Kulturbuch | Norden. Reise ans Ende der Welt
Es ist ein gewichtiges Buch: großformatig, ganz schön schwer, nicht gerade preiswert. Aber was für ein Buch! »Eisig, fast menschenleer und doch faszinierend schön: So präsentiert sich die Polarregion der Nordhalbkugel mit Landschaften, die vor Staunen sprachlos machen.« Na, dafür ist ja dann ein Bildband da! BARBARA WEGMANN hat darin geblättert
Es ist tatsächlich eher ein Bilderbuch, denn ein breit angelegtes Faktenbuch. Eine Reise in die Region zwischen dem 90. und 60. Breitengrad, wenig Text, dafür große, meist einseitige Fotografien, eindrucksvolle Ansichten von Fjorden und Gletschern, Eisbergen und aufgetürmtem Packeis, von Polarlichtern – und Menschen, die in der weißen Ewigkeit leben.
So jene 1500 Einwohner der Siedlung Uummannaq im Westen Grönlands. Bunte, an den Hang gebaute Häuser setzen farbenfrohe Akzente zu weißem Hintergrund, Fischfang, Tourismus und Husky-Schlittentouren sind hier der tägliche Broterwerb.
Der weltweit größte Wasserflughafen bei Anchorage am Lake Hood im Schein der Polarlichter, das sind zwei Höhepunkte gleichzeitig. Atemberaubend!
Und während im südlicheren Rest der Halbkugel wärmeres Klima, Trubel, geschäftige Großstädte, pulsierendes Leben das Bild bestimmen, hier »lebt man nicht nur mit der Natur, vielmehr wird man von ihr geduldet.« Die Schneewüste im Winter, eine blühende Tundrenlandschaft im Sommer, die deutlich wahrnehmbaren Veränderungen von Tag- und Nachtlänge. Das Leben hat hier einen anderen Takt.
Alaska, Finnland, Grönland, Sibirien und Island, der Norden Russlands, all das hat der Laie noch gut vor seinem geografischen Auge. Aber die Solowezki-Inseln am Weißen Meer, einige Nationalparks, jener gigantische, kraftstrotzende Wasserfall Gullfoss, oder kleine, verstreute Inseln in so weiter, verlassender Landschaft wie Senja mit bizarren Gipfelformationen … dies alles fordert geradezu eine kleine geografische Einordnung, eine kleine Skizze, eine kleine Karte, die aber gibt es leider nicht.
Dieser Bildband ist ausschließlich darauf ausgerichtet, mit einer faszinierenden Natur auf sich aufmerksam zu machen. Mit seiner einzigartigen Topographie einmal so richtig im Mittelpunkt zu stehen. Das allerdings gelingt ausgesprochen gut. Vielleicht die Breitengrade einmal im Atlas suchen, die Orte googlen oder nachschlagen. Anreize für weitere Infos werden jedenfalls schnell wach, zu neugierig wird man angesichts jener außergewöhnlich schönen Flora und Fauna, all jener fremdartigen und gleichzeitig attraktiven Lebensräume und Siedlungen.
Viele Nationalparks beherbergen seltene Tier- und Pflanzenarten, hartnäckig trotzen sie der Kälte und dem Frost, dem kargen Boden. Weite Sicht, eine noch intakte Natur, hinreißende Panoramabilder und sehr eindrucksvolle Motive prägen dieses sicher nicht preiswerte Buch. »Ungebrochen ist der Zauber des Nordens, der von der Landschaft, der Einsamkeit und der großen Stille ausgeht.«
Titelangaben
NORDEN. Reise ans Ende der Welt
München: Kunth Verlag 2019
360 Seiten, 56 Euro
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