Folkdays aren’t over… »Schwarzes Gold« und das Plattenlabel ›Folkways‹

Musik | Folkdays aren’t over… »Schwarzes Gold« und das Plattenlabel Folkways

Als Schallplatten und Folkways auf den Markt gebracht wurden und wie dieser Part der Kulturgeschichte in mein Leben kam
Schallplattenlabels mit Spezialisierung auf bestimmte Genres gibt es von Anfang an. Im Folkbereich wurde 1948 als unabhängiges US-amerikanisches Plattenlabel Folkways Records & Service Corporation, kurz Folkways, von Moses Asch und Marian Distler gegründet. Moses Asch hatte bereits 1939 Asch Records, das 1941 mit Stinson Records zu Asch-Stinson wurde und bis 1945 existierte. Von TINA KAROLINA STAUNER

Vorübergehend besaß Asch ab 1946 das Disc Label. Zum Sortiment gehörte von Anfang an Jazz, Folk, Ethno und Weltmusik, Squaredance, Serien über Musikinstrumente, Klänge der Natur, Lieder der Frauenbewegung, Musik der klassischen Avantgarde, Mitschnitte von politischen und gesellschaftlichen Ereignissen wie etwa die Anhörung Bertolt Brechts, der ab 1949 mit Helene Weigel das Theater Berliner Ensemble managte und bespielte, vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe 1947.

this land isyour land the asch recordings vol1Zum Spektrum zählen auch Reissue, Songbooks, Videos und Lehrmaterial. Am 28. Februar 1987 übernahm die Smithsonian Institution nach Asches Tod das Plattenlabel mit einem Katalog von 2.168 LPs als Kulturgut.

Eine der ersten Aufnahmen von Folkways war am 25. April 1944 der Song ›This Land Is Your Land‹ von Woody Guthrie, der mit Pete Seeger einer der bedeutendsten gesellschaftskritischen Protestsänger der Folkszene Amerikas war. Eine aktuelle Veröffentlichung des Labels ist ›Classic American Ballads‹ aus dem Jahr 2015 mit 25 Tracks, die das Spektrum des Labels mit namhaften Musikern repräsentieren.

Folkways featuring women

Um Entdeckenswertes von Musikerinnen bei Folkways zu nennen: Ein Tipp ist ein Sampler, der 1995 veröffentlicht wurde, und betitelt ist mit ›Heartbeat: Voices of First Nations Women‹. Performer waren Native Women der United States und Canada mit traditioneller, zeremonieller und sozialer Musik mit Schlaginstrumenten, Gitarre und Flöte und Storytelling der American Indian, Aztecs, Iroquoian Indians, Maya und genannt werden weiter kulturelle Regionen und Gruppen wie Apache, Assiniboine, Athapascan, Cherokee, Cree, Dakota, Iroquois, Karuk, Navajo, Oneida, Seminole, Tuscarora, Warm Springs, Wasco etc.

Zwei sehr nennenswerte Alben sind zum einen ›Happy Woman Blues‹ von Lucinda Williams aus dem Jahr 1980. Ein wunderschönes frühes Album der aus Lake Charles, Louisiana stammenden Williams mit acoustic Blues, Folk und Country. Aufgenommen wurde es in den Sugar Hill Studios mit den Musikern Mickey White, Rex Bell, Andre Matthews, Ira Wilkes, Mickey Moody und Malcolm Smith. Zum andern bietet ›Irish Folk Songs for Women, Vol. 2‹ von Lori Holland aus dem Jahr 1960. mit irischen oder keltischen Folkballaden zur Gitarre traditionelles Liedgut.

Folkway geht es darum »to document and celebrate the sounds of the world around us«.

»We believe that musical and cultural diversity contributes to the vitality and quality of life throughout the world.«, konstatiert Folkways. Im Katalog hat das amerikanische Label auch Musik aus unseren Breitengraden mit Musikern und Musikerinnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wie Ruth Welcome, Dick Marta und Wiener Konzertschrammeln unter dem Albumtitel ›Café Continental‹.

