Digitales | Games: Anno 2205
Wir schreiben das Jahr 2205. Durch das Schmelzen der Polkappen wurden bereits große Landmassen von Wasser überschwemmt. Übrig geblieben ist eine gespaltene Gesellschaft, die auf den letzten Inseln verzweifelt versucht, die alten, guten Zeiten der Menschheit wieder aufleben zu lassen. Dieses Szenario macht sich Blue Bytes neueste Version der ›Anno‹-Reihe zu eigen, um uns erneut als Boss eines aufsteigenden Globalkonzerns zu testen. In der Chefposition: DANIEL MEYER.
Verglichen zu früheren Teilen beginnt ›Anno 2205‹ mit einer recht innovativen Idee: Aufgrund der bereits fortgeschrittenen globalen Erwärmung werden die Rohstoffe auf der Erde langsam knapp – eine neue Energiequelle muss gefunden werden. Der Bau eines Fusionsreaktors verspricht die vermeintliche Rettung, zwingt die Menschheit jedoch dazu den Mond zu kolonisieren, um das (dafür) benötigte Mond-Erz abzubauen. Als letzte Konsequenz wird eine Firma beauftragt, ein entsprechendes Mondprogramm in die Tat umzusetzen – unsere Firma.
Ganz nach der althergebrachten ›Anno‹-Art wird dem Spieler hierfür eine kleine Inselgruppe zur Verfügung gestellt, auf der er seine Firma gründen und für das Mondprojekt vorbereiten darf. Siedlungen müssen hierzu erneut gebaut und mit verschiedenen Rohstoffen versorgt werden, um den Zugang zu neuen Technologien und Gebäuden zu erhalten und somit dem Traum einer eigenen Raumstation Schritt für Schritt näher zu kommen. Wie in seinen Vorgängern bedient sich dabei auch ›Anno 2205‹ einem simplen Drag-and-Drop-System: Jedes Gebäude kann durch einfaches Anklicken auf der Karte platziert und mit Hilfe anliegender Straße an das Stadtnetzwerk angeschlossen werden. Erstmals lassen sich nun zudem Erweiterungen an verschiedenen Bauwerken anbringen und später repositionieren, sodass frühere Fehlkalkulationen schnell behoben werden können.
Kälte, Kometen und Korsaren: Die typischen Probleme einer Firma
Den neuesten Aspekt des Spiels stellen aber sicherlich die sogenannten Sektoren dar. Anders als in den vorherigen Teilen darf sich in ›Anno 2205‹ gleich in drei verschiedenen Gebieten (gemäßigte Zone, Arktis, Mond) niedergelassen werden, auf denen jedes seine eigene Problematik sowie seinen ganz eigenen Ertrag mit sich bringt. Angestellte in der Arktis müssen zum Beispiel durch wärmende Fabriken vor dem Erfrieren bewahrt werden, wohingegen umliegende Mondbewohner durch Schildgeneratoren geschützt werden dürfen. Außerdem müssen Handelsrouten zwischen den Sektoren erstellt und vor Piraten verteidigt werden. Gerade diese Umstände geben dem Aufbauspiel zu Beginn etwas Innovatives, Neues – man realisiert, dass das Mondprojekt nur durch die Förderung und den Erhalt aller drei Sektoren möglich wird.
Leider bemerkt man jedoch ebenso schnell, dass für diese Aufgabe nicht sonderlich viel getan werden muss. Wider dem Szenario scheint jede Ressource nahezu unerschöpflich, Produktions- und Städtewachstum kann meist in einem simplen Kreislauf vollzogen werden: Siedlungen werden gebaut, entsprechende Fabriken aufgewertet, Arbeiter verbessert und wieder von vorne. Hat man einmal seinen Rhythmus gefunden, scheint die Mission nicht mehr nur einfach, sondern irgendwann auch sehr eintönig zu werden. Hinzu kommt der Umstand, dass Handelsrouten und Konkurrenzkämpfe sehr simplifiziert wurden. Anstatt komplexer Diplomatie und Handelspläne der letzten Teile, reicht ein einzelner Klick auf der Sektorenkarte aus, um die gewünschten Waren zu transferieren. Auch konkurrierende Firmen können nicht mehr aktiv in das Geschehen eingreifen, sondern tauchen lediglich auf einer Vergleichstafel auf. In vielen Fällen hat es somit den Anschein, als ob ›Anno 2205‹ den Spieler nicht unnötig überfordern und lieber dem Programm die komplexen Aufgaben überlassen möchte.
Wartezeiten und unnötige Seeschlachten
Infolge der vereinfachten Handelsstruktur entsteht ferner ein weiteres Problem – lange Leerlaufzeiten, in denen darauf gewartet werden darf, dass sich das gerade investierte Geld wieder anreichert. Als Zeitfüller wurden verschiedene Nebenmissionen in das Spiel implementiert, die sich jedes Mal auf einfache Klick-and-Point Adventure beschränken und ebenso schnell ermüden. Die eingebauten Militärkampagnen geben hierbei leider kein besseres Bild ab. Während der Spieler mit einer Flotte von maximal neun ausgerüsteten Schiffen zwischen befestigten Inseln umhersegelt und ein weiteres Mal die bösen Machenschaften einer terroristischen Organisation vereitelt, entstehen selbst auf den höchsten Schwierigkeitsstufen kaum Herausforderungen. Vielmehr zwingt man sich durch einzelne Missionen, um lediglich (entweder) Zeit tot zu schlagen oder aber neue Ressourcen zur Verbesserungen seiner eigenen Fabriken zu erhalten.
Das Fazit
Viele Ansätze in ›Anno 2205‹ versprechen ein anfangs spannendes und innovatives Aufbauspiel. Blue Byte scheint allerdings Angst zu haben potenzielle Käufer mit komplexeren Inhalten abzuschrecken und bietet dadurch mit diesem Spiel das wohl unscheinbarste ›Anno‹ der letzten Jahre an. Die grafischen Umsetzungen der Städte beeindrucken zwar, trösten dennoch nicht über die einseitigen und wenig fordernden Längen hinweg. Lediglich Freunden der Städteplanung und -konstruktion sei dieses Spiel ans Herz gelegt, langjährigen ›Anno‹-Fans sollten hingegen auf die nächste Version hoffen.
| DANIEL MEYER
Titelangaben
Anno 2205
Ubisoft / Blue Byte
seit dem 3. November 2015 erhältlich für PC.
59,99€ UVP