Comic Spezial | Max und Moritz-Preis 2018
Im Zentrum des 18. Internationalen Comic-Salons, der vom vergangenen Donnerstag bis Sonntag in Erlangen stattfand, stand die Verleihung der Max und Moritz-Preise für Comic-Künstler im Markgrafentheater. Die Comic-Expertin Hella von Sinnen und der Juror Christian Gasser moderierten die Veranstaltung, mal mit Charme und Humor, mal mit peinlichen Plattitüden. Für Begleitmusik sorgte die fränkische Band Kapelle Rohrfrei. PHILIP J. DINGELDEY hat sich die Gala in dem nur halb gefüllten Theatersaal angesehen und berichtet über die Preisvergabe.
Den Preis für den besten Comic für Kinder gewann das Buch ›Die drei ???. Das Dorf der Teufel‹ von John Beckmann, Ivar Leon Menger und Christopher Tauber. Damit hat der Kinderbuch- und Hörspielklassiker auch seinen Platz in der Comickunst erhalten.
Als beste studentische Publikation erhielten sieben Studenten der Saar-Uni für ihre Anthologie ›Paradies‹‹ einen Preis. Doch auch Comic-Strips wurden prämiert. Den Preis erhielt Sarah Burrinis ›Das Leben ist kein Ponyhof‹, bestehend aus regelmäßigen Strips, die sich stilistisch an den ersten Comic-Strips der USA orientieren, und in einer Wohngemeinschaft Mensch und sprechende Tiere interagieren lässt.
Auch Riad Sattouf erhielt für seine Buchreihe ›Esthers Tagebuch‹ den Max und Moritz-Preis für den besten internationalen Comic. Hier mischen sich typische Teenager- und Familienprobleme mit der Angst vor Terrorismus. Die Protagonistin Esther ist übrigens real. Sattouf begleitet das Mädchen in seiner Entwicklung und hält dies in Graphic Novels zeichnerisch fest.
Das Pendant, den Preis für den besten deutschsprachigen Comic, bekam Ulli Lust für ›Wie ich versuchte, ein guter Mensch zu sein‹. In dem autobiographischen Werk beginnt die Protagonistin eine Dreiecksbeziehung mit einem älteren Mann, den sie liebt und einem jungen Flüchtling, für den sexuelle Leidenschaft entbrennt; und daneben ist sie noch von der Erziehung ihres Sohnes überfordert.
»Lust geht hier gnadenlos mit sich ins Gericht«, sagte von Sinnen, die in ihrer feministischen Attitüde besonders die Leistungen der weiblichen Nominierten hervorhob, selbst wenn diese nicht gewannen. »Die Kombination aus politischer Aktualität und Selbstreflexion zeichnen das Werk aus«, sagte Gasser.
Der eigentliche Erfinder von ›Star Wars‹
Neben den Jury-Preisen gab es auch einen Publikumspreis. Der ging an Oliver Mielke und Hannes Radke für ›Nigunegu‹, einer Art ›Sex and the City‹ für Männer in Comicform. Die einzelnen Kapitel sind bislang online erschienen, und die ersten vier Kapitel liegen nun in einem von der Leserschaft gefeierten Band vor.
Doch nicht nur Werke, sondern auch Künstler wurden mit einem Max und Moritz-Preis geehrt. So zeichnete die Jury Reinhard Kleist als besten deutschsprachiger Comicautor aus. Er hat zuletzt mit seinen biographischen Graphic Novels zu Musikern wie Nick Cave oder Jonny Cash international Aufsehen erregt. »Ich orientiere mich bei meiner Themensuche an Geschichten, die mich interessieren, und Musiker gehören definitiv dazu, da sie selbst Geschichtenerzähler sind«, sagte Kleist. Darüber hinaus ging der Spezialpreis der Jury an Paul Derouet. 33 Jahre lang hatte dieser über 100 Comicautoren, darunter auch Flix, in seinen Seminaren ausgebildet.
Der wichtigste Preis des Abends war aber der für das Lebenswerk. Geehrt wurde Jean-Claude Mézières. Mit seiner Reihe ›Valerian und Veronique‹, die er in den 1960ern begann, gilt er als Pionier des Science-Fiction im Comic. Damit hat er auch Filmklassiker wie ›Star Wars‹ oder ›Das fünfte Element‹ maßgeblich geprägt, manch einer munkelt, er hätte ›Star Wars‹ eher erfunden und Regisseur George Lucas hätte dreist geklaut. »Es gelingt Mézières, Konflikte unserer Zeit in neue Welten mit spektakulären Zeichnungen zu verarbeiten«, sagte der Juror Andreas Knigge in seiner Laudatio.
25 Graphic Novels standen auf der Shortlist der Jury für die Max und Moritz-Preise. Nur wenige haben gewonnen, und einige Preisvergaben – vor allem die Themen Liebe und Politik waren dominierende Topoi, die die Jury damit auch bewertet hat – kann man auch durchaus als Fehlentscheidungen betrachten.
Der Preis für das Lebenswerk an Mézières war dafür überfällig, und spätestens seit der Verfilmung von ›Valerian‹ war auch Nicht-Comic-Experten klar, was für eine ikonographische Rolle sein Werk in der bildlichen Darstellung von Science-Fiction einnimmt.
Reinschauen
| Webseite des Max und Moritz-Preises