Schallplatten im Alltagsleben

Schallplatten hatte ich schon als Kind. Sie wurden mir mit Märchenerzählungen und Hörspielen ins Leben gebracht. Abgespielt wurden sie anfangs auf einem Monoplattenspieler in einem kleinen Musikschränkchen, das in den 1960er-Jahren in Wohnzimmern in war. Das war damals in der Provinz. Es waren dort auch Operetten, Musicals, Messen und Volksmusik im Schrank. Als ich begann nicht mehr auf dem Land, sondern in einer Kleinstadt zur Schule zu gehen kaufte ich mir die ersten Schallplatten, die in meinem eigenen Zimmer mit Einzug hielten. Es waren einige deutsche Schlager.

folkways logoDoch es dauerte kein Jahr, bis ich die internationale Musikszene entdeckte und Scheiben der amerikanischen, englischen und französischen Pop-und Rockmusik mit nach Hause trug zusammen mit Englisch- und Französischbüchern. Auch die erste Jazz- und Folkplatte kaufte ich schon in dieser Zeit zusammen mit einer Stereoanlage. Und natürlich kam ich an keiner Jukebox vorbei, ohne Platten zum Hören auszuwählen. Schallplatten gehörten bei mir praktisch schon immer mit zum Alltagsleben und sie teilten mir bald weltweite Musik mit. Noch bevor ich begann in der Großstadt zu wohnen und bevor ich Musikjournalistin wurde.

Platten und Fakten

Als analoger Tonträger für Musik sind Schallplatten aus Vinyl. Vinyl ist normalerweise 180g schwer und schwarz. Eine Langspielplatte wird mit 33 1/3 Umdrehungen abgespielt und hat 30 cm Durchmesser. Die hineingepresste Rille für die Nadel eines Tonabnehmers eines Plattenspielerarms enthält die Schallsignale. Jeder Plattensammler zelebriert natürlich, dass es auch um das Cover geht. Artwork und Design von Cover und Booklet sind wichtiger künstlerischer Teil der Veröffentlichung. Soweit die einfachen Fakten über die Scheiben, die auch »Schwarzes Gold« genannt werden.

Frühe Schallplatten

Vor 129 Jahren wurde durch Emil Berliner das Patent für Grammophon und Platte, damals noch aus Zinkblech und Hartgummi, angemeldet. Erstmals soll in den 1920er Jahren eine Firma Platten ausprobiert haben. Am 21. Juni 1948 veröffentlichte Columbia Records in den USA eine der ersten Schallplatten mit einer Aufnahme von Mendelssohn Bartholdys Violinkonzert in e-Moll mit Nathan Milstein und dem New York Philharmonic Orchestra unter Dirigat von Bruno Walter. Seit 65 Jahren gibt es Schallplatten in Deutschland. Nach dem Krieg kam man immer mehr aus der internationalen Isolierung und auf der Musikmesse am 31. August 1951 wurden durch die Deutsche Grammophon-Gesellschaft die ersten Vinylscheiben präsentiert.

Plattennadel Abb: Moehre1992Allgemein populär wurde die Langspielplatte, kurz LP genannt, in den 1960er Jahren durch Pop und Rockmusik der Musikcharts. Und natürlich auch durch Jazz und Klassik. Die ungefähr 30 Minuten Spielzeit einer Schallplattenseite dokumentierten nun auch Musikstücke wie Symphonien und Opernakte.

Platten und Kommerz

Zu Beginn der 1980er Jahre wurden jährlich über eine Milliarde Schallplatten in der Phonoindustrie verkauft. Mitte der 1980er Jahre kam dann die Compactdisc, kurz als CD bezeichnet, als Silberling in kleinem Format dazu und verdrängte ziemlich schnell die Vinylscheiben. Mitte der 1990er Jahre wurden wegen CDs nur noch ca. 30 Millionen Vinylscheiben im Jahr auf dem Weltmarkt umgesetzt, davon ca. 400 000 in Deutschland. Derzeit werden jährlich etwa 100 Millionen CDs verkauft. Seit Jahren steigt ergänzend der Schallplattenumsatz wieder. Als Tonträger gibt es natürlich auch Tonbänder und Cassetten und aktuell boomt nun der digitale Musikmarkt. Doch manche schwören grundsätzlich auf die wärmere Klangästhetik von Vinyl trotz Störgeräuschen. Musiker bieten von einem Album momentan oft gleichzeitig CD, Digital Download und Schallplatte an.

| TINA KAROLINA STAUNER
| Abb: MOEHRE1992

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