wodka Heidelberg

TITEL Textfeld | Şafak Sarıçiçek: wodka Heidelberg

in der bahn verwest ein Mensch
auf der Bank verwest ein Mensch
auf der straßenecke verwesen zwei
riechen bestialisch nach schweiß und eiter

auf der straße tummeln fahrräder
auf den fahrrädern studenten und rentner
und frau mit kleinkind und tauben entlang dach
rinnen die da bekoten die straße der tummler

vor dem seminar sind chinojuristen
gegelte hornbebrillt poloshirts haarzöpfe
vereinzelt nonkonforme tshirts langhaarig oder bärtige
hemden augengruben alle flanieren flambierte flanellhosen

vor dem seminar verwest ein mensch
und riecht bestialisch nach fliegen auf offenen wunden
und fäkalunterhosen und schweiß

auf der straße tummeln touristen
in zeitungstiteln terroristen
am himmel verschwörungen von kondensstreifen
die hauptstraße im glühweinsuff und am wurstkredenzen

in der bibliothek verwesen schizophrene
vor bildschirmen kurz vor mitternacht
breitbartnews und ectoplasmische soundtracks

überall verwesen menschen
überall wird kredenzt
es riecht bestialisch

| Şafak Sarıçiçek

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

We Aren’t Strangers No More: 2016’s Albums Of The Year.

Nächster Artikel

Nostalgie, unsentimental

Weitere Artikel der Kategorie »TITEL-Textfeld«

Ohnmacht

TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Ohnmacht

Nein, da könne der Mensch nicht mithalten.

Farb tat sich eine Pflaumenschnitte auf.

Annika reichte ihm die Schale mit Sahne.

Wir seien machtlos, sagte sie, der Mensch sei schwach, aber scheue nicht zurück vor großen Worten, er plustere sich auf, er tue sich wichtig, im Parlament verweise er stolz auf seinen milliardenschweren Etat, der jedoch nicht ausreichen werde, wenigstens die drängendsten Infrastrukturmaßnahmen einzuleiten.

Das sei die Lage der Dinge. Tilman lächelte, er halte Sonntagsreden, betreibe eine Schönwetterpolitik.

Abschied

TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Abschied

Die finalen Feierlichkeiten sind eröffnet.

Das hat aber niemand bemerkt?

Du sagst es, Annika, das fällt kaum besonders auf, niemand faßt mehr einen klaren Gedanken. Die große Abschlußsause tobt, Bilder leuchten in allen erdenklichen Farben, Lärm und Getöse sind unsäglich, jeder Pulsschlag null auf hundert, weshalb, ein Event jagt das andere.

Pausenlos.

Sut mahnt

TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Sut mahnt

Leichen zu zergliedern, ein ungewöhnliches Thema, ob es mit Organspenden zu tun habe, das habe den Menschen immer schon beschäftigt, weshalb, man möchte darüber gar nicht nachdenken, sagte Sut, die Tatsachen seien abgründig, bewegten sich in erschreckend anderen Welten, stellt euch vor, man versetzte uns in ein anatomisches Theater, wie es einst üblich gewesen sei, ein Aufreger, Anatomie als ein Erkenntnisvorgang, die Zergliederung einer menschlichen Leiche als schauriges Event inszeniert, wohlige Gänsehaut, andere Zeiten, andere Sitten, ein kollektives Todesspektakel.

Sanctus konnte keine Sekunde länger zuhören.

Sogar Crockeye wandte sich ab.

Ekelhaft, sagte LaBelle.

Johanna

TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Johanna

Manches, sagte LaBelle, hast du ständig vor Augen und verstehst es dein Leben lang nicht.

Daß Labelle das Wort ergriff! Thimbleman staunte. Das nächtliche Lagerfeuer in der Ojo de Liebre löste die Zungen, und dafür sei es gut, überlegte er, beim Walfang eine Pause einzulegen.

Er stamme aus Frankreich, sagte LaBelle, in Rouen sei er aufgewachsen, und was ihm sein Leben lang in Erinnerung bleiben werde, sei das Gedenken an die heilige Johanna.

Heilig?, fragte Harmat.

Im Volk gelte sie als der Engel Frankreichs, sagte LaBelle, fünfzehntes Jahrhundert, sie habe das Land von der englischen Besatzung befreit.

Hochgeschwindigkeit

TITEL-Textfeld | Wolf Senff: Hochleistung

Das ist es, sagte Tilman, streckte die Beine lang und saß in diesem Sessel dennoch unbequem, er mußte sich in den nächsten Tagen nach einer verträglichen Sitzgelegenheit umtun, höchste Eisenbahn, weshalb findet sich für die einfachen Dinge stets so mühsam eine Lösung, er rückte ein Stück näher an den Couchtisch.

Farb tat sich einen Löffel Schlagsahne auf.

Annika warf einen Blick nach dem Gohliser Schlößchen.

Zeit, daß wir umdenken, sagte Tilman.

Annika gähnte und wandte sich ihrer Zeitschrift zu.

Wir sind eine Hochleistungsgesellschaft, stimmt's?

Das ist nichts Neues, Tilman.

Höchstleistung in allen Bereichen.

Du sagst es.