Free Jazz, Free Space & Impro: Mathias Eick – ›Ravensburg‹

Musik | Mathias Eick: Ravensburg

›Ravensburg‹. Ein Puzzle? Nein, eine Jazz-CD. Aber diesmal eigentlich wie ein Puzzle für die ganze Familie. Für Eltern, Töchter, Söhne, Großväter, Großmütter, Hunde, Katzen, Onkel, Tanten und alle anderen Verwandten. Die Stücke von ›Ravensburg‹ heißen: ›Family‹, ›Children‹, ›Friends‹, ›August‹, ›Parents‹, ›Girlfriend‹, ›Ravensburg‹, ›For My Grandmothers‹. Und sind das aktuelle Album von Mathias Eick. Gehört von TINA KAROLINA STAUNER

Eick RavensburgEick ist ein norwegischer Trompeter, der sich neben der Tradition amerikanischer Jazz-Trompeter souverän als europäischer Jazzer einreiht und den typisch für Norwegen meditativ-unterkühlten Ton variiert.

Haben Eick früher oft Landschaften inspiriert zu seiner musikalischen Arbeit, auch amerikanische, hat er diesmal offenbar hauptsächlich das Thema Familie in Musik transformiert. Wer Jazzer werden will, lernt meist von Kindheit und Jugend an Musikinstrumente. Und für jeden Musiker, der dann Jazz studiert, lohnt es sich bei den Großvätern und Vätern zuzuhören. So können Jazz-Trompeter wie Miles Davis, Don Cherry, Wynton Marsalis, Chet Baker und viele andere für jede jüngere Generation Lehrer sein. Aus ihrer ›jazz corner of the world›.

Die Tracks von ›Ravensburg‹ zeigen wie Puzzleteilchen zusammengefügt ein entzückendes klangliches Bild. Von Ravensburger gibt es Puzzle wie ›Norwegischer Fjord‹, tausend Teile, ›Kunterbunte Erde‹, tausendfünfhundert Teile, ›Weltkarte politisch‹, fünfhundert Teile. Ich erinnere mich, in meiner Jugend eine Skyline zusammengesetzt zu haben. Ich glaube, es war eine amerikanische. Eigentlich hat man Platten-, Cassetten- und CD-Sammlungen wie Puzzle. Und es gibt unzählige Puzzlestückchen, unzählige Puzzleteilchen des Jazz. Einige Jazz-Teilchen hat Mathias Eick in Oslo mit Pianist Andreas Ulvo , Gitarrist Audun Erlien, Schlagzeuger Torstein Lofthus und Helge Andreas Norbakken und Violinist Håkon Aase aneinandergebaut.

»To Eick his life consists of jigsaw puzzle pieces. Thousands of them. Like those he and his siblings were given each Christmas by their German grandmother from the jigsaw puzzle town, Ravensburg. Motifs of Alpine scenery and Tyrolean houses in a constant battle against the vacuum cleaner.«, erfährt man auf der Website.

Jazz, Rock und Klassik verschmilzt Eick zu einem klaren und klugen lyrischen Konglomerat in den Jazz-Sphären Skandinaviens. Ich erinnere mich, wie ich früher Aufnahmen von Jan Garbarek und Bobo Stenson auflegte. Soundwanderungen in nordische Jazz-Landschaften sind fast immer Musikästhetik als feinstes Lebenselixier. Bei Musikern dieser Familie begegnet man auch Arve Henriksen, Sidsel Endresen und Christian Wallumrød.

»Ravensburg concerns the interplay of human beings, an interplay where all the pieces enact their part of the big jigsaw puzzle named life and where Mathias Eick in earnest proves on which shelf he has carved out for himself.« Das wird Eick im April auch auf deutsche Bühnen bringen.

| TINA KAROLINA STAUNER

Titelangaben
Mathias Eick: ›Ravensburg‹
(Ecm Records /Universal Music)

Ihre Meinung

Your email address will not be published.

Voriger Artikel

Von Yoda weggeputzt du wurdest

Nächster Artikel

Pseudo-Parodie des Grauens

Weitere Artikel der Kategorie »Platte«

Folkdays aren’t over… Finnische Grenzgänger

Musik | ›Folk from Finland- Vol 4‹ Grenzgänge in der finnischen Folkszene – urtümlich Historisches und neue Töne: Nach dem Folkfestival ›Arctic Paradise Showcase‹ in Helsinki im Sommer 2016 entstand der Nordic Notes-Sampler ›Folk from Finland – Vol 4‹. Folk, Jazz und Weltmusik aus dem Land der Tausend Seen. Von TINA KAROLINA STAUNER

Folkdays… Spirituelles Feeling und Blues-Roots

Musik | Valerie June: ›The Order Of Time‹ Wenn bei Valerie Junes Songwriter-Stil vom Vermischen oder Verwischen der Genres und Dekaden gesprochen wird, die im Folk, Blues, Country, Bluegrass, Rhythm ’n‘ Blues, Soul und Pop liegen, ist ihr Americana doch eigentlich so unpuristisch nicht und ziemlich Blues-lastig. Von TINA KAROLINA STAUNER

Der Schatz aus dem Archiv

Musik | Platte: Keith Jarrett: Sleeper Eine Generation ist herangewachsen, für die Jazz und Jarrett Synonyme sind. So erfolgreich war in den Jahren, da Rock und Pop den Ton angaben, kein Jazzmusiker wie Keith Jarrett. Sein Köln Concert wurde, was man heute Kult nennt. Es drehte sich auf den Plattentellern zwischen Leonard Cohen und Eric Clapton. Der in jenen Jahren viel beschworene Gegensatz von »Kopf« und »Bauch«, von Intelligenz und Gefühl kam bei dieser Musik gar nicht erst auf. Und die Rede vom Tod des Jazz verstummte, jedenfalls vorübergehend. Von THOMAS ROTHSCHILD

Underworld – Barbara Barbara, we face a shining future: Album review

Music | Bittles’ Magazine: The music column from the end of the world After almost three decades in the music business electronic duo Underworld have been reasonably quiet of late. Yet, even though there has been no new Underworld material in the last six years, neither of the duo have been sitting around twiddling their thumbs. Vocalist Karl Hyde has released a pair of albums with ambient icon Brian Eno as well as his debut solo LP Edgeland. Rick Smith, meanwhile has scored both Danny Boyle’s acclaimed Frankenstein production and the film Trance. Together they also directed the music for

Dilettanten und Enthusiasten

Musik | Toms Plattencheck Das 2010er Debütalbum von Siriusmo wurde unter anderem mit »Daft Punk meets Aphex Twin« umschrieben. Das Zweitwerk macht eine Kurzbeschreibung fast unmöglich, es ist der klassische Fall einer bunten Tüte.