figur der New Yorker und internationalen Szene experimenteller Musik, das Festival balanciert auf anspruchsvollem Niveau.
Den zweiten Tag wird La Monte Young dominieren; mit Philip Glass, Steve Reich und Terry Riley wird er zu den bedeutendsten Vertretern der Minimal Music in den USA gezählt. Seit Ende der fünfziger Jahre charakterisieren sein Werk lange gehaltene Töne und reine Stimmung. Für die Dokumenta 5 inszenierte er 1972 gemeinsam mit Marian Zazeela ein Sound/Light-Environment. In Hamburg wird sein abendfüllendes (!) Werk für Cello und Elektronik Just Charles & Cello in The Romantic Chord in der Lichtinstallation Abstract #1 with Dream Light von Marian Zazeela aufgeführt.
Den dritten Tag prägt der composer in residence des diesjährigen Festivals. Matthias Kaul, Mitbegründer des Ensemble L’art pour L’art, ist ein international renommierter Komponist, Schlagzeuger und Performer. Das Ensemble führt ein Auftragswerk der Bayerischen Staatsoper auf, Relax (2006), ein ins Absurde treibendes Musiktheater, in dem neben den fünf Instrumentalisten eine Tontopfpresse, Eisschränke, Aquarien sowie hundert Mausefallen klangerzeugend wirksam werden – die Neue Musik, wie schön, dass es das gibt, zeigt sich entspannt und von ihrer humorvollen Seite.
Lange Nächte
Nach drei intensiven, kontrastreichen Tagen zieht der vierte, als Lange Nacht angekündigt, in diversen Aufführungen einen weit gefächerten Bogen von Neuer Musik bis hin zu elektronischer Tanzmusik und bietet – gewissermaßen grenzüberschreitend – auch ein Programm experimenteller Kurzfilme an.
Er schließt ab 1:00 Uhr open end mit dem Sutsche DJ-Kollektiv, wie übrigens der erste Abend ab 22:30 Uhr mit einer Eröffnungsparty schloß unter der Ägide von DJ Alexa D!Saster, Berlin. Man darf das keineswegs missverstehen. Es geht nicht eher nicht um lockere Party-Atmosphäre, sondern das Auftreten dieser zwei ambitionierten DJs gehört unter das Leitmotiv des Antipoden-Themas. Die Vielfalt und die Qualität dieses Katarakt Festivals werden mit Sicherheit auch in diesem Jahr die Neugierde eines an den neuen Strömungen der Musik interessierten Publikums zufriedenstellen.
| WOLF SENFF
klub katarakt 2014
Festival für experimentelle Musik, Hamburg
Metathema: Antipoden
15. bis 18. Januar 2014, Kampnagel (kmh, P1, K4)
www.klubkatarakt.net
WEST
Mi, 15. Januar
19:30 Hommage à Phill Niblock
22:30 DJ Alexa D!Saster
Der erste Tag – im TITEL kulturmagazin Rückblick
OST
Do, 16. Januar
19:30 La Monte Young: Just Charles & Cello in The Romantic Chord (2003)
NORD
Fr, 17. Januar
18:00 Podiumsgespräch mit Matthias Kaul
19:30 Matthias Kaul, Relax (2006)
21:30 Nachtkonzert Ensemble neoN (Oslo)
LANGE NACHT
Sa, 18. Januar
20:00 Neue Kompositionen des katarakt-Netzwerks
00:00 Makino Takashi
01:00 Sutsche DJ-Kollektiv