Kinderbuch | Anja Tuckermann: Der Mann, der eine Blume sein wollte
… lebe deinen Traum« (Tommaso Campanella)
Menschen wünschen sich ganz unterschiedliche Dinge in ihrem Leben. Sie wollen reich sein. Oder berühmt. Ein schönes Haus haben oder ein schnelles Auto. Oder sie wollen reisen. Ein Mann überrascht mit einem besonderen Wunsch. Von ANDREA WANNER
Der Mann ist eigentlich ein ganz gewöhnlicher Mann. Von Beruf ist er Schrankenwärter, in seiner Freizeit spielt er Fußball oder sieht fern. Nichts deutet darauf hin, dass er wirklich einen ganz besonderen Wunsch hat: Er möchte eine Blume sein!
Seine Vorstellungen von einem Leben als Blume sind dabei durchaus konkret und berücksichtigen das Besondere, das dazugehört. An einem Ort stehen, dem Wind und Wetter ausgeliefert sein. Aber es sind diese wunderbaren Farben, das sanfte Schaukeln im Wind, die Freude, die man den Menschen mit dem Duft bereiten kann. Er will wachsen, immer höher hinaus. Eine neue Blume sein, wenn die alte welkt. Eine gelbe Butterblume, eine rote Mohnblume, eine weiße Lindenblüte, eine blaue Blume ganz oben auf einem Berg …
Wünsche. Fantasien. Unerfüllbar. Nicht einmal ein duftiges Blumenkleid kann er als Mann tragen, ohne sich zum Gespött zu machen. Und dann findet er doch eine Möglichkeit, sich in eine Blumenwiese zu verwandeln und seine Träume wahr werden zu lassen.
Anja Tuckermann, Mehrdad Zaeri und Uli Krappen machen sich als Trio an diese zauberhafte Geschichte. Tuckermann erzählt, Zaeri und Krappen suchen und finden die Bilder zu dieser Geschichte. Sie beginnt in tristem Alltagsgrau, wo die rot-weiße Bahnschranke und das weiß-rote Bahnwärtertäfelchen die einzigen Farbpunkte in einer drückenden, freudlosen Welt sind. Die Blumenträume des Mannes sind wie kleine Samenkörner, die eins ums andere in diesem Grau aufgehen, kleine grüne und bunte Farbsprengel, Blüten, die statt Schaum auf dem Badewasser in der Wanne strahlen oder auf der Wäscheleine leuchten. Seite um Seite greifen sich diese kleinen Wunderwerke Raum, funkeln als Leben gewordenes Licht auf dem tristen Untergrund der freudlosen Mühsal, die das tägliche Einerlei zu prägen scheint. Und auch der Mann, der zu Beginn wie eine steife Marionette wirkt, beginnt zu hüpfen, zu tanzen, zu schweben.
Dass dieses Märchen ein Happy End bekommt, das keinem Traum, sondern dem Leben entspringt, ist schön. Es macht diese Geschichte zu etwas Besonderem. Für Kleine, die sowieso noch das Bunt der Blumen in den Dingen sehen. Und für Große, die man vielleicht daran erinnern muss, dass die Welt auch viel Wunderbares bereithält.
Titelangaben
Anja Tuckermann: Der Mann, der eine Blume sein wollte
Mit Illustrationen von Mehrdad Zaeri und Uli Krappen
München: Tulipan 2018
56 Seiten, 15 Euro
Bilderbuch ab 5 Jahren
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