Digitale Spiele | Mario Kart 8
Vorsicht, Schildkrötenpanzer kreuzen. Am 30. Mai war es so weit. Zusammen mit Mario und seinen Freunden werden die Straßen im Nintendo-Universum wieder unsicher gemacht. Geheizt wird auf kunterbunten Regenbögen und in trockenen Wüstenregionen, geschossen mit Bananen, Bomben und Tintenfischen. Zugegeben, neu klingt das nicht. Warum Mario Kart 8 seinen Vorgängern in nichts nach steht und wie es der sympathische Italiener trotz Oldies auf die Überholspur schafft, erklärt unser Review.
Eine Testfahrt von PHILIPP LINKE und EVA HENTER-BESTING.
Seit dem ersten Mario Kart auf dem Super Nintendo hat sich einiges getan. Mit neuen Fahrern, Items und Strecken erweiterte sich das Repertoire des Spieleklassikers stetig und gaben ihm Mal zu Mal eine eigene Note. Auch Teil 8 der Hauptserie trumpft mit noch nie da gewesenen Charakteren und Eigenschaften, involviert aber gleichzeitig die spaßigsten Elemente vergangener Serienteile. Mit der Einführung von Baby-Rosaline, Rosagold-Peach – das weibliche Pendant zu Metall-Mario – oder den sieben Koopalingen ist zwar sicherlich kein Glanzstück an Diversität gelungen, doch zeugt die neuste Version des Spieleklassikers von anderen Qualitäten.
Durchgedreht
Motorräder, Gleitschirme, Unterwasserfahrten – das scheint bekannt. Ist es auch. In Mario Kart 8 treffen wir auf einige altbewährte Komponenten, die unverändert aus dem Vorgänger und der Wii-Version des Fun-Racers übernommen wurden. Klar, allzu große Innovationen dürfen wir nicht erwarten, ein Rennspiel bleibt schließlich ein Rennspiel. Dennoch ist die achte Auflage keineswegs eine bloße Kopie seiner Vorläufer. Mit dem Anti-Schwerkraft-Modus sorgt Nintendo für einen schwerelos-unbeschwerten Spielspaß – und somit für die wohl größte Neuerung im Gameplay. Ist die Funktion aktiviert, ist alles möglich: senkrecht die Wand hoch? Kein Problem! Kopfüber an der Decke entlang? Jup, auch das. Möglich ist das Wegklappen der Räder zwar nur an vorgegebenen Stellen, doch die ausgewählten Abschnitte reichen meist schon für taktische Fahrmanöver. Während wir uns in der Schwebe befinden, können wir uns Turbo-Boosts durch das Rammen von Mitspielern beschaffen. Das sorgt nicht nur für Auffahrunfälle, sondern auch für Abwechslung, da wir unser Fahrverhalten ständig anpassen müssen. Wer hierbei mit einer wilden Kameraführung rechnet, wird enttäuscht. Die Perspektive richtet sich immerzu am Fahrzeug aus, sodass nie das Gefühl einer Kopfüberfahrt entsteht. Schade, dafür wird uns aber nicht schlecht.
Pimp my Kart
Nicht schlecht sind auch die aktuellen Items. Die aus Mario Kart 7 bekannte »Wunderacht« gibt uns abermals jeden Grund zur Schadenfreude. Nacheinander können wir die acht verschiedenen Objekte (Tintenfisch, Münze, Banane, Pilz, Stern, Bombe sowie roten und grünen Schildkrötenpanzer) an unsere unliebsamen Mitfahrer verteilen. Austeilen kann die »Bumerang-Blume«, die wir dreimalig durch die Gegend pfeffern und die mindestens zwei Mal pro Wurf – auf Hin- und Rückflug – Schaden anrichtet. Ein ebenso pfiffiges Pflänzlein ist das »Piranha«-Gewächs, das wir an die Front unseres Karts kleben. Mit ein paar großen Happen befreit uns der fleischfressende Freund von unvorsichtigen Gegnern, glitschigen Bananenschalen und sammelt herum liegende Münzen ein. Da sag‘ noch mal einer, Blumen seien nutzlos.
Das von der Straße gekratzte Geld können wir direkt in unser Gefährt investieren. Wieder stehen Dutzende Karosserien zur Verfügung, verschiedene Fahrwerke und fetzige Gleiter, die, neben den Eigenschaften der Fahrer, einen massiven Einfluss auf Beschleunigung, Geschwindigkeit, Flugverhalten oder Bodenhaftung der Fahrzeuge ausüben. Neu im Sortiment ist der Quad. Wer keinen Wert auf die Optimierung der Statuswerte legt, kann sich einfach an der lustigsten Kombination versuchen. Wie wäre ein schnittiges Motorrad mit rustikalen Holzreifen und einem farbenfrohen Regenschirm-Gleiter?
Nicht zuletzt kommt es aber auf die Strecken selbst an. Ein Motorrad mit guter Kurvenlage wird auf einer geraden, langen Strecke nicht mit einem Sportwagen mithalten können. Wählt also weise.
32 Strecken gibt es in Mario Kart 8, die Hälfte davon sind Neuauflagen von Retro-Pisten. Die sind jedoch nicht einfach lieblos kopiert, sondern optisch und spielerisch aufgewertet. Mit neuen Abkürzungen, Sprungschanzen und Steilwänden handelt es sich vielmehr um eine Neuinterpretation der alten Routen, die sich dadurch lebendig und unverbraucht spielen. Auf den aktuellen Straßen ist alles zu erwarten – ob Wasser, Luft oder kopfüber. Die Schauplätze sind so unterschiedlich, wie sie nur sein können. In klebrigen Schlaraffenländern und gefährlichen Ruinen bis hin zu gruseligen Geistervillen und Strecken, die mit Klaviertasten gepflastert sind, gibt es viel zu entdecken. Selbstverständlich wirken sich die unterschiedlichen Bodenbeläge auf das Fahrverhalten der Karts aus. Besonders eindrücklich wird hier der Anspruch an die Technik. In HD-Qualität präsentieren sich umfangreiche Details, wie ein schimmernd glänzender Asphalt oder Kleinigkeiten an den Fahrzeugen. In flüssigen 60 Bildern pro Sekunde überzeugen zudem die liebevoll gestalteten Animationen – beispielsweise Peachs wippender Haarschopf. Das ist schön.
Technische Pannen
Neben den Strecken wurden außerdem die KIs generalüberholt: Unsere Kontrahenten verhalten sich schlauer denn je, nehmen Abkürzungen und jagen uns kurz vor dem Ziel noch ein paar Items um die Ohren. Nichts für Sonntagsfahrer. Gut, dass wir bei Mario Kart 8 wieder zwischen drei verschiedenen Schwierigkeitsklassen wählen können: 50, 100, 150 ccm. Wem die eigenen Freunde schnell zu langweilig werden, findet im Online-Multiplayer zahlreiche Herausforderer. Anstatt acht begeben sich nun zwölf Fahrer auf die Piste. Natürlich wurde auf den Multiplayer-Modus das Hauptaugenmerk gesetzt – logisch, ist ja auch ein Arcade-Racer. Allerdings kommt der Einzelspieler-Part dadurch deutlich zu kurz, ein paar launige Missionen wie in Mario Kart DS wären nett gewesen.
Verbesserungswürdig sind weiterhin die Gamepadfeatures – diese werden nämlich kaum genutzt. Während der Fahrt können wir zwar per Berührung die Superhupe auslösen, aber das war’s dann auch schon. Wünschenswert wäre beispielsweise die visuelle Belegung des Gamepads, um bis zu vier weitere Spieler-Screens auf dem Fernseher zu ermöglichen. Das wird von Spielen wie Nintendo Land besser gelöst, tut dem Ganzen aber keinen Abbruch.
Gib Gas, ich will Spaß
Insgesamt steht uns mit Teil 8 das wohl abwechslungsreichste und schönste Mario Kart aller Zeiten bevor. Über die Mängel ist schnell hinwegzusehen. Das Spiel überzeugt. Die Rennfahrten machen mehr Freude als je zuvor, die Items sind ausgewogen ausgewählt, die Strecken fantastisch (auf-)gearbeitet. Eine große Überraschung ist das nicht, denn im Grunde haben wir das altbewährte, viel gespielte Mario Kart vor uns. Mit der achten Auflage des Spieleklassikers wurde das Rad zwar sicherlich nicht neu erfunden – aber runder gemacht. Ein guter Grund für den Besitz einer WiiU.
| PHILIPP LINKE, EVA HENTER-BESTING
Titelangaben
Mario Kart 8
Nintendo
seit dem 30. Mai 2014 erhältlich für WiiU
54,99€