Musik | J. Geils: ›Angel In Blue‹ und Calexico: ›The Thread That Keeps Us‹
Zum Jahreswechsel gab es wie immer unzählige Listen: beste Singles und Alben, traurigste Musikertodestage, schönste Musikvideos, auffallendste Bücher und auch schon Vorankündigungen auf anzuraten Neuestes. Statt Listen gibt es von mir eine ausgewählte Erinnerung an den markanten Rocker John Warren Geils, der von 20. Februar 1946 bis 11. April 2017 lebte und Gründer der J. Geils Band war. Von vielen zu Unrecht übersehen oder vergessen. Und von vielen gemocht wird der raue Indie-Rock von Calexico, die ›The Thread That Keeps Us‹ auf den Markt bringen. Von TINA KAROLINA STAUNER
Blues-Handwerker und Chartstürmer Jay Geils
In den 80er Jahren hatte ich eigentlich kein großes Interesse an Stücken der J. Geils Band. Die zu dieser Zeit von der Popmusik-Szene absorbiert wurde. Sie lief im Mainstream-Radioprogramm und ich hörte gelegentlich irgendwo ihre Songs ›Centerfold‹ oder ›Freeze Frame‹. Fast perfekt produzierte Songperlen für Hitlisten. Aber wenn ich in die Veröffentlichungen der Jahre davor reingehe, in die Bluesanfänge und Rythm ’n‘ Blues -Zeit, packt mich sofort die direkte Power und der ungestüme Drive der Band.
Der gebürtige New Yorker John Warren Geils hatte Top-40-Hits für jeden, aber wenn man sein Œuvre durchforstet, tauchen die ersten Platten der ungeschliffenen 0er-Jahre auf und die coolen 70er-Jahre-Rocksongs, die Hörgewohnheiten, Einschätzungsvermögen und Feeling für Gitarrenmusik prägen konnten.
Jahrelang gehörte J. Geils mit seinen Mitmusikern zur härteren Blues- und Rockszene und ein Song wie „Looking For A Love“ lässt sofort an alles erinnern. Bei manchen Musikritikern genügte damals die Attributation scharf oder heiß als Qualitätsbezeichnung und eine Lieblingsnummer zu nennen.
Doch Jay Geils war immer mehr und formte auch Traditionsbewußtsein, Können und Virtuosität. Zwar wusste jeder, dass man mit ihm nicht in Hochkulturkreisen war. Aber die J. Geils Band galt bei manchen beinahe als Konkurrenz der Rolling Stones. Von der J. Geils Band stammte sogar die Titelmelodie zum WDR-Rockpalast.
Jay Geils auf zwei Musikterrains
Ein Teil der 11 Studioalben der J.Geils Band gehörte zur rootsy R ’n‘ B und Rockszene, der andere mehr zum kommerziellen Poprock. Und die Hörer waren, jedenfalls in den frühen Jahren, einerseits Proletrariariär und andererseits Intelektuelle. Sich auf ein Bier zu treffen und Musik zu hören gehört zu den sozialen Kommunikationsgewohnheiten unterschiedlichster Gesellschaftsschichten. Und manchmal waren Basis und Überbau sogar teilweise ein Kommunikationsgefüge. Wie im Blues und Rythm ’n‘ Blues.
Jay Geils als ›Angel In Blue‹
Members der J. Geils Band waren neben John Warren Geils die Musiker Peter Wolf, Seth Justman, Magic Dick, Danny Klein, Stephen Jo Bladd. Die Band existierte von 1970 bis 1984 und ein zweites Mal ab 2006. Aus diesem Jahr gibt es die Compilation „Best Of The J. Geils Band“. Dazu gehören die Songs „One Last Kiss“ und ›Angel In Blue‹. Und auch die Live-Aufnahme ›Whammer Jammer‹ des Jahres 1972. Musik, die Houseparties und Night Times aufpuschte.
»Minor holiday
Transfer this weight
Minor holiday
Transfer this weight
Going back and forth
On a minor, minor holiday«
(›Writer’s Minor Holiday‹ aus ›Carried To Dust‹, Calexico)
Tucson-Desert-Rock und ›…another way around…‹ mit Calexico
Von Calexico heißt die nächste Scheibe ›The Thread That Keeps Us‹. Wieder ein edel abgedroschen klingendes und schön nostalgisch wirkendes Wüstenmusikkonglomerat aus Rock, Folk, Country, Latin und Mariachi. Die alte Leier. Ein Thread und ein Drive eigentlich für ziemlich viele. Ursprünglich Giant Sand mit Howe Gelb waren die Musiker Joey Burns und John Convertino vor zwei Jahrzehnten zudem einmal als Spoke besonders mit München verbandelt. Und werden hier auch im März ein weiteres Mal live mit Calexico Bühnenpräsenz einnehmen.
Und dann gab es da auch noch Friends of Dean Martinez. Die Verästelungen der Bandmusiker führen zu einem ganzen Albenspektrum. Bei dem auch Jairo Zavala, Jacob Valenzuela, Martin Wenk, Scott Colberg, Sergio Mendoza mitwirken. Diverse weitere Musiker und Formationen beteiligten sich bisher daran. Eine Wüste lebt. Subtil treibender und inspirierter Rhythmus. Songs wie mit malerischen Feinheiten in musikalischen Arrangements. Altbekannte Wege und Spuren mit neuen Relationen, Gedanken und Melodien.
Titelangaben
J. Geils Band
›Best Of The J. Geils Band‹
(Capitol / Universal Music, 2006)
Calexico
›The Thread That Keeps Us‹
(City Slang/Universal, 2018)