›TATORT‹ Roomservice (SWR), Pfingstmontag, 25. Mai
Wäre es nicht schön, ein ›TATORT‹-Genre zu haben, das – so wie Münster die Spaßgemeinde bedient – gewissermaßen in shakespearehafter Manier die Großen dieser Welt ins Bild setzt. Wir kennen die Experimente mit Shakespeare, der Hessische Rundfunk hatte seinen ›TATORT‹ mit Ulrich Tukur besetzt und mit ›C’era una volta il West‹ eingeleitet – ein Schlag ins Wasser, Fehlanzeige. Von WOLF SENFF
Nun also der Versuch des Südwestrundfunks mit Odenthal und Kopper. Dominique Strauss-Kahn als Präsident des Internationalen Währungsfonds IWF war lange Zeit einer dieser großen Mächtigen, bevor er von seinen überbordenden Leidenschaften eingeholt wurde, tief, so tief abstürzte und nun für den Pfingstmontag Stoff wurde für einen weiteren Versuch in der Methode William Shakespeare.Was geschah in Suite 426?
Die Umstände waren diffizil seinerzeit, wir erinnern uns an das Zimmermädchen, das sich als eine zwielichtige Figur herausstellte. Da hatten die eifernden Medien Strauss-Kahn schon längst demontiert, und die Vermutungen verstummten nicht, dass diese hochnotpeinliche Affaire CIA-gesteuert gewesen sei mit dem Ziel, einen missliebigen Politiker abzuservieren, sie konnten aber auch nicht belegt werden, war halt geschickt eingefädelt.
Nun denn, es tut gut, dass ein ›TATORT‹ sich auf das geschliffene Parkett der Politik traut, wir dürfen neugierig sein. Das Zimmermädchen Yasmin Aktar, weil’s ja ein Krimi sein wird, kommt im Treppenhaus eines Luxushotels zu Tode. Weshalb? Ach sie hatte kurz zuvor ein gediegenes Techtelmechtel mit dem Ex-Ministerpräsidenten und derzeitigem EU-Kommissar Joseph Sattler in Suite 426? Hm.
In eine Honigfalle
»Unsere Familie hat alles gegeben, damit wir hier herkommen konnten. Sie denken, wir werden hier reich«, sagt die Schwester der tödlich Gestürzten, sie ist Zimmermädchen wie Yasmin. So weit zu den Segnungen der Globalisierung, und wir wissen ja längst, dass etwas faul ist im Staate Dänemark. Womit wir erneut bei William Shakespeare wären.Während die Medien und auch Johanna Stern als Vertreterin des LKA sich auf Sattler als sexuellen Aggressor und potentiellen Mörder eingeschossen haben, hält Lena Odenthal eine politisch inszenierte Intrige gegen Sattler für möglich. »Du bist in eine Honigfalle getappt«, sagt dessen Frau und Anwältin: »Ich stehe zu dir«, bekennt sie wie einst Tammy Wynette, die übrigens fünfmal verheiratet war, so geht’s.
Die Minuten der Erbsenzähler
Ach, es wird alles auf dem Tisch ausgebreitet, hübsch unsortiert, aber ordentlich vollständig: Machogehabe, Frauenquote, Verschwörungstheorie, ein cooler Aufsichtsratsvorsitzender, ein Paris-Hilton-Remake als LKA-Frau im Mini-Cooper, ist es nicht schön, ein aalglatter Hotelier … und nein, es ist keineswegs so, dass es uns in diesem Fall bis Oberkante Unterlippe stünde, die Handlung ist spannend und schleimfrei verpackt, sie überzeugt wie auch das Personal. Lena Odenthal kommt bärenstark als Überzeugungstäterin, nie war sie so jugendlich, und Kopper, das nachzutragen, fährt wieder seinen Fiat, wir haben lange drauf warten müssen.
Es ist nicht nur nebenbei auch ein Film über Frauen und Männer. »Kannst du nicht einmal versuchen, deinen Schwanz im Zaum zu halten?« Über starke Frauen, schwache Männer, starke Männer, schwache Frauen. Ach und die Überführung des Täters nachher, all die Rückblenden, die erbsenzählenden Minuten, nein, ist nicht meins. Aber es strafft die Handlung und sind ja nur paar Minuten, und davon einmal abgesehen, ist dieser ›TATORT‹ Extraklasse. Wir bitten um weitere Produktionen nach der Methode William Shakespeare. Geht doch.
Titelangaben
›TATORT‹ Roomservice (Südwestrundfunk)
Ermittler: Ulrike Folkerts, Andreas Hoppe
Reige: Tim Trageser
Pfingstmontag, 25. Mai, 20:15, ARD