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Oktoberzeit war Leidenszeit

Film | Im TV: Polizeiruf 110 – Eine mörderische Idee

Wir werden das Rad neu erfinden! Vorbei. Nach den experimentellen Probebohrungen der ersten Oktoberhälfte nun wieder Sonntagabendkrimi der feineren Art. Konservativ gefilmt, zügige Wechsel, weder Rückblenden noch überlappende Dialoge, paar ineinander verschachtelte Szenen fallen kaum auf, das Geschehen läuft eins nach dem anderen, irrlichternde Ermittler sind nicht vorgesehen. Ein Film, der statt von dramaturgischem Dekor und ausufernder Originalität von nüchterner Handlung lebt. Geht also noch. Von WOLF SENFF

Foto: MDR/Claudia Michelsen
Foto: MDR/Claudia Michelsen
»Wieso hat die Frau einen nassen Regenschirm in der Hand, wenn es gestern gar nicht geregnet hat?« Dieser Art Frage muss man sich stellen in diesem Krimi. Ein Mord schien gar nicht vorgesehen, doch unverhofft kommt oft und außerdem ermittelt sowieso schon die Mordkommission. Wir sehen akribische Ermittlung, in deren Verlauf ein kompliziertes Puzzle zusammengesetzt wird, der Film ist in den Tiefen der Internetkriminalität angesiedelt, reichlich Information steckt im Stick, diverse Computer werden beschlagnahmt.

Profis am Werk?

Eine Containerladung wertvoller Smartphones kommt abhanden, auf die hatten es die Hacker abgesehen. Sie initiierten eine groß angelegte Aktion, durch Bombendrohung wurden die Polizeikräfte in entlegene Magdeburger Regionen gelockt, welch intelligente Ganoven, während sie im Hafen die Überwachung lahmlegen und die Ware im Wert von 3 Mio Euro aus einem Container entwenden.

Das will gut organisiert sein, es erfordert komplizierte Logistik, dass man meinen möchte, es seien Profis am Werk. Dass es letztlich doch eher eine Aktion Einzelner ist, die einander durch Liebesaffairen zugetan sind, überrascht.

Offene Fragen in hohen Dosen

Liebesaffairen erleben wir zurzeit in den Sonntagabendkrimis sowieso zahlreich und in diversen Variationen, die Drehbuchautoren haben wohl im Frühjahr Flirtworkshops absolviert. Diesmal wird ein alternder Professor bezirzt zwecks Zugangs zum Rechenzentrum, ein Lieferant, verheiratet, ist zärtlich mit der Hafenbehörde verbandelt.

Das Drehbuch hat sehr spannende Momente. In der Hektik des Geschehens bleiben jedoch diverse Zusammenhänge ungeklärt. Wer partizipiert real am Verbrechen? Wie kommt die Versicherung ins Spiel? Welche Rolle spielt die Chefin des Vertriebs? Wird der Mord endgültig aufgeklärt? Handelt es sich beim Sturz vom Dach um Suizid, und wenn nicht, wer ist der Täter? Was ist denn nun mit Vanessas Abschiedsbrief? Wurde er nachträglich fingiert? Die Geiselnahme ist stümperhaft in Anlage und Ausführung. Manches davon kann man gut und gern akzeptieren, wer will schon Erbsen zählen, doch in dieser Dosierung fallen Nachlässigkeiten ins Gewicht. Beim Stricken der Handlung, so der Eindruck, war manch heiße Nadel am Werk.

Auf mittlerem Sonntagabendniveau

Den Figuren fehlt es an Intensität, da wären weniger mehr gewesen. Die Motive für Vanessas Suizid dringen nicht durch, sie sind zu flach. Man hätte aber gern die Frau des Lieferanten kennengelernt, zumal um sie ein solches Bohei gemacht wird, sie ist ja eh die Eigentümerin und Chefin der Firma, weshalb wird sie nicht verhört.

Ach, und hochnotpeinliche Details wie Drexlers anzüglicher Flirt mit dem Bibliothekar oder die wiederholte Erinnerung daran, dass Vorbestrafte doch auch Menschen seien – nein, stellt dem Film atmosphärisch kein zufriedenstellendes Zeugnis aus.

Zweite Etappe im ZDF ist möglich

Letztlich wirkt ›Eine mörderische Idee‹ trotz seiner überzeugenden Ermittler nicht wirklich abgehangen. Positiv daran ist jedoch allemal, dass wir uns nach den Bruchlandungen Murots und Hanns von Meuffels‘ – Oktoberzeit war Leidenszeit – wieder auf verlässlichem Sonntagabend-Niveau befinden.

Akzeptables Sonntagabend-Niveau hat im ZDF der am vergangenen Sonntag angelaufene Inspektor Banks, er wird am 16. November fortgesetzt. Die Briten inszenieren wie selbstverständlich Klassengesellschaft, sie denken sich nix dabei und haben womöglich mehr recht, als uns unsere Lokführer glauben machen, sie können im Schluss eine aufgeregte Stimmung beneidenswert geschmeidig ausklingen lassen, und Stephen Tompkinson als Banks ist einfach eine wunderbar sperrige Figur ohne jeglichen Schnickschnack. Außer vielleicht, dass er auf Porsche umsteigt, doch seine Beweggründe sind unanfechtbar, zweite Folge läuft am 16. November.

| WOLF SENFF

Titelangaben
Polizeiruf 110 ›Eine mörderische Idee‹ (MDR)
Regie: Stephan Rick
Ermittler: Sylvester Groth, Claudia Michelsen
So., 9. November, 20.15 Uhr

Inspektor Banks: Eine seltsame Affäre (neue Folgen, BBC)
So, 2. November, 22.00 Uhr (ZDF)

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