Digitales | Games: Dragon Quest Builders
Erneut erstrahlt ein neuer Stern im großen ›Dragon Quest‹-Universum, dieses Mal unter dem Namen ›Dragon Quest Builders‹ (DQB). »Billiger Minecraft-Abklatsch« könnten böse Zungen behaupten, scheinen doch beide Spiele einige Gemeinsamkeiten zu teilen. Ein Bericht von DANIEL MEYER.
Und dennoch – DQB erhält durch seine charmante und zugleich weit durchdachte Aufbauwelt einen ganz eigenen Stil, der sich überraschenderweise mit seinem großen Vorgänger gut und gerne messen kann.
Wer bereits frühere ›Dragon Quest‹-Spin-Offs, wie etwa die der ›Monsters‹- oder ›Warriors‹–Saga, erleben durfte, dem ist Square Enix‘ Erfolgsformel bestens bekannt: Nutze alle bekannten Ikonen der nunmehr 30 Jahre alten Reihe und würfele sie in der gleichen Welt, unter anderen Umständen natürlich, zu einem neuen, frischen Setting zusammen. Auch ›Dragon Quest Builders‹ macht hier keine Ausnahme, sodass schnell Verbindungen zwischen dieser und der ureigenen Geschichte von ›Dragon Quest 1‹ gezogen werden können.
Wie zuvor findet ihr euch in der Welt Alefgard wieder, in einem parallelen Universum, wenn man so möchte, in dem die eigene Geschichte dort anfängt, wo sie im ersten Spiel aufhören sollte – mit einem Twist: In dieser Welt scheint der Held es nicht geschafft zu haben, den bösen Drachenlord zu besiegen und die Monster daran zu hindern weiter durch die Ebenen zu streifen, die Städte der Menschen und mit ihnen das Wissen über den Wiederaufbau zu zerstören. Nur ihr, »der legendäre Erbauer«, seid noch mit eurer allumfassenden Kombinationsgabe in der Lage die verlorenen Städte wieder auferstehen zu lassen und so die Menschheit gegen das Böse zusammenzuführen. Kein weiteres Wissen über die Serie wird benötigt – wenngleich das Vorkommen vieler bekannter Jingles und Monster schnell Nostalgie aufkommen lassen kann.
»Wir haben die Absicht, eine Mauer zu errichten!«
Square Enix tat gut daran ein zugleich informatives, wie auch spannendes Tutorial an den Anfang des Spiels zu stellen; ist das Crafting-Genre doch ein bisher unentdecktes Gebiet für den Entwickler. Die schnelle Erklärung erlaubt dabei bereits in den ersten Minuten Gebäude zu errichten, eigene Items herzustellen und sich so den allgegenwärtigen, alefgardischen Gefahren stellen zu können.
Zugegeben, die erste »Stadt«, wie man die wenigen, zu einer Ruine zusammengeschusterten Steinblöcke, liebevoll nennen könnte, lassen zu Beginn nur wenig Enthusiasmus für die Zukunft der Menschheit zu. Umso befriedigter blickt man jedoch auf sein späteres Werk zurück, wenn hohe Mauern Bewohner vor ganzen Monsterhorden schützt und sich (so langsam) das Leben in den Gassen tummelt.
Der Auf- und Abbau der verschiedenen Konstrukte bleibt dabei jederzeit simpel und beschränkt sich auf einzelne Knopfdrücke. Gleiches gilt auch für das Craftingsystem, das, wie auch in anderen Aufbauspielen, eine Kombination verschiedener, in der Welt gefundener Rohstoffe zu einem neuen Gegenstand vorsieht. Lediglich das Kampfsystem könnte in manchen Augen ein wenig stumpf daherkommen, beschränkt es sich doch zunehmend auf eine einzige Schlagserie des R1-Buttons. Gerade hier erkennt man, dass das Spiel weniger von Action-basierten, sondern mehr von RPG-ähnlichen Themen inspiriert wurde.
Member Dragon Quest?
I member!
Kaum ein anderes Rollenspiel besitzt eine so alte Fanbase wie die ›Dragon Quest‹-Reihe. ›Dragon Quest Builders‹ zu mögen und sich in der (neu) alten Umgebung wohl zu fühlen, bedeutet deshalb in vielen Fällen auch, sich der durch 30 Jahre lang erbauten Nostalgie hinzugeben. Ihr werdet zwar keine neueren Welten, wie etwa die von Trodain (Dragon Quest VII) oder Zenithia (Dragon Quest IV, V, VI), wiederfinden können, die pure Erscheinung der seit der Kindheit bekannten Monster und Gegenstände sollte dies jedoch für viele ›Dragon Quest‹-Fans schnell kompensieren. Gerade hier bleibt es faszinierend, wie gut die althergebrachten Elemente doch in das neue Genre adaptiert wurden – Musik, Gegenstände und Bestiarium erinnern schnell an die alten, die »guten« Zeiten, und lassen so neue Features, wie etwa das Crafting-System, geschmeidig in das Spiel einfließen. Schon macht es einem nichts mehr aus, dass Gegner keine Erfahrungspunkte mehr vergeben, sondern Rohstoffe, oder Lebenspunkte eher durch Nahrung statt Tränken regeneriert werden sollen. Selbst die Welt in ihrem blockigen Kunststil und gezeigt durch eine (zugegeben manches Mal schwierige) dritte Person Kameraaufsicht, erinnert stark an die alten RPG-Zeiten und wird so schnell mit vielen RPG-Enthusiasten räsonieren.
Zur Hälfte bauen, zur Hälfte hauen?
Gleiches kann eigentlich auch nur über den Aufbau der verschiedenen Welten gesagt werden. Wie in den meisten JRPGs werdet ihr, je weiter ihr euch von eurer schützenden Siedlung entfernt, immer stärker werdende Gegner antreffen können. Dabei bleibt euer Weg jedoch in den seltensten Fällen wirklich geradlinig, da Alefgard zu viele einfallsreiche, und in den meisten Fällen auch lohnende, Ablenkungen bietet. Bergkuppen, Wüsten, Burgen, fast jedes Segment der Welt besitzt seine eigenen, oft gut ausgeklügelten Geheimnisse, die es zu erkunden und auszunutzen gilt. Das Finden eines alten Hauses, denen ein paar Ziegeln fehlen, könnte Hinweise auf eine neue Quest sein, die einen mit wertvollen Materialien belohnt. Vielleicht benötigt hier auch ein zukünftiger Bewohner deines Dorfes Hilfe und entscheidet sich aus Dank, dir bei deinen weiteren Vorhaben zu helfen?
Schreitet man zudem in der Geschichte voran, so scheinen die Schleime und Golems ab einem bestimmten Punkt den Spieß umdrehen und deine Stadt in regelmäßigen Abständen belagern zu wollen. Dann gilt es sich mit den Bewohnern des Dorfes zu verbünden und die Monsterhorden mit gekonnter Befestigungs- und Angriffsstrategie zurückzuschlagen. Mit anderen Worten – ›Dragon Quest Builders‹ verändert sich kurzzeitig in ein regelrechtes Tower Defense Spiel. Die (meist) abwechslungsreichen Kämpfe und verschiedenen Szenarien bieten dabei eine nette Zerstreuung zu dem sonst etwas ruhiger verlaufenden Teil des Spiels und können durchaus anspruchsvoll sein. Invasionen hinterlassen zudem meist bleibende Schäden an deiner Stadt, die einem, selbst bei genügend Rohstoffen zum Wiederaufbau, persönlichem Seelenschmerz bereiten können und den vorhergehenden Kampf noch wichtiger erscheinen lassen. Wer es hingegen nicht ertragen kann, seine aus harter Arbeit hervorgebrachten Werke von Monstern zerknüppelt zu sehen, der kann im Free-Play Modus auf Nummer sicher gehen und jegliche Attacke unterbinden.
Fazit
›Dragon Quest‹ ist definitiv mehr als nur ein billiger Ableger des ›Minecraft‹-Universums. Die vielen, meist kunstvoll eingearbeiteten Geheimnisse, Quests und Minispiele bieten dem Spieler eine große Auswahl an Möglichkeiten, den sturen Block-auf-Block-Baugedanken zu vergessen und laden zu einem gelungenen Mix zwischen klassischem JRPG und kreative, Crafting-Spiel ein. Akira Toriyamas bekanntes Charakterdesign hilft dabei, zunehmend selbst simple Kreationen, wie einen einfachen Raum (Wände, Lichtquelle, Tür), zu passenden Requisiten der eigens zu erschaffenden Welt zu machen.
Störend könnte für den einen oder anderen sein, dass keine Cross-Save-Möglichkeit zwischen der PS4 und der Vita-Version des Spiels existiert, obgleich man eigene Gebäude mit anderen Freunden teilen kann. Zudem sind die Kamera-Einstellungen selten auf enge oder tiefgebaute Konstrukte ausgelegt, sodass sich so die doch recht hohe Perspektive des Betrachters in vielen Fällen in zwischenstehenden Wänden verfangen kann.
Diese kleinen Lappalien sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass ›Dragon Quest Builders‹ eine äußerst gehaltvolle, wenn nicht sogar die beste Kombination zwischen Crafting- und Rollenspiel darstellt. Obgleich ihr eure Stadt zur Vollendung von Quests, oder aber einfach nur aus Lust und Laune aufbauen möchtet – das Spiel bietet genug Tiefe, um jeglichen Spieler für Stunden an den Bildschirm zu fesseln, selbst wenn es die erste ›Dragon Quest-Erfahrung‹ sein sollte.
|DANIEL MEYER
Titelangaben
Dragon Quest Builders
Square Enix
seit Oktober 2016 erhältlich für Playstation 4 und Playstation Vita.
ab 52,99€ UVP